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30 Jahre europäisch-chinesische Beziehungen:
Quo Vadis?

Zum Europabesuch von Staatspräsident Hu Jintao

16.11.2005 · Position von Franco Algieri



Der jüngste Europabesuch des chinesischen Staatspräsidenten Hu Jintao war ein weiterer Ausdruck des Interesses Chinas an Europa und umgekehrt. Als die EG und die Volksrepublik China 1975 offizielle diplomatische Beziehungen aufgenommen hatten, war noch keineswegs absehbar, dass 30 Jahre danach beide Seiten von einer strategischen Partnerschaft reden würden. Im Verlauf von drei Jahrzehnten hat sich ein immer enger werdendes Beziehungsgeflecht aufgebaut, das nicht länger nur handels- und wirtschaftspolitische Aspekte betrifft, sondern  auch eine sicherheitspolitische Dimension erlangt hat. Doch was sind die Perspektiven dieser Partnerschaft und worauf haben sich die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten einzurichten?

Häufig wird von Europa aus fasziniert und doch gleichzeitig verstört auf das rasante Wachstum Chinas geblickt. Wie wird sich das Reich der Mitte, das neben den USA für die EU zum wichtigsten Handelspartner geworden ist, fortentwickeln. Während manche Europäer euphorisch noch mehr Hinwendung nach China fordern, zeigen sich andere zurückhaltend und verweisen auf die Unsicherheitsfaktoren die damit verbunden sind. So ist beispielsweise das starke Ungleichgewicht zwischen einerseits den wirtschaftlichen Boomregionen an der Küste und im Süden und andererseits den deutlich weniger entwickelnden Regionen des Landes zu berücksichtigen. Des Weiteren bedürfen negative Begleiterscheinungen des rapiden Wirtschaftswachstums, die sich exemplarisch an der Umweltproblematik zeigen, besonderer Aufmerksamkeit. Über die wirtschaftlichen Aspekte hinausreichend wird auch regelmäßig die Frage aufgeworfen, wie umfassend politische Reformen in China denkbar sind.

Eine europäische Chinapolitik hat sich auf wesentlich mehr zu konzentrieren als auf Handelsstatistiken, Quoten von Textilimporten oder die Auseinandersetzung um die Aufhebung des  Waffenembargos. Entscheidend wird sein, welche Rolle China und Europa als wirtschafts- und sicherheitspolitische Akteure in der Welt des 21. Jahrhunderts einnehmen werden. Vorausgesetzt der chinesischen Regierung gelingt es, die genannten Herausforderungen zu bewältigen und der Aufstieg Chinas zur Weltmacht setzt sich fort, dann müssen sich die Europäer mit den für sie damit verbundenen strategischen Konsequenzen ernsthafter als bislang auseinandersetzen. Ob es sich um die Bildung einer Freihandelszone in Asien dreht oder die sicherheispolitische Stabilität der Region: Chinas Entwicklung ist hierbei ausschlaggebend. Schon heute wird die Asienpolitik der EU von den Beziehungen zu China dominiert.

Es muss im europäischen Interesse liegen, die Beziehungen mit China weiter zu vertiefen, jedoch nicht nur ökonomisch sondern auch politisch. Damit europäische Politik aber auch nachhaltig wirken und in Peking mehr Aufmerksamkeit finden kann wird es entscheidend sein, dass die chinesische Regierung eine kohärente und weltpolitisches Engagement zeigende Europäische Union erkennen kann. Ein egoistischer und von nationalen Motiven geleiteter Wettbewerb einzelner EU-Mitgliedstaaten um die Gunst Chinas ist dem jedoch abträglich. Der europäische Blick auf China sollte weder verklärend noch von Schreckensvisionen geprägt sein. Doch wenn die Europäer die umfassenden Verschiebungen internationaler Ordnungsstrukturen nicht gemeinsam angehen, werden sie unausweichlich in die Bedeutungslosigkeit geraten und beim Aufstieg neuer Weltmächte wie der Volksrepublik China lediglich eine Beobachterrolle einnehmen.

Weitere Informationen

Franco Algieri: Die Chinapolitik der Europäischen Union, in: Werner Weidenfeld (Hrsg.), Europa Handbuch, Gütersloh 2004, S. 574-595; Franco Algieri: Die Chinapolitik der Europäischen Union - Formulierung, Ausgestaltung und Institutionalisierung im Rahmen europäischer Außenpolitik, Baden-Baden, erscheint 2006.


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