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Neues Stationierungskonzept der Bundeswehr

Konsequente Fortführung der Reform der deutschen Streitkräfte durch Verteidigungsminister Peter Struck

07.11.2004 · Position von Thomas Bauer



In Berlin wurde am 2. November 2004 ein weiteres Kernstück für die umfangreiche Reform der deutschen Streitkräfte vorgestellt. Nach der grundsätzlichen Umstrukturierung und Neukategorisierung sowie einem den neuen verteidigungspolitischen Richtlinien angepassten Ausrüstungs- und Beschaffungsplan hat Verteidigungsminister Peter Struck nun das neue Konzept für die Stationierung der Bundeswehr in Deutschland bekannt gegeben. Und im Gegensatz zu den Reformprozessen im Bereich der Ausrüstung und Struktur der Bundeswehr interessierten sich dieses mal auch die breite Öffentlichkeit und vor allem die Kommunen für die Ergebnisse. Denn nirgends hat die Reform der Bundeswehr solch nachhaltige Auswirkungen auf das öffentliche Leben wie bei der Frage nach Aufrechterhaltung bzw. Schließung von Standorten, denn in vielen wirtschaftsschwachen Regionen stellen die Einrichtungen der Bundeswehr zum Teil den zentralen Arbeitgeber dar.

Minister Struck hatte schon bei Ankündigung der Ausarbeitung eines neuen Stationierungsplans deutlich gemacht, dass sich die Reformbemühungen strikt an sicherheitspolitischen, militärischen und betriebswirtschaftlichen Faktoren orientieren würden. Deutlicher als seine Vorgänger hat er damit den Subventionscharakter von Streitkräften und deren Liegenschaften für strukturschwache Regionen abgelehnt.

Diese kompromisslose Linie ist in dem 150 Seiten starken Papier klar erkennbar. Überflüssiges wird gestrichen, Überschüssiges aussortiert und Ähnliches zusammengeführt. Das bedeutet auf der einen Seite das Aus für 105 Standorte und signifikante Reduzierungen bei 30 weiteren. Andererseits führt das neue Konzept auch zu einem deutlichen Aufwuchs in 45 Liegenschaften der Bundeswehr. Ein Standort wird gar neu aufgebaut.

Von der Auflösung sind vor allem zwei Bereiche betroffen. Zum einen werden zahlreiche Verbindungskommandos und Kreiswehrersatzämter geschlossen, die aufgrund einer Straffung der territorialen Kommandobehörden und der Anpassung der Führungsorganisation an die föderale Struktur in Deutschland überflüssig werden. Zum anderen fällt ein Großteil der mechanisierten Heereskräfte weg, die besonders eng mit dem klassischen System der Territorialverteidigung verbunden sind: Panzergrenadiere, Panzeraufklärer und Panzerartillerie. Niedersachsen ist dabei besonders von der Auflösung der in Düsseldorf stationierten 10. Panzerdivision betroffen. Hier wurde die Entwicklung weg von den großen Panzerverbänden des Kalten Krieges und hin zu kleineren und flexibleren Einheiten für schnelle Krisenreaktionseinsätze auch außerhalb Europas fortgesetzt. Dies kommt nicht nur der Bundeswehr selbst hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Einsatzfähigkeit zu Gute, vielmehr fördert es die Bündnisfähigkeit Deutschlands im Rahmen der NATO und der Europäischen Union, und trägt damit nachhaltig für eine Steigerung der militärischen Fähigkeiten der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik bei.

So steht z.B. die Auflösung des Lufttransportgeschwaders 61 im bayerischen Penzing im direkten Zusammenhang mit der Neuordnung der Lufttransportverbände in Deutschland, an deren Ende die Einbindung in ein Europäisches Lufttransportkommando stehen soll. Und auch die Division Spezielle Operationen (DSO), deren Verbände bereits viel Erfahrung in internationalen Einsätzen sammeln konnten, wird in Zukunft nur noch auf 9 anstatt der bisherigen 13 Standorte verteilt sein. Hier lässt sich besonders gut der Mehrgewinn der Neustationierungen durch einen Blick auf die Karte erkennen. Die Kampf- und Unterstützungsverbände der DSO konzentrieren sich jetzt auf zwei Regionen in Deutschland (Niedersachsen sowie Saarland und Baden im Südwesten). In der näheren Umgebung befinden sich die Transportkapazitäten der Luftwaffe bzw. der Division Luftbewegliche Operationen für die Verlegung in mögliche Operationsräume.

Der neue Standortplan der Bundeswehr setzt die Reformbemühungen des Verteidigungsministeriums für mehr Effektivität, Funktionalität und Wirtschaftlichkeit bei den Streitkräften weiter fort. Nicht ganz so positiv werden dies jedoch die von den Schließungen betroffenen Kommunen sehen. Hier wird es Aufgabe des Bundes sein für eine entsprechende Entschädigung in Form von Investitionen zu sorgen. Auch die privaten und finanziellen Auswirkungen für die Soldaten, Zivilangestellten und deren Angehörigen dürfen dabei nicht außer Acht gelassen werden.

Dennoch muss man dieses Standort-Konzept als gelungen und zukunftsweisend betrachten. Gelingt es dem Minister weiterhin die Reformen auch gegen festgefahrenen Strukturen und Liebgewonnenem in der militärischen Führungsebene zielstrebig durchzusetzen, dann wird die Bundeswehr in fünf Jahren deutlich mehr für die internationale Sicherheit beitragen können als sie gegenwärtig dazu in er Lage ist. Mit General Wolfgang Schneiderhahn steht ihm noch dazu ein reformoffener Generalinspekteur zur Seite, der trotz Gegenwind aus den eigenen Reihen aktiv an der Ausarbeitung und Umsetzung der neuen Richtlinien beteiligt ist, was man nicht als selbstverständlich ansehen sollte. Denn die Kombination aus zielstrebigem politischem Handeln bei gleichzeitiger Aufgeschlossenheit für Reformen auf Seiten des ranghöchsten Soldaten der Bundeswehr hat es im Ministerium seit Gründung der Bundeswehr bisher eher selten gegeben.


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