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Landtagsluft schnuppern & Selbstvertrauen tanken

Großplanspiel im Bayerischen Landtag mit fünf Schulklassen

22.02.2011 · Forschungsgruppe Jugend und Europa




Landtagspräsidenten Barbara Stamm (CSU) bei der Begrüßung

München. Mit den Worten ‚Wir brauchen Nachwuchs!’, begrüßt Landtagspräsidentin Barbara Stamm die Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen der Maria-Ward-Realschule Eichstätt, des Gymnasium Fürstenried, des Max-Josef-Stifts und des Humboldt-Gymnasium Vaterstetten sowie der 12. Klasse des Hildegardis-Gymnasium Kempten am 21. Februar im Steinernen Saal des Maximilianeums. ‚Im Jahr besuchen rund 900 Schulklassen das Landtagsgebäude in München’ erklärt die pädagogische Koordinatorin des Landtagsamts Oberstudienrätin Christine Betz. Ein besonderes Highlight ist das Planspiel ‚Der Landtag sind wir!’, das im Auftrag des Bayerischen Landtags am C·A·P entwickelt und schon an vielen Schulen erprobt wurde. Einmal im Jahr darf es als Großplanspiel mit fünf Gruppen und in Originalkulisse gespielt werden.


Ausschussarbeit

Bereits zum 3. Mal folgten Schulklassen der Einladung durch das Landtagsamt. Dieses Jahr durften die Bildungspolitischen Sprecher jeweils eine Schule aus ihrem Stimmkreis einladen. Georg Eisenreich (CSU), Thomas Gehring (Bündnis 90/Die Grünen), Eva Gottstein (Freie Wähler), Renate Will (FDP) und Florian Ritter (SPD), der in Vertretung für Hans-Ulrich Pfaffmann MdL angereist war, begleiteten das Planspiel und ließen es sich nicht nehmen, die Fragen der Schüler zu beantworten.

Nach einer kurzen Einführung durch Frank Burgdörfer vom Referententeam der Forschungsgruppe Jugend und Europa, der den Teilnehmern das komplexe System der Fraktionen und Ausschüsse im Landtag bildhaft erläuterte, werden die vorher bestimmten Presseleute in ihre Rollen und aus dem Raum geschickt, bevor sich die Mitschüler per Losverfahren in fünf Parteien spalten. Nachdem sich die neuen Abgeordneten der Freien Wähler, der Grünen und der SPD in ihre Sitzungssäle verabschiedet haben, folgt eine kurze Ansprache an die verbleibenden FDPler und CSUler: ‚Meine Damen und Herren, Sie sind die Regierungskoalition. Das heißt nicht, dass man sich immer uneingeschränkt lieb hat, aber gemeinsam kommt man leichter gegen die Opposition an.’


Das Presseteam bei der Arbeit

Frisch in ihre neuen Identitäten geschlüpft, freuen sich die 120 angereisten Schülerinnen und Schüler zunächst über die Abwechslung im Schulalltag, bevor sie merken, dass so ein Abgeordneten-Stundenplan auch ganz schön stressig sein kann. Allein die Sitzungsräume zu finden, die sich über mehrere Gebäude und Etagen verteilen und dann auch noch den strengen Zeitplan einzuhalten, sorgte für reges Treiben auf den Gängen. Nach einer kurzen Fraktionssitzung ging es zur konstituierenden Sitzungen ins Plenum, wo sich eine Fraktion auch gleich eine Rüge für ihr verspätetes Eintreffen einfängt. Im Landtag geht es eben doch ein bisschen zu wie in der Schule. Noten gibt es zwar nicht, Frank Burgdörfer merkt aber an: ‚Sobald Sie im Plenum sitzen, werden Sie beobachtet. Das ist wie in einem Schaufenster.’


Im Plenum

Nachdem der Alterspräsident die Sitzung eröffnet und die Anwesenheit aller Abgeordneten festgestellt hat, wird Alessandra Margraf alias ‚Dr. Anita Mayer’ zur Landtagspräsidentin gewählt. ‚Ich war schon ein bisschen aufgeregt, da oben vor dem Plenum alleine die Sitzung zu leiten, aber ich wollte den Landtag sehen und fand es toll, wie ein Politiker zu agieren.’, freut sie sich anschließend. In ihrer Freizeit engagiere sie sich als Schülerlotsin und bei der Schülerzeitung, aber diese Rolle habe ihr so richtig Selbstvertrauen gegeben. Im Anschluss an die Plenumssitzung folgt ein Pressetermin und eine kurze Mittagspause, bevor sich die Abgeordneten in die beratenden Ausschüsse begeben. Immer die Zeit im Nacken, denn die federführenden Ausschüsse warten schon auf die Ergebnisse.

Die Presse grübelt über die richtige Art und Weise der Berichterstattung, entscheidet sich schließlich für eine Wandzeitung und bereitet fleißig Interviews vor. Während dessen treffen sich die jungen Landtagspolitiker bereits in ihren Fraktionen, um zu beraten, ob man den bearbeiteten Gesetzesvorlagen nun zustimmen kann und wer im Plenum die Partei vertreten wird. Einer von ihnen ist Marius Meier. In seiner Rolle als ‚Fraktionsvorsitzender’ verteidigt er in einer flammenden Rede die Position der SPD zum Gesetzesentwurf zur Bekämpfung der Jugendkriminalität. ‚Ich fand es ziemlich cool, vor so vielen Leuten eine Rede zu halten und kann mir auch vorstellen, später selber einmal in so einer Position zu arbeiten.’


Gruppenfoto im Plenarsaal

Auch die beiden Moderatoren aus der Pressegruppe, Corinna Schilling vom Hildegardis-Gymnasium und  Christian Nitzke vom Humboldt Gymnasium Vaterstetten, wachsen während der Abschlussdiskussion über sich hinaus und stellen den fünf anwesenden echten Politikern pfiffige Fragen zu den Themen Jugendkriminalität und Schulreform. Besonders das Thema Sitzenbleiben brennt den Jugendlichen unter den Fingern. ‚Erklären Sie doch bitte’, fordert Christian Nitzke den SPD-Vertreter Florian Ritter auf, ‚wieso soll jemand, der den Stoff aus einem Schuljahr nicht verstanden hat, eine Klasse weiterkommen?’ Ritter kontert, dass in der Schule vor allem die Persönlichkeit der Schüler und die individuellen Fähigkeiten gefördert und nicht ‚Lehrpläne komplett reingehauen’ werden sollten.


Auswertungsrunde mit den Abgeordneten (v.l.n.r.); Renate Will (FDP), Georg Eisenreich (CSU), Eva Gottstein (Freie Wähler), Thomas Gehring (Bd.90/Die Grünen), Corinna Schilling, Christian Nitzke, Florian Ritter (SPD)

Die Vertreter von CSU und FDP, Georg Eisenreich und Renate Will, sind da freilich anderer Meinung. Eisenreich outet sich sogar als absoluter G8-Fan. Diese Schulform würde den Gymnasiasten aus Deutschland und vor allem natürlich aus Bayern einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil auf dem globalen Arbeitsmarkt geben. Thomas Gehring von den Grünen beschreibt die G8-Entscheidung als ein Beispiel das zeigt ‚wie Politik nicht sein darf’. Grundsätzlich findet er die Einführung des G8 zwar sinnvoll, die Entscheidung sei aber über viele Köpfe hinweg getroffen worden. Demokratie funktioniere jedoch nur, wenn die Politiker im Landtag nicht alleine gelassen werden. Die Jugendlichen sollten solche Entscheidungen zum Anlass nehmen, sich aktiv am politischen Prozess zu beteiligen, auch wenn sie noch nicht wählen dürfen. Eva Gottstein von den Freien Wählern, die selber 36 Jahre im Schuldienst war, gibt den Schülern abschließend mit auf den Weg, dass sie ihre Möglichkeiten der Mitbestimmung nutzen sollen – besonders über die Schülermitverwaltung. Denn eine starke Schülervertretung sei den Direktoren zwar unangenehm, aber eine Bereicherung für die Schule. Einige Schüler nicken. Das Projekt Nachwuchsförderung scheint gefruchtet zu haben.

Carolin Toepfer, Forschungsgruppe Jugend und Europa


Eva Feldmann-Wojtachnia von der FGJE, die das jugendliche Modertorenteam gecoacht hatte.

Im Netz

Artikel Donaukurier 22.2.2011

Artikel Landtagshoempage

Münchner Merkur (23.12.2011): Nachwuchs probt Macht

Antenne Bayern (mp3): Audio 1, Audio 2


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