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EU-Finanzen 2007-2013: Nach dem Kompromiss ist vor dem Kompromiss?

Ein Kommentar von Roman Maruhn

19.01.2006 · Bertelsmann Forschungsgruppe Politik



Klein ist das Echo in den Medien geblieben: Am 18. Januar 2006 hat das Europäische Parlament den Kompromiss über die Finanzen der Europäischen Union für die Jahre 2007 bis 2013, auf den sich der Europäische Rat am 17. Dezember 2005 geeinigt hatte, mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wie kann diese Entscheidung interpretiert werden?

1. Die Ergebnisse der britischen EU-Ratspräsidentschaft des zweiten Halbjahrs 2005 fallen durch das negative Votum des Europäischen Parlamentes noch magerer aus, als es noch Ende 2005 den Anschein hatte.

2. Eine Einigung der Mitgliedstaaten auf den groben Umfang des EU-Haushalts und die entsprechend von den Mitgliedstaaten zu schulternden finanziellen Lasten ist zwar notwendig für die Kontinuität des europäischen Integrationsprojekts, aber nicht zwangsläufig hinreichend, da die im Europäischen Rat versammelten Regierungen der 25 Mitgliedstaaten im institutionellen Dreieck des politischen Systems der Europäischen Union lediglich ein Organ neben Europäischer Kommission und Europäischem Parlament repräsentieren.

3. In der Frage der Finanzierung der Europäischen Union folgt das Europäische Parlament bereits der Logik des Vertrags über eine Verfassung für Europa, auch wenn dieses Projekt der Politisierung der Europäischen Union eine mehr als ungewisse Zukunft hat. Aufgrund der Positionierung der rechtlichen Grundlagen für den mehrjährigen Finanzrahmen außerhalb der Europäischen Verträge in Form einer Interinstitutionellen Vereinbarung zwischen Parlament, Rat und Kommission ist ein Kompromiss mit dem Parlament unerlässlich. Das Europäische Parlament kämpft massiv um die mittelfristige Erringung eines klassischen Parlamentsvorbehalts: das Budgetrecht.

4. In dieser Logik wurden aus der Perspektive des Europäischen Parlaments dessen Beschlüsse über die EU-Finanzen von 2007 bis 2013 vom Europäischen Rat nicht nur unzureichend berücksichtigt, sondern weitgehend ignoriert. Das betrifft nicht nur die Höhe, sondern auch die Verteilung der Ausgaben auf die einzelnen Politikfelder. Entsprechend konnte das Europäische Parlament nach mehrmaligen Warnungen gegenüber den Regierungen der Mitgliedstaaten den Kompromiss des Europäischen Rats nur zurückweisen, um die eigene Glaubwürdigkeit nicht zu verlieren.

5. Die Reaktion des Europäischen Parlaments war angesichts der unterschwelligen Konfrontation zwischen den Organen Parlament und Rat absehbar: Spätestens seit der schwierigen Bestellung der Barroso-Kommission, deren ursprüngliche Zusammensetzung auf Druck des Parlaments geändert werden musste, strebt das Parlament danach, den politischen Alltag der Europäischen Union gemäß den Bestimmungen des Europäischen Verfassungsvertrags und nicht mehr im Sinn eines Bestätigungsparlaments zu gestalten.

6. Große Veränderungen am durch den Europäischen Rat getroffenen Kompromiss über die Finanzen sind aber nicht zu erwarten. Das Europäische Parlament fordert von den Mitgliedstaaten hingegen einen politischen Preis: Die vom EU-Ratsvorsitzenden Wolfgang Schüssel wiederholte Befürwortung der Einrichtung einer eigenen Steuer, die einen Großteil des EU-Haushalts dauerhaft tragen soll, offenbart die strategische Zielrichtung des Parlaments und lässt eine Einigung über die EU-Finanzen noch unter der österreichischen Ratspräsidentschaft erwarten. Ein Kompromiss könnte eine langfristige Entwicklung einleiten, in deren Verlauf die Europäische Union eine substantielle autonome Finanzquelle erhält, die sie deutlich unabhängiger von Geldzuweisungen und damit auch dem politischen Willen der Mitgliedstaaten machen wird. Am Ende dieser Entwicklung könnte das Europäische Parlament das volle Haushaltsrecht erhalten.


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