Südostasien schaut wieder nach vorn
Nötig ist Augenmaß
31.08.2001 · Das Parlament
Doch trotz der optimistischen Aussichten gilt es zu differenzieren. Dies tun die zur besten Riege gehörenden Asienexperten Deutschlands, Michael v. Hauff, Sebastian Heilmann, Patrick Köllner, Werner Pascha, Rüdiger Machetzki und Günter Schucher, denen J. Thomas Lindblad aus den Niederlanden mit einem Beitrag zu den Gründen der Asienkrise assistiert.
Wenngleich die akuten Probleme erstaunlich schnell überwunden worden sind, gilt es doch trotz alledem eine realistische Perspektive zu entwickeln.
Dies betrifft neben den "harten" Faktoren der Wirtschaft auch die "weichen" Variablen des gesellschaftlichen Umfelds, denen etwa Michael Porter in seinem Standardwerk zur Wettbewerbsfähigkeit von Nationen einen wichtigen Einfluß einräumt. In seiner Zusammenfassung nennt Machetzki sieben Problemfelder, welche die Zukunft der Region prägen und damit die dortige Politik beschäftigen werden und, im Rahmen der Antizipation, die westliche Politik auch. Für die Politikberatung von Wirtschaft und staatlichen Akteuren ist dies zentral und, im Vergleich zu anderen Analysen, auch kongruent, und damit für Investoren und politische Entscheider aufgrund der Verdichtung zu einem "Mainstream" der Einschätzungen besonders relevant: So ist die Asien-Pazifik-Region aufgrund ihrer Heterogenität eine Weltregion mit relativ hohen sicherheitspolitischen Stabilitätsrisiken. Die Verhältnisse in Indonesie mögen dafür stellvertretend stehen. Dabei ist nicht damit zu rechnen, dass Südostasien oder China eine wie auch immer geartete neue Welthandelsrunde mit der WTO so einfach hinnehmen werde. Sowieso ein Problem anlässlich der abnehmenden Akzeptanz der Welthandelsorganisation. Darüber hinaus werden die übergreifenden chinesischen Netzwerke, dieses weltweit unheimlich gut geölte System kommunizierender Röhren, jenseits der japanischen Keiretsu, stärker in die Wirtschaftstätigkeit der Region "hineinregieren". Überhaupt bleibt Japans zukünftige Rolle im Rahmen der Analyse der jüngsten Erfahrungen diffus.
Machetzki sagt es so: "Die 'Leitgans' wollte Mitte der 90er nicht fliegen. Sie flatterte zwar mit den Flügeln, aber dann blieb sie sitzen. Seither herrscht in Ostasien eine gewisse Skepsis vor, ob sich diese Konstellation jemals wirklich ändern wird" (S. 135). Hinzu kommt die Skepsis gegenüber der alleinigen Allmacht nationaler Institutionen. Es sei völlig ungewiss, wer die nationalstaatlichen Rahmenbedingungen in Zukunft präge die herkömmliche Bürokratie oder neue Akteure der Zivilgesellschaft. Weiterhin, Problemfeld Nummer sechs, sei nicht mit der Herausbildung eines geschlossenen asiatischen Wirtschaftsblocks zu rechnen, wobei, Problemfeld Nummer sieben, auch die Apec in ihrem bisherigen Krisenmanagement versagt habe.
Alles in allem also eine verhaltene, Bilanz. Wenn es auch unschwer zu erkennen ist, dass sich die südostasiatische Region auf dem Weg einer deutlichen wirtschaftlichen Konsolidierung befindet, bedarf es für den Westen Augenmass, um das nachhaltige Entwicklungspotenzial der Region realistisch abzuschätzen.
Werner Draguhn (Hrsg.), Wirtschaftliche Potenziale und politische Stabilität in Asien. Mitteilungen des Instituts für Asienkunde Hamburg, 168 S., DM 36,00