"Meisterleistung" Kießling schließt große Forschungslücke
Rezension "Die CSU. Machterhalt und Machterneuerung."
26.04.2005 · Politische Studien, Heft 400, 2005
Diese beiden Hauptkapitel, die den Großteil des Buches ausmachen, sind eine Meisterleistung. Dort wird dieses magische Viereck der Macht der CSU detailliert beschrieben. Der Autor hat die wenige Literatur mit der Auswertung einer Fülle von Presseartikel, Quellen und vor allem Interviews mit Akteuren und Beobachtern ergänzt und eine erstaunliche Dichte an Faktenreichtum und analytischem Wert erreicht. So kann er formale, informale und informelle Prozesse benennen und bewerten. In der Tat ist das Zusammenwirken dieser Faktoren im Machtgefüge der CSU manchmal etwas kompliziert und für Außenstehende schwer zu erfassen. Eben diese Kombination von Faktoren ist aber auch die wesentliche Grundlage für die Erfolgsgeschichte der CSU und ihre Fähigkeit zur Selbstregeneration in der Macht dies wird durch dieses Buch für die Gegenwart perfekt beschrieben. Die nach außen sichtbare Kontinuität, der Erhalt der Regierungsfähigkeit in Bayern als Voraussetzung für erfolgreiche Politikdurchsetzung im Bund ob in Regierung oder Opposition hat im Inneren enorme personelle und strukturelle Veränderungen erforderlich gemacht. Kießling kann überzeugend darlegen, dass diese Anpassungsprozesse aber stets im Rahmen der Kooperation dieser Machtzentren erfolgt ist und nur in diesem Rahmen erfolgen kann. Die logische Gewichtsverschiebung von der Landesleitung oder auch Landesgruppe hin zur Staatskanzlei nach der Übernahme des Parteivorsitzes durch Edmund Stoiber ist also nicht nur reversibel, sondern muss dies auch sein, um dieses magische Viereck für künftige Anpassungsleistungen an die politische Umwelt zu erhalten. Die Interaktion der Machtzentren, so Kießling, garantiert die "Selbstregeneration der Partei" (S.149). Die Entwicklung der CSU nach 1988 wird von ihm beschrieben anhand der Interaktion der Machtzentren anhand zentraler Einschnitte, so etwa bei der Wiedervereinigung und dem gescheiterten Projekt der DSU. Wie kenntnisreich der Autor an die Materie geht, zeigt sich nicht zuletzt daran, wie er die Grundsatzkommission der CSU unter der Leitung Edmund Stoibers als "innerparteilichen Aufstiegskanal" beschreibt. Weitere Schwerpunkte der Analyse sind der "selbsterneuernde Machtwechsel" vom Frühjahr 1993, als Stoiber Max Streibl als Ministerpräsident ablöste, die Phase der "Doppelspitze" Waigel/Stoiber und dort vor allem die Auseinandersetzung um die Europapolitik sowie der Doppelwahlkampf 1998. Dadurch sei eine "doppelte Erneuerung" der Partei zu Stande gekommen, die neben der Übernahme des Parteivorsitzes durch Stoiber auch ein "neuakzentuiertes Selbstverständnis" (S.150) der CSU habe entstehen lassen. Dies, so Kießling, bestehe seither darin, dass die CSU unter Stoibers Führung mehr und mehr zu einer "bundespolitischen Partei" geworden sei. Insofern war seine Kanzlerkandidatur, deren Vorgeschichte ebenfalls knapp behandelt wird, nur konsequent. Nach der Bundestagwahl konnte sich zwar nicht die Union, aber doch die CSU "als klarer Sieger" (S.327) fühlen. Stoibers Position in der Partei blieb unangefochten, weil offensichtlich war, dass die Wahlerfolge mit Stoibers Person verknüpft waren. Dies wurde durch das Ergebnis der Landtagswahl vom September 2003 mit dem Gewinn der Zweidrittelmehrheit der Mandate nochmals unterstrichen.
Kann die Erfolgsgeschichte der CSU weitergehen? Dieses Buch beantwortet die Frage eindeutig: Solange die Machtzentren und die Dynamik zwischen ihnen erhalten bleiben, sind auch künftig Erfolge möglich. Kießling benennt die wichtigsten Faktoren der Erfolgsbedingungen für die CSU: Es gelingt ihr immer wieder, die "Symbiose mit Bayern" zu vollziehen und neben einem hohen Stammwählerpotenzial auch viele Wechselwähler zu erreichen. Sie profitiert von den von ihr geknüpften Netzwerken der Macht und der Asymmetrie des bayerischen Parteiensystems ebenso wie von der engen Verwebung von landes- und bundespolitischer Dimension ihrer Politik. Sie zeigt ein hohes Maß an Selbstregenerationsfähigkeit und Geschlossenheit sowie eine integrative Organisationskultur. Sie modernisiert immer wieder ihre Parteiorganisation und Kampagnenfähigkeit, bleibt dabei aber integrierend und in der Programmatik pragmatisch. Solange Bayern im Kontext des politischen Systems Deutschlands so erhalten bleibt, dürfte sich an der einzigartigen politischen Rolle der CSU wenig ändern.
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