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Deutsche Kontraste

Dr. Manuela Glaab und Dr. Michael Weigl im C·A·P-Forschungskolloquium

Manuela Glaab / Werner Weidenfeld / Michael Weigl (Hrsg.): Deutsche Kontraste. Politik – Wirtschaft – Gesellschaft – Kultur, Frankfurt am Main: Campus-Verlag, 2010.

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16.07.2012 · C·A·P



Das Jahr 2012 markiert die halbe Wegstrecke zwischen 20. Jahren deutscher Einheit und dem 2014 bevorstehenden 25. Jubiläum des Mauerfalls. Die Forschungsgruppe Deutschland am Centrum für angewandte Politikforschung (C·A·P) nahm dies zum Anlass, um erneut eine Bilanz zu ziehen, über zwei Jahrzehnte Wiedervereinigung. Über die Rückschau und den heutigen Sachstand hinaus, richtet der Sammelband „Deutsche Kontraste“, der dafür die Grundlage bot, den Blick aber auch perspektivisch in die Zukunft: Wie wird das wiedervereinigte Deutschland mit der Globalisierung und den immer dramatischeren Folgen des demographischen Wandels zurechtkommen?


Werner Weidenfeld, Michael Weigl und Manuela Glaab

Mit der Publikation „Deutsche Kontraste“ legt das C·A·P nach dem „Handbuch zur deutschen Einheit“ und dem „Deutschland-TrendBuch“  abermals eine grundlegende Analyse zur politischen und gesellschaftlichen Verfasstheit Deutschlands vor. In mehr als zwanzig Beiträgen analysieren renommierte Autoren vorhandene Unterschiede, Trennlinien und Gegensätze im vereinten Deutschland. Der Begriff „Kontraste“ wurde dabei bewusst gewählt, da im Fokus der Betrachtung Differenzen und nicht zwangsläufig um Konflikte stehen sollen.

Manuela Glaab und Michael Weigl nutzten die Gelegenheit zentrale Forschungsergebnisse aus den Beiträgen noch einmal zusammenfassend darzustellen. Leitgedanke der Publikation ist es, „Deutsche Kontraste“ auf zahlreichen Ebenen zu finden und differenziert zu betrachten. Der überraschende Befund ist, dass die zentrale Trennlinien im vereinten Deutschland des beginnenden 21. Jahrhunderts die sich immer weiter öffnenden Kluft zwischen Arm und Reich ist. Der Gegensatz Ost versus West ist dagegen nicht mehr annähernd so stark ausgeprägt wie noch 1990. Deutschland wächst mehr und mehr zusammen, allerdings langsamer, als vor zwanzig Jahren gedacht. Die vermuteten Ost-West-Kontraste beruhen vielfach auf überkommenen Klischees, die einer empirischen Grundlage entbehren. Bestimmte Unterschiede, als Folge divergenter Sozialisation lassen sich dennoch erkennen. So wurde beispielsweise das DDR-Familienbild und das Verständnis über die Rolle der Frau weitestgehend konserviert. Eine Annäherung an das westdeutsche Ideal der „männlichen Versorger-Familie“ ist noch heute in den alten Ländern stärker präsent, als im Osten. Deutliche Parallelen zeigen sich hingegen etwa bei der Wahlteilnahme. Diese ist seit längerem in den neuen Ländern geringer als im Westen. Der Trend zu einer immer geringeren Wahlbeteiligung verläuft aber in beiden Teilen annähernd gleich.

Die oftmals konstatieren Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland sind auf ein Faktorenbündel zurückzuführen, wobei Glaab und Weigl einige Aspekte besonders betonen: Zum einen die Existenz zweier Feiertage zur Wiedervereinigung. Der 9. November als „Herzenstag“ im Gedenken an den Mauerfall und der 3. Oktober als „Kopftag“ an dem offiziell die deutsche Einheit gefeiert wird. Der „Tag der deutschen Einheit“ dient aber auch immer wieder für eine kritische Bilanz der Einheit. Als zweiten Faktor nennen die Herausgeber die Problematik einer Nation mit zwei Erfahrungswelten. Insbesondere in Ostdeutschland wirkt hierbei bis heute der radikale Umbruch im Zuge der Wiedervereinigung nach, der fast alle Lebensbereich betraf, während die Veränderungen im Westen deutlich geringer waren. Darüber hinaus spielt auch die öffentliche Pflege überkommener Klischees und die verzerrende Reduktion gesellschaftlicher Komplexität eine Rolle. Letzteres manifestiert sich etwa in der falschen Annahme, Rechtsradikalismus sei vorwiegend ein ostdeutsches Phänomen, wobei das Ostdeutsche als Erklärungsfaktor herangezogen wurde und nicht sozio-ökonomische Determinanten oder der Bildungsstand.

Eine der Schlussfolgerungen des Sammelbands „Deutsche Kontraste“ ist, dass sich in der Bundesrepublik andere Trennlinien zeigen, die nur wenig mit dem Ost-West-Gegensatz zu tun haben. So etwa die sich öffnende Schere zwischen Arm und Reich oder das Spannungsfeld zwischen Stadt und Land, das sich in einer verstärkten Landflucht zeigt, und das eben nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern auch in Nordrhein-Westfalen oder Niederbayern. So empfehlen Glaab und Weigl dann auch, dass diese gesamtdeutschen Problemlagen von der Politik stärker in den Blick genommen werden sollten, dort seien die wahren Probleme für Deutschlands Zukunft zu finden. Die „innere Einheit“ der Bundesrepublik sei zwar noch nicht erreicht, deren Befund sei aber auch nicht als kritisch einzustufen.


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