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Healthstyle ersetzt Lifestyle

Gesundheitstelematik formt die Zukunftsgesellschaft

18.12.2008 · Forschungsgruppe Zukunftsfragen



Telemedizin ist sinnvoll, nutzbringend, kann Kosten sparen, die Qualität der Behandlung deutlich steigern und ist zudem ein sehr hilfreiches Instrument für die Vernetzung der Akteure im Gesundheitswesen. Darüber hinaus trifft sie generell auf wachsende Nachfragen nach Gesundheitsprodukten und Gesundheitsdienstleistungen in einer Gesellschaft, in der Wellness und Healthcare immer wichtiger werden. Das Gesundheitsbewusstsein in Deutschland und Europa ist signifikant gestiegen. Jugendlichkeit wird vielerorts sogar zum Kult.


Prof. Peter Wippermann Gründer und Gesellschafter des 
Trendbüro Hamburg

Dieser Trend geht nach dem Hamburger Trend- und Zukunftsforscher Prof. Peter Wippermann so weit, dass Healthstyle das Konzept des Lifestile ersetzt. In einer hektischen Welt manifestiert sich zunehmend die Sehnsucht nach Wohlbefinden und gesundheitlicher Kontrolle. Der eigene Körper wird zum Mittelpunkt der Welt und der Gesundheitsmarkt löst sich los vom Krankheitsmarkt. Dies arbeitete er auf dem Internationalen Telemedizin Forum, welches das Centrum für angewandte Politikforschung (C·A·P) unter Leitung seines Direktors Prof. Werner Weidenfeld zusammen mit dem israelischen Gesundheitsdienstleister SHL Telemedicine Ltd. und seinem Tochterunternehmen PHTS heuer zum dritten Mal veranstaltete, deutlich heraus.


Yariv Alroy, CEO der israelischen SHL Telemedicine Ltd. 
aus Tel Aviv, Prof. Dr. Werner Weidenfeld, Direktor des C·A·P, Jürgen Turek, stellv. Direktor des C·A·P und Leiter der Forschungsgruppe Zukunftsfragen

Vor diesem Hintergrund machen auch verstärkte Strategien zur Umsetzung von Gesundheitstelematik als Dienstleistung und als gesetzliche Regelversorgung Sinn. Dabei sind die technischen Möglichkeiten und ein entsprechendes Innovationsmilieu, ihr wirtschaftlicher Einsatz sowie die Verfügbarkeit von nachhaltigen Investitionsmöglichkeiten wichtige Voraussetzungen. Insbesondere letzter Punkt, so Prof. Joachim Häcker vom Institute für Corporate Finance in Frankfurt/M., muss angesichts der Finanzmarktkrise in 2009 und darüber hinaus aufgrund sich verändernden Kapitalzugriffsmöglichkeiten sensibel beachtet werden. Das Forum griff strategische Umsetzungsmöglichkeiten für Innovationen der Gesundheitstelematik sowohl unter den Gesichtspunkten einer wachsenden privaten Vorsorge als auch unter Beachtung kassenpolitischer und gesetzlicher Entwicklungen auf. Denn die Krankenkassen müssen 2009 durch die Ingangsetzung des Gesundheitsfonds unter veränderten Umständen agieren. Das angespannte Verhältnis von Markt und Plan hebt der Fond gleichwohl nicht auf; angesichts des demographischen Wandels und technologischen Fortschritts bleiben Kosten senkende und medizinisch wirksame Innovationen deshalb besonders wichtig.


Dr. Roland Delbos, Consultant, und Prof. Alexander Ehlers, Direktor Health Care Management Institute, European Business School Oestrich Winkel (im Vordergrund v.l.n.r.)

Für den Einsatz der Telemedizin sprechen in diesem Kontext empirisch erhärtete Daten. Sie belegen die Kosteneffizienz des Instrumentariums bei wachsender medizinischer Bedeutung. Cordula Gierg, Direktorin der Taunus BKK präsentierte in diesem Zusammenhang Auswertungen der Universität Jena aus einem Projekt der Taunus BKK zum Einsatz von Telemonitoring. Diese Auswertungen hätten deutlich gezeigt, dass bei der Betreuung von herzkranken Patienten erhebliche Einsparungen realisiert worden seien. Sie setzte das jährliche Einsparpotenzial zukünftig auf ca. 9.000 € pro Patient an.

Auch insgesamt ist die Gesundheitstelematik von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Prof. Volker Ulrich von der Unversität Bayreuth wies hierbei darauf hin, dass nicht nur die Gesundheit ein persönlich wichtiges, sondern auch ein ökonomisch teures Gut sei. Voraussetzung erfolgreicher Innovationen im Gesundheitswesen sei dabei aber nicht nur der technische Fortschritt, sondern insbesondere Vernetzung und Integration. Die "Wette im Return of Investment" identifizierte Prof. Volker Amelung von der Medizinischen Hochschule Hannover als den wichtigsten Treiber für solche Innovationen im Gesundheitswesen. Insofern sei mehr Wettbewerb dort eher förderlich als problematisch.


Staatssekretärin Melanie Huml, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit

Telemedizin ist in Zukunft nicht nur ein unverzichtbarer Bestandteil integrierter medizinischer Versorgung. Dies zeigte etwa Prof. Hans Höpp, Leiter des Kölner Infarktmodells an der Universität Köln, in seinem Beitrag auf. Sie wird mit immer neuen Anwendungen in der Behandlung von Herz-Kreislauferkrankungen oder von Diabetes zunehmend ein beachtliches Instrument in der flächendeckenden Versorgungskette. Die Staatssekretärin für Umwelt und Gesundheit im Bayerischen Umwelt- und Gesundheitsministerium, Melanie Huml, hob dies mit Blick auf den Flächenstaat Bayern besonders hervor. Seit 1995 fördere der Freistaat deshalb über 30 Projekte mit einem Gesamtfördervolumen von über 10 Millionen €. Projekte wie TEMPIS oder STENO (telemedizinische Projekte zur integrierten Schlaganfallversorgung in Bayern) seien hier nicht nur wichtig zur flächendeckenden Versorgung, sondern produzierten zusätzlich eine hohe Akzeptanz bei Arzt und Patient. Zusammen mit anderen informationstechnologischen Innovationen biete das Instrument eine gute Möglichkeit zur Optimierung der gesundheitlichen Versorgung. Voraussetzung dafür ist nach Rolf Stuppardt, Chef vom Bundesverband IKK, die verschiedenen Sektorgrenzen im Gesundheitswesen zu überwinden, überregional auszustrahlen, die Technik anwenderfreundlich zu gestalten und mehr soziale Kompetenzen zu integrieren. Dabei spiele das "Fünfeck der Versorgung" – Akzeptanz, Integration, Qualität, Transparenz und Effektivität – eine wichtige orientierende Rolle. Darüber hinaus sind nach Dr. Wolfgang-Axel Dryden, Vorstand KV Lippe, die Arzt – Patienten – Beziehungen weiterhin von herausragender Bedeutung. Telemedizin ermögliche nicht nur eine Kosten dämpfende und medizinisch optimierende Wirkung; daneben ermögliche ihr Einsatz 'Arzt entlastende Strukturen'. Viele Projekte zeigten dabei auf, dass eine hohe Qualität in der Versorgung des Patienten nur durch den Einsatz von Elektronik zu gewährleisten sei. Dies setze dann aber ein Versorgungsmanagement unter Einsatz datenschutzrechtlich relevanter Hardware voraus.

Das 3. Internationale Telemedizin Form am C·A·P zeigte die immensen Einsatzmöglichkeiten gesundheitstelematischer Innovationen eindrucksvoll auf. Eine intelligente Performance elektronischer Lösungen geht wichtige Probleme des Gesundheitswesens an. Entstehende Probleme wie vorgeschriebene Vertragsgestaltungen der Stakeholder des Systems (so Dr. Klaus Bittmann auf dem Forum), Datenschutz oder Schnittstellenverluste gilt es dabei nicht zu verschweigen. Das kommende Telemedizin Forum wird sich dem 2009 erneut und in bewährter Weise widmen.


Gruppenbild der Teilnehmer (Vergrößerung)


Prof. Dr. Werner Weidenfeld und Fritz Egner, Moderator


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