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USA-EU: Strategieempfehlungen für ein neues globales Bündnis

Transatlantic Strategy Group tagt in Reinhartshausen

Transatlantisches Symposium der Bertelsmann Stiftung und des C·A·P schließt Rückkehr zum "Status quo ante" aus - angesichts globaler Herausforderungen gibt es zur transatlantischen Allianz jedoch keine Alternative.

28.07.2003 · Bertelsmann Forschungsgruppe Politik




Gruppenbild der Teilnehmer, Foto: Bertelsmann Stiftung

Die Diagnose ist gestellt, jetzt muss die Therapie beginnen: Wer die Welt positiv verändern will, muss transatlantische Potenziale nutzen - die transatlantische Partnerschaft bleibt die entscheidende gestalterische Kraft der Weltpolitik. Dies ist das Fazit eines Expertentreffens der Transatlantischen Strategiegruppen "Sicherheit" und "Wirtschaft, Handel und Finanzen" der Bertelsmann Stiftung und des Centrum für angewandte Politikforschung der Universität München, das in Reinhartshausen bei Frankfurt stattfand. Ein effektiver Handlungsrahmen setzt zugleich Veränderungen auf beiden Seitens des Atlantiks voraus. Gemeinsame transatlantische Reaktionen auf internationale Krisen erfordern eine außenpolitische Handlungsfähigkeit Europas sowie den Willen der USA zu einer Diplomatie, die zwischen Unilateralismus und Multilateralismus den universellen Ansprüchen einer internationalen Ordnung gerecht wird.

In der Diskussion mit dem Governeur der Banque de France und designierten Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, wurde betont, dass Europa nur als Partner, nicht als Rivale der USA die Chance hat, sich als bedeutender "globaler Player" zu etablieren. Transparenz sei dabei vor allem für eine Institution wie die EZB oberstes Gebot.

Die Experten aus Wirtschaft, Politik, Medien und der Wissenschaft empfehlen Europäern und Amerikanern eine gemeinsame Initiative zur Weiterentwicklung des Völkerrechts. Die Prinzipien der Nichteinmischung und des Gewaltverbots müssen in eine globale Sicherheitsarchitektur eingebunden sein, die auch auf die Gefahren und Instabilität in der internationalen Staatenwelt reagieren könne. Notwendig sei dafür eine transatlantische Übereinkunft über den Einsatz von Gewalt in den internationalen Beziehungen sowie ein internationales Kontrollregime gegen die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen. Von den Europäern werden dabei eine eigene Bedrohungsanalyse, ein Anti-Terrorkonzept und notfalls auch die Unterstützung militärischer Maßnahmen gefordert.

Prof. Werner Weidenfeld, Mitglied des Präsidiums der Bertelsmann Stiftung und Direktor des C·A·P, stellte fest, dass die Schwäche der Europäer in ihrer gespaltenen Haltung zu Sicherheitsfragen und ihrem Defizit an strategischem Denken offensichtlich wurde. "Wir können uns keine weitere Erosion dieser so elementaren Partnerschaft leisten. Ein Kulturbruch mit Amerika hätte verheerende Folgen für Politik, Sicherheit und Wirtschaft".

Ein gemeinsames Engagement in Krisengebieten müsse, so folgern die Experten, neben den sicherheitspolitischen auch finanzielle und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen. Die USA und die EU müssten dabei das gemeinsame Ziel verfolgen, einen tiefgreifenden demokratischen Wandel zu bewirken, der auf stabilen sozialen und ökonomischen Grundlagen basiert. Charles Grant vom Centre for European Reform, ging so weit zu fordern: "Die Europäer müssen sich mehr engagieren, wenn sie globalen Bedrohungen begegnen wollen - dazu gehört auch der Einsatz militärischer Mittel!"

Gegenüber dem Mittleren Osten sollten die von den USA und der EU geplanten Freihandelsabkommen von Entwicklungsprogrammen und wirtschaftlicher Zusammenarbeit nach dem Muster der OECD ergänzt werden. Eine regionale Entwicklungsbank könnte die finanzielle Basis für grundlegende ökonomische Reformen und die Lösung des irakischen Schuldenproblems bilden.

Zur Überwindung der wirtschaftspolitischen Gegensätze empfiehlt das Expertengremium zunächst eine gemeinsame transatlantische Energiepolitik. Durch die multilaterale Bewirtschaftung internationaler Ölreserven und eine gezielte Interventionspolitik könnten die Risiken der schwankenden Energiepreise sowie der wachsende Bedarf bei mittelfristig sinkendem Angebot gemanagt werden.

Caio Koch-Weser, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, betonte, dass vor allem die konzeptionelle Basis für die bilaterale Zusammenarbeit zwischen den USA und Europa gestärkt werden müsse, um Führungsaufgaben zu koordinieren und Impulse in wirtschaftspolitischen Fragen zu vermitteln.

Als weitere Lösungsstrategien für die Überwindung des europäisch-amerikanischen Gegensatzes empfehlen die Experten die konstruktive Zusammenarbeit beim Thema internationale Migration und Klimawandel. So könnten die Divergenzen in der Umweltpolitik mit Hilfe von Datenbanken, Forschungsgruppen, Vermittlungsforen und schließlich der Einführung von Umweltstandards als Element multilateraler Handelspolitik überwunden werden.

Um die Perspektivlosigkeit zu beenden und die transatlantische Partnerschaft institutionell neu zu beleben, empfiehlt die Strategiegruppe den Aufbau eines G2-Dialogs zwischen Europa und den USA. Hier sollte zunächst die Steuerung der Wirtschaftsfragen erfolgen, in einem zweiten Schritt die Koordinierung eines globalen Sicherheitskonzepts. Die G2 würde im Zentrum der bereits existierenden multilateralen Institutionen stehen, informell arbeiten und einen politischen und wirtschaftlichen Rahmen für die bilateralen Beziehungen als Basis für eine stabile Weltordnung bilden.

Downloads

Transatlantic Strategy Group on Security and on Economics, Finance and Trade:

Transatlantic Responses to Global Challenges: The Way Forward - Discussion Outline and Follow-up topics

Summary (21 KB, PDF-Format)

Full Version (68 KB, PDF-Format)

Über die Strategiegruppen

Die Konferenz "Transatlantic Responses to Global Challenges" ist Teil des Projektes Die Zukunft der Transatlantischen Beziehungen der Bertelsmann Stiftung und des Centrum für angewandte Politikforschung. Die in diesem Rahmen initiierten Transatlantischen Strategiegruppen "Sicherheit" und "Wirtschaft, Handel und Finanzen" entwickeln Strategieempfehlungen zur engeren Kooperation zwischen Europa und den USA. Ihre Mitglieder sind hochrangige Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und den Medien. Ziel der beiden Arbeitsgruppen ist die kontinuierliche Bearbeitung der kritischen Themenfelder in den transatlantischen Beziehungen - durch intensive Diskussion sowie deren Untermauerung durch fachliche Gutachten der Teilnehmer - und die Erarbeitung klarer Lösungsvorschläge in Form von konkreten Politikempfehlungen.

Die Chairmen der Strategiegruppe Sicherheit sind Dr. Walter Stützle, Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung a. D., und John Hamre, Präsident des Center for Strategic and International Studies (CSIS), USA. Chairmen der Gruppe Wirtschaft, Handel und Finanzen sind Caio Koch-Weser, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, und Fred Bergsten vom Institute for International Economics, USA. Zu den hochrangigen Teilnehmern der Tagung zählten unter anderen Wilhelm Schönfelder, Botschafter der Bundesrepublik bei der Europäischen Union, Paul Achleitner, Vorstand der Allianz AG sowie der stellvertretende Präsident der Brookings Institution, USA, Jim Steinberg, und der wirtschafts- und außenpolitische Berater Präsident Putins, Andrej Illarionov.


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