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Gesundheitstelematik gewinnt weiter an Fahrt

Telemonitoring als vernünftiger Baustein des Gesundheitssystems der Zukunft - 4. Telemedizin Forum

21.12.2009 · C·A·P



Angesichts der demographischen Entwicklung, der Zunahme chronischer Erkrankungen vor allem im Alter sowie Schwierigkeiten bei der medizinischen Versorgung insbesondere der ländlichen Bevölkerung, bieten gesundheitstelematische Instrumente und Verfahren im Gesundheitswesen nachhaltig überzeugende Lösungen an. Studien in zunehmender Zahl zeigen auf, dass durch qualifizierte telemonitorische Betreuung die Mortalitätsrate etwa bei schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesenkt und Kosten der Behandlung verringert werden können. Insofern ist Telemedizin und speziell Telemonitoring ein Thema, bei dem sich eine zunehmende medizinische wie gesundheitspolitische Aufmerksamkeit in jeder Hinsicht lohnt.


C·A·P-Direktor Prof. Dr. Dr. h.c. Werner Weidenfeld, Vize-CEO der SHL Telemedicine Ltd, Yarif Alroy und der ehemalige WDR Sportchef Heribert Faßbender


Die Teilnehmer des 4. Internationalen C·A·P Telemedizin Forums (Vergrößerung).

Vor diesem Hintergrund thematisierte das C·A·P in Kooperation mit der israelischen Unternehmung SHL Telemedicine Ltd. und dessen Tochterunternehmen SHL Telemedizin Düsseldorf das Spannungsfeld der Innovationspotenziale und Regulierungsnotwendigkeiten der telemedizinischen Technologieentwicklung. Im Rahmen des 4. Internationalen C·A·P Telemedizin Forums in München zeigten versierte Stakeholder aus dem Gesundheitswesen zentrale Entwicklungen der Gesundheitspolitik mit Blick auf gesundheitstelematische und telemedizinische Neuerungen auf und diskutierten über Herausforderungen und Chancen. Das Forum vertiefte die Diskussionen, die bereits auf dem 2. Internationalen Telemedizin Forum 2007 und dem 3. Internationalen Telemedizin Forum 2008 die enormen Möglichkeiten und Fortschritte auf diesem wichtigen Gebiet der Gesundheitsfürsorge gezeigt hatten.


Professor Dr. Dr. Alexander Ehlers und Prof. Dr. Werner Weidenfeld

Der Münchner Arzt und Jurist Professor Dr. Dr. Alexander Ehlers beleuchtete einführend die veränderten politischen Rahmenbedingungen im Gesundheitssystem und stellte Perspektiven telemedizinischer Anwendungen im Rahmen der integrierten Versorgung vor. Die zunehmenden Belastungen im Gesundheitswesen, insbesondere die Unter- oder Fehlversorgung von Patienten seien evident. Sie erforderten einen Strukturwandel im gesamten Gesundheitswesen. Der Nutzen von Telemedizin zur Kostensenkung und flächendeckenden Versorgung habe sich dabei bereits als ein Problemlöser in der Praxisanwendung bewiesen. Der aktuelle Koalitionsvertrag sehe folgerichtig weit reichende Strukturveränderungen vor und beziehe auch explizit Aussagen zur Schaffung einer Telematik-Infrastruktur sowie die Datensicherheit beim Transfer von elektronischen Gesundheitsdaten ein. In dieser Hinsicht gelte es, den hohen Nutzen und die Einsparmöglichkeiten telemedizinischer Verfahren und Lösungen zu realisieren. Mit Blick auf das Problem von Markt und Plan im Gesundheitswesen warnte Ehlers aber vor einseitigen Privatisierungsschritten. Vielmehr plädoyierte er dafür, dass gesetzliche Regulierungen und marktwirtschaftliche Strukturen weiterhin sensibel austariert und nebeneinander bestehen bleiben müssten.


Gesundheitspolitischer Obmann der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion Dr. Rolf Koschorrek MdB und Jürgen Turek, Stellv. Direktor des C·A·P

Rolf Koschorrek, gesundheitspolitischer Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sprach sich für einen ressortübergreifenden Politikansatz aus,  der Standardisierungen von Normen und Regulierungen sowie Zertifizierungen beinhalte, und damit die Schaffung von national und international marktfähigen Produkten und Dienstleistungen ermögliche. Deutsche Gesundheitstelematik und Telemedizin könnten neben ihrem medizinischen Wert im Rahmen der erfolgreichen Distribution herkömmlicher deutscher Medizintechnik darüber hinaus ein Exportschlager werden.


Heribert Faßbender, Dr. Volker Leienbach, Geschäftsführender Vorstand Verband der privaten Krankenversicherungen und Moderator Rolf Stuppardt, Geschäftsführer IKK

In der Diskussion über diese Impulse griffen die Teilnehmer u.a. die Finanzierungsproblematik auf und verwiesen auf unterschiedliche Ansätze der Finanzierung von Innovationen. Als grundsätzliches Ziel gelte es, Implementierungsstrategien zu entwickeln, die Ärzten und Patienten unmittelbar zu vermitteln seien. Telematische Innovationen müssten der Lebensqualität dienen, Autonomie und Informiertheit gewährleisten und durch Vereinfachtheit und Preisreduktionen finanzierbar sein. Heribert Faßbender, ehemaliger Sportchef des WDR, zeigte die Vorteile telemedizinischer Behandlung als direkt betroffener Verbraucher auf. Er nannte Sicherheit bei der medizinischen Betreuung, Kostentransparenz, Zeitersparnis und Autonomie im Arzt-Patienten-Verhältnis als wesentlichen Nutzen. Kritisch fand er jedoch die bisherige Zurückhaltung insbesondere mancher privater Krankenkassen gegenüber der Telemedizin.


Frank Neumann, Vorstandsvorsitzender BIG direkt gesund


Roger Jaeckel, Leiter Gesundheitspolitik, GlaxoSmithKline

Zur künftigen Finanzierung der Innovationen im Gesundheitssystem wurden mehrere Ideen, wie die eines Innovationsfonds oder der Eigenbeteiligung erörtert. Einigkeit bestand allseits darüber, die Versorgungsforschung anzutreiben, das Preis-Leistungsverhältnis der Telemedizin stärker zu profilieren und ein produktives Innovationsmanagement zu betreiben. Derzeit verhinderten besonders das komplizierte, mangelhaft rationale und rückwärts gerichtete Entscheidungssystem sowie die fortschrittsrestriktive Gesellschaft den Gebrauch der Telemedizin.


Claus Moldenhauer, Stellv. Vorstandsvorsitzender DAK

Schließlich behandelte das Forum die hoch emotionalisierte aber auch sachlich komplizierte Verbindung von Versorgungsmanagement und Datenschutz. Claus Moldenhauer, stellv. Vorstandsvorsitzender der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK), führte aus, wie die Vorteile der Telemedizin unter Beachtung datenschutzrechtlicher Voraussetzungen erzielt werden könnten. Die Daten sollten hierbei strikt nur vom Versicherten und dem bzw. der direkt behandelnden Mediziner eingesehen werden können. Zudem solle der Patient im Rahmen des informationellen Selbstbestimmungsrecht die Autorität über den Gebrauch seiner Daten haben und allein entscheiden sowie immer kontrollieren können, wer Einsicht in seine Daten erhält. Die DAK gewährleiste das durch die konsequente Umsetzung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen.


Ministerialdirigent a. D. Dr. Manfred Zipperer, Vorsitzender des Aufsichtsrats, Zentrum für Telematik im Gesundheitswesen (ZTG), Dr. Gerhard Dahlhoff, Leiter Stabsbereich Medizin, AOK Bayern und Moderator Dr. Hans-Jürgen Ahrens, Vorstandsvorsitzender Health Care Rheinland

Aufsichtsratschef des Zentrums für Telematik im Gesundheitswesen, Manfred Zipperer, machte deutlich, dass besonders der gravierende Mangel an Kommunikation, Information und Transparenz effiziente Innovationen bei der gesamten Implementierung erforderten. Die wachsende Menge an medizinischen Daten bedürfe papierloser und elektronisch gestützter Verarbeitungsverfahren. Die elektronische Gesundheitskarte sei hierbei der "Wasserhahn", durch den die Daten elektronisch transportiert würden und der im Behandlungsfall systematisch und organisiert angezapft werden müsse. Die Telematik greife in ein tradiertes System der Gesundheitsfürsorge ein; es sei deshalb nicht verwunderlich, dass technische Innovationen auf Bedenken und Besitzstände stießen. Dennoch dürften Widerstände die Einführung von telematischen Systemen und einer entsprechenden Infrastruktur nicht weiterhin verhindern, schlie§lich sei die elektronische Weitergabe von Daten im derzeitigen herkömmlichen System mittels E-Mail, Telefon oder Fax auch erlaubt. Datenschutz sollte in jedem Fall zukünftig machbar und bezahlbar sein. Die Möglichkeiten der Vernetzung und Interoperabilität der eingesetzten elektronischen Systeme sei derzeit noch höchst unvollkommen. Einigkeit bestand deshalb darüber, dass es neuer Versorgungssysteme bedarf, die nicht nur datenschutzrechtliche Hürden, sondern auch gravierende technische Inkompatibilitäten ausräumen können sollten.


Rainer Höfer, Leiter IT-Systemfragen/ Telematik, GKV-Spitzenverband


Eyal Lewin, Geschäftsführer der SHL Telemedizin GmbH

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