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Eurobarometer - Europa "von unten"

Wo stehen Europäerinnen und Europäer im Hinblick auf den europäischen Integrationsprozess - aktuelle Zahlen

Eurobarometer 67 legte im Juni 2007 neue Zahlen vor.

06.08.2007 · Sarah Seeger und Layla Yüzen



Bundeskanzlerin Angela Merkel trat am 1. Januar 2007 ihr Amt als EU-Ratspräsidentin mit dem Ziel an, die Europäische Union wieder näher an die Bürger zu bringen. Die Kanzlerin hatte es sich zur Aufgabe gemacht, verloren gegangenes Vertrauen zurück zu gewinnen und die Akzeptanz europäischer Politik zu stärken. Damit reagierte sie auf die "Bürgerferne" der Europäischen Union, die nach den gescheiterten Verfassungsreferenden in Frankreich und den Niederlanden im Frühjahr 2005 angeprangert wurde. Die Distanz zwischen Brüssel und den Bürgern gilt als eine zentrale Ursache des Akzeptanz- und Legitimationsdilemmas der Europäischen Union.

Um die Unterstützung für die europäische Integration wieder zu gewinnen ist, so betont auch Bundeskanzlerin Merkel, eine "Neubegründung" der Europäischen Union nötig. Nur wenn klar vermittelt werden kann, wofür die EU steht und welchen Mehrwert sie gegenüber nationalen Alleingängen bietet, kann die Akzeptanz des europäischen Projekts dauerhaft gesichert werden. Die Europäische Union verfolgt diesbezüglich einen zweigleisigen Ansatz: zum einen soll das "Europa der Ergebnisse" den Bürgern die Europäische Union im Alltag näher bringen. Zum anderen soll eine europäische Wertegemeinschaft geschaffen werden, um das Zugehörigkeitsgefühl zur Union zu stärken.

Doch wie stehen die europäischen Bürgerinnen und Bürger zur Politik der Europäischen Union? Welche Zukunftsszenarien entwickeln sie in Zusammenhang mit der europäischen Politik? Welche Erwartungen und Hoffnungen, aber auch Ängste und Zweifel verbinden sie mit dem europäischen Integrationsprojekt? Und nicht zuletzt: was konnte die deutsche EU-Ratspräsidentschaft mit Blick auf die Akzeptanz europäischer Politik erreichen?

Die Bertelsmann Forschungsgruppe Politik hat zu diesen Fragen Daten gesammelt und aufbereitet, die im Lichte der aktuellen Regierungskonferenz zur Reform des EU-Vertragswerks Europa "von unten" beleuchten und die Positionen der Europäer und Europäerinnen zur europäischen Politik ausloten.

Im aktuellen Eurobarometer 67 ist ein leichter Anstieg der Zustimmung zur Europäischen Union im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Während im Herbst 2006 noch 53 Prozent der EU-weit Befragten angaben, die Mitgliedschaft des eigenen Landes sei eine gute Sache, waren dies im Frühjahr 2007 bereits 57 Prozent. Neben den zahlreichen Bemühungen der europäischen Institutionen, die Politik der EU bürgergerechter zu gestalten, könnte sich hier insbesondere das günstige konjunkturpolitische Klima in den Mitgliedstaaten auswirken. Besonders hervorzuheben ist der Anstieg des Ansehens der Europäischen Union in Deutschland. Während im Herbst 2006 noch 42 Prozent der befragten Deutschen angaben, die EU rufe bei ihnen ein sehr beziehungsweise ein ziemlich positives Bild hervor, waren dies bei der aktuellen Umfrage 52 Prozent. Dies kann nicht zuletzt auf die intensive europapolitische Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zurückgeführt werden.

Erhebliche Differenzen zwischen den EU-Mitgliedstaaten zeigen sich bei den größten Sorgen der Europäer: im europaweiten Durchschnitt fürchten sich die Befragten am meisten vor Arbeitslosigkeit, hohen Lebenshaltungskosten und niedrigen Renten. Diese Angaben täuschen jedoch über die Tatsache hinweg, dass die Europäer je nach nationaler Geschichte und Wertetradition ganz unterschiedliche Sorgen haben. So fürchten beispielsweise die Finnen am meisten um die Versorgung älterer Menschen (51 Prozent), während sich die Dänen und die Esten am meisten vor der Terrorismusgefahr sorgen. In Schweden wiederum sorgt sich die Mehrheit der Befragten um die Umwelt (45 Prozent). Für die Entscheidungsträger der EU dürfte es daher besonders schwierig sein, den verschiedenen Erwartungen und Ängsten gerecht zu werden.

Das Thema Klima- und Energiepolitik steht zwar noch nicht allzu lange an einer Spitzenposition der europäischen Agenda, Ereignisse wie der russisch-ukrainische und russisch-weißrussische Gasstreit zu Beginn der Jahre 2006 und 2007 ließen jedoch die Aufmerksamkeit für die Themen enorm ansteigen. Nicht zuletzt haben dazu auch die Bemühungen der deutschen Ratspräsidentschaft um eine gemeinsame europäische Energiepolitik beigetragen. Immerhin 57 Prozent aller europaweit Befragten gaben an, dass sich die EU mit der globalen Erwärmung befassen sollte. Aus den Umfragen geht jedoch auch hervor, dass die Mitgliedstaaten weiterhin Kompetenzen in diesem sensiblen Politikbereich behalten sollen. 42 Prozent der Befragten sprachen sich dafür aus, dass die nationale Ebene Entscheidungen in diesem Bereich treffen solle. Eine uneingeschränkte Verlagerung der energiepolitischen Zuständigkeiten auf die europäische Ebene wird nicht gewünscht.

Die deutsche Ratspräsidentschaft hatte betont, den Verfassungsprozess der Europäischen Union nachhaltig vitalisieren zu wollen. Das Mandat der Bundesregierung zur Einberufung einer Regierungskonferenz zur Reform der EU-Verträge gibt zwar das Verfassungskonzept auf, übernimmt aber weitestgehend die darin enthaltenen Bestimmungen. Damit entsprach der Ratsvorsitz nicht zuletzt der öffentlichen Meinung in den Mitgliedstaaten. 66 Prozent der Befragten waren im Frühjahr 2007 für eine Europäische Verfassung. Die Zustimmung zur Verfassung stieg damit unter dem deutschen EU-Vorsitz innerhalb eines Jahres um fünf Prozent. In Deutschland ist die Unterstützung für eine Verfassung besonders hoch: 78 Prozent der Befragten wünschen sich einen konstitutionellen Text. Übertroffen wird dieser Wert nur in Belgien (82 Prozent), in Ungarn (79 Prozent) und in Slowenien (80 Prozent).

Wird der Reformvertrag tatsächlich bis zum Ende des Jahres von allen Staats- und Regierungschefs unterzeichnet, muss er die nationalen Ratifikationsprozesse durchlaufen. Dies geschieht in den meisten Ländern parlamentarisch. Lediglich in Irland ist ein Referendum zum geplanten Reformvertrag fest vorgesehen. Die Chancen für ein positives Votum stehen gut - derzeit spricht sich eine deutliche Mehrheit von 62 Prozent der Iren für eine Verfassung aus. Auch die Bürger in Frankreich und den Niederlanden sind trotz ihres "Neins" zum Verfassungsvertrag im Frühjahr 2005 mehrheitlich für eine Verfassung. Die Zustimmung stieg dabei sowohl in Frankreich (nun 68 Prozent statt 60 Prozent im Frühjahr 2005) als auch in den Niederlanden (nun 55 Prozent statt 53 Prozent im Frühjahr 2005). Problematisch könnte ein mögliches Plebiszit in Dänemark oder Großbritannien werden. Hier sprechen sich lediglich 45 beziehungsweise 43 Prozent der Umfrageteilnehmer für eine Verfassung aus.

DIE MITGLIEDSCHAFT IN DER EU

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  1. Das Image der EU
  2. Mitgliedschaft in der EU - eine gute Sache?
  3. Stand der europäischen Integration
  4. Leistungen der EU
  5. Erfolge der EU

EUROPÄISCHE DEMOKRATIE

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  1. Vertrauen in die EU
  2. Ansicht, dass die eigene Stimme zählt
  3. Das Funktionieren der Demokratie in der EU

POLITIKPRIORITÄTEN UND THEMEN

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  1. Die Prioritäten der EU
  2. Bereitschaft zu mehr Europa in diversen Politikfeldern
  3. Die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU
  4. Die gemeinsame Außenpolitik der EU
  5. Vereinheitlichung der Sozialsysteme
  6. Gesellschaftliche Fragen

DIE ZUKUNFT DER EU

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  1. Die EU in 50 Jahren
  2. Die Erweiterung der Europäischen Union
  3. Die mit dem Aufbau Europas verbundenen Ängste

EINE VERFASSUNG FÜR DIE EU

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  1. Grundsätzliche Zustimmung zu einer Europäischen Verfassung
  2. Die Gründe für/gegen die Zustimmung zur Verfassung
  3. Die Flagge der EU

KLIMA UND ENERGIE

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  1. Dringlichkeit der Beschäftigung mit der globalen Erwärmung auf EU-Ebene
  2. Notwendigkeit einer Politik im Bereich der Treibhausgasemissionen
  3. Nukleare Sicherheit
  4. Energiemix
  5. Bereitschaft für erneuerbare Energien mehr zu bezahlen
  6. Entscheidungsebene in Energiefragen
  7. Informationsangebot durch Behörden

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