Kuba nach Castro - Akteure und Szenarien der Transformation
C·A·P Analyse · 5 · 2006
C·A·P Analyse · 5 · 2006
21.09.2006 · Peter Thiery, Arndt Wierheim
Unabhängig davon, ob Fidel Castro nach der krankheitsbedingten Übergabe der Amtsgeschäfte an seinen Bruder Raúl wieder auf der politischen Bühne erscheint, neigt sich das politische Regime Kubas, so wie wir es kennen, seinem biologischen Ende entgegen. Denn früher oder später wird der Mann, der das Schicksal der Karibikinsel seit einem halben Jahrhundert prägt, nolens volens in den politischen Ruhestand abtreten müssen. Auch sein Bruder, der nur fünf Jahre jünger ist, bietet nicht eben das, was man eine Langzeitperspektive nennt. So oder so drängt sich die Frage auf, welche Entwicklung Kuba politisch, ökonomisch und sozial dann nehmen wird.
Wie in den meisten Fällen, wenn Staaten vor einem Wandel ihrer Systemidentität stehen, sind Prognosen über den weiteren Regimeverlauf schwierig. Denn mit diesem Wandel verändern sich schlagartig auch die bis dahin gültigen politischen Spielregeln, ohne dass deren neue Konfiguration und Wirksamkeit klar vorhergesagt werden können. Prognosen kommen einer Gleichung mit mehreren Unbekannten gleich. Im Fall Kubas spielen sowohl interne als auch externe Faktoren gleichermaßen eine Rolle, von denen jeder für sich als veränderbar gelten muss.
Mit einiger Wahrscheinlichkeit ist nur auszuschließen, dass Kuba Regimekollaps, Staatszerfall oder gar Bürgerkrieg drohen. Andererseits dürfte sich Kuba aber auch nicht rasch zu Demokratie und Marktwirtschaft wandeln. Vielmehr steht dem Land ein langwieriger Wandlungsprozess vor. Dies liegt im Kern daran, dass vom jetzigen Standpunkt aus betrachtet alle relevanten Akteure letztlich an Stabilität interessiert sind, selbst wenn sie diese sehr unterschiedlich definieren. In der Folge wird der Wandel auch stärker von innen heraus als von außen bestimmt sein.
Eine weiter reichende Prognose geht davon aus, dass die Kommunistische Partei Kubas, gestützt auf ein loyales Militär, zunächst erfolgreich die politische Stabilität bewahrt. Unter ihrer Kontrolle wird ein Transformationsmodell eingeleitet, das dem Chinas oder Vietnams ähnelt. Für eine Übergangszeit, deren Dauer stark von der internationalen Situation abhängt, wird dieses Modell auch Bestand haben. Danach werden aber zwangsläufig Konflikte innerhalb der Staatseliten aufbrechen, während die Opposition ein klareres Profil erworben haben dürfte. Erst im Gefolge derartiger Entwicklungen wird wohl die eigentliche Transition auf Kuba beginnen: ein hinreichend langer Zeitraum, damit zum Beispiel die Europäische Union einen stärkeren Einfluss auf die kubanische Entwicklung nehmen kann als bisher.
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