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EU-Russland-Gipfel

Neue Partnerschaft in Sicht? Die EU und Russland gehen aufeinander zu - Im Gespräch mit Mirela Isic

Von Marion Böhm

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14.11.2008 · heute.de



Nähern sich die Europäische Union und Russland wieder an? Wegen des Kaukasus-Konflikts waren die Gespräche über ein neues Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und Russland zunächst unterbrochen worden. Nun will die EU mit Russland wieder verhandeln. Herrscht jetzt wieder eitel Sonnenschein?

Die Europäische Union und Russland versuchen einen Neuanfang. Nachdem die Beziehungen zwischen der EU zum russischen Nachbarn in den letzten Wochen immer frostiger geworden waren, wurden die Gespräche zwischen Brüssel und Moskau über ein neues Partnerschaftsabkommen zunächst gestoppt. Schuld an der Eiszeit waren das geplante US-Raketenabwehrschild in Tschechien und Polen, der Kaukasus-Konflikt oder auch die russische Drohung Kurzstreckenraketen in Kaliningrad zu stationieren.

Die Verhandlungen wurden aus gutem Grund unterbrochen, sagt auch Mirela Isic, Russland-Expertin des Centrum für Angewandte Politikforschung (C·A·P): "Die Verhandlungen mussten unterbrochen werden wegen Russlands militärischen Vorgehens in Georgien: Die Europäische Union musste reagieren, auch weil sie schon relativ früh gesagt hat, dass sie die territoriale Souveränität Georgiens wahren wolle. Hier hatte die EU keine andere Wahl, als die neuen Verhandlungen zum Partnerschaftsabkommen erst einmal auszusetzen."

Energie für Europa

Doch nun soll wieder verhandelt werden, denn Europa kann nicht auf Russland als wichtigen politischen und wirtschaftlichen Partner verzichten. Besonders in Energiefragen muss man sich einig werden: "Die EU ist an einer sehr langfristigen Energielieferung aus Russland interessiert. Die Energielieferungen aus Russland umfassen etwa rund 25 Prozent aller Öl- und Gaslieferungen in der EU. Und Russland selbst braucht auch diese Nachfrage, Russland ist damit ebenfalls an Verträgen interessiert, denn das Land braucht auch Abnehmer für seine Öl- und Erdgaslieferungen", so Isic. Russland als verlässlicher Energielieferer und die EU als verlässlicher Energieverbraucher - dies könnte im Partnerschaftsabkommen verbindlich in einem Energiekapitel festgeschrieben werden.

Einig werden wird man sich wohl auch bei den Wirtschaftsfragen. Sowohl die Mitgliedesländer der EU, als auch Russland sind von der Finanzkrise getroffen. Beide wollen ihre Finanzsysteme anpassen, um dadurch auch die ausländischen Direktinvestitionen anzukurbeln. Auch die Handelsbeziehungen sind eng: Russland ist der drittgrößte Wirtschaftspartner der EU nach den USA und China.

Lange Wunschliste

Mehr Dialog, Zusammenarbeit in Wissenschaft und Umwelt, Verbrechensbekämpfung und Kultur werden weitere Gesprächsthemen zwischen Russland und der EU sein, schon alleine deshalb, weil sie laut Isic "einfacher im Partnerschaftsabkommen zu verankern sind" als zum Beispiel Sicherheitsfragen oder Demokratieverständnis.

Russland andererseits will mehr Reisefreiheit, die Teilnahme an den Wissenschafts- und Bildungsprogrammen der EU und die Schaffung einer Freihandelszone mit der Europäischen Union. "Russland versucht bereits seit Jahren Visa-Freiheit für seine Bürger zu erwirken. Das wäre auch ein Inhalt des Partnerschaftsabkommens geworden, wenn nicht der Kaukasuskrieg ausgebrochen wäre", sagt Isic. Doch Brüssel braucht Spielraum: "Die EU behält sich die Visa-Frage nun taktisch vor, sie wird diesen Punkt als Verhandlungsansatz nutzen."

Keine Vorbedingungen

Die Gespräche über ein neues Partnerschaftsabkommen sollen ohne Vorbedingungen geführt werden. Fast alle EU-Mitgliedsstaaten sehen die erneute Aufnahme der Verhandlungen positiv. Zumal so verhindert werden soll, dass Russland mit einzelnen Ländern bilaterale Abkommen abschließt, statt die EU als einen gemeinsamen Partner wahrzunehmen.

Einfach werden die Gespräch jedoch nicht. Denn fest steht schon jetzt: Bei den aktuellen Gesprächen hat die EU eine andere Position als noch 1997, als das letzte Partnerschaftsabkommen verhandelt wurde. "Damals stand Russland vor einer Wirtschaftskrise. Doch seitdem ging es wirtschaftlich stetig bergauf durch die Finanzmittel aus Energievorkommen und zahlreiche Unternehmensneugründungen. Daher werden Russland und die EU nun als anders gewertete Partner am Tisch sitzen", erklärt Mirela Isic. "Was der EU nach dem Kaukasuskonflikt sehr klar geworden ist: Russland hat enorm an Selbstbewusstsein in den letzten Jahren gewonnen und wird dieses Selbstbewusstsein auch bei den Verhandlungen um ein neues PKA zeigen."

Partnerschaft auf Augenhöhe

Das hat auch der Konflikt im Kaukasus gezeigt. Russlands selbstbewussten militärischen Einmarsch in Georgien konnte die EU nicht tatenlos hinnehmen. Die französische Ratspräsidentschaft unter Nicolas Sarkozy verhandelte und verlangte, dass sich die russischen Truppen zurückziehen - diese Forderung sieht sie nun laut Sarkozy fast erfüllt und ist daher bereit für eine neue Partnerschaft auf Augenhöhe. Der Kaukaus-Konflikt wird damit jedoch nicht ad acta gelegt. Die EU will die weiteren Entwicklungen strengstens beobachten, heißt es aus Brüssel.

Auch die drohende Aufrüstung in Europa mit einem US-Raketenabwehrschild in Tschechien und Polen einerseits und möglichen russischen Raketen in Kaliningrad andererseits könnte im Zuge des Partnerschaftsabkommens gelöst werden. "Wenn beide Parteien daran arbeiten und ein deutliches gemeinsames Interesse an dem Abkommen haben, dann könnte das Partnerschaftsabkommen bis 2010 ausgehandelt werden", schätzt Isic. Es wäre ein deutliches Signal der Entspannung zwischen der Europäischen Union und Russland.


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