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Beteiligung und Ombudschaft – Rechte junger Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe

Erster Jugendhilfetag in Landshut am 10.11.2020

13.11.2020 · C·A·P



Junge Menschen und Beteiligung – zweifelsohne wichtig, doch wie kann das gelingen? Diese Frage stellt sich nicht nur der politische Diskurs, sondern auch die Kinder- und Jugendhilfe. Zu diesem Anlass lud die Hochschule Landshut in Partnerschaft mit dem Bundesnetzwerk Ombudschaft Kinder- und Jugendhilfe am 10. November 2020 zum ersten Jugendhilfetag im digitalen Format auf Zoom ein.

Unter dem Titel „Beteiligung und Ombudschaft – Rechte junger Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe“ erörterten sieben Referent*innen gemeinsam mit 51 Teilnehmenden aus sozialen Einrichtungen, der Wissenschaft und der Politik den aktuellen Stand der Jugendhilfe in Bayern, Ressourcen und Bedarfe zur bessern Beteiligung von jungen Menschen. Ein Fokus lag dabei auf Care Leaver*innen, welche meist mit 18 Jahren die Jugendhilfe verlassen und dann, auf sich allein gestellt, vor enormen Herausforderungen stehen, das ohnehin schwere Leben alleine bewältigen zu müssen. Staatliche Strukturen fehlen, um ausreichend Hilfestellung zu leisten. Es waren zwei Care Leaverinnen aus Sachsen nach Landshut angereist, um zu dieser Thematik einen Input zu geben und die Debatten aus ihrer Sicht zu kommentieren. Die Hochschule Landshut ermöglichte unter der Moderation von Prof. Dr. Mechthild Wolff der sozialen Fakultät einen Dialog zwischen verschiedenen Akteur*innen und gab dadurch neue Impulse zur Verbesserung der Teilhabe junger Menschen in der Jugendhilfe.

Anlässlich der deutschen EU-Ratspräsidentschaft richteten die Teilnehmenden gemeinsam Eva Feldmann-Wojtachnia (Forschungsgruppe Jugend und Europa am C·A·P) zunächst den Blick nach Europa. Ganz im Sinne der digitalen Beteiligung forderte sie das Publikum zu Beginn ihres Vortrags zum Thema "Beteiligungsrechte aus europäischer Perspektive" interaktiv heraus, Partizipationsmöglichkeiten in der Europäischen Union zu benennen und sich an kurzen Umfragen zu folgenden Fragen zu beteiligen: Tut die EU genug für junge Menschen? Welche Möglichkeiten der Partizipation bieten sich überhaupt? Schnell wurde klar: es gibt weitaus mehr Partizipationsinstrumente als Petitionen und Wahlen, um die europäische Politik mitzugestalten. Im weiteren Verlauf des Vortrags wurde deutlich, dass Partizipation zwar auch eine kritische Auseinandersetzung und Beschwerden umfasst, aber auch stets ein gewisses Maß an Eigeninitiative erfordert. Anhand von praktischen Beispielen erläuterte Eva Feldmann-Wojtachnia die verschiedenen Beteiligungsmöglichkeiten in der EU, praktische Hinweise gab sie unter anderem zum Europäischen Solidaritätskorps und zur Europäischen Bürgerinitiative - zwei bis dato den meisten Teilnehmenden unbekannten Beteiligungsformen auf europäischer Ebene.

Nach dem politikwissenschaftlichen und europapolitischen Einstieg gewährten auch die nachfolgenden Referent*innen spannende Einblicke in ihre Arbeit. So erläuterte Dr. Tanja Rusack von der Universität Hildesheim die Ergebnisse einer bundesweiten Online-Befragung zum Thema Jugend und Corona. Sie betonte dabei das große Bedürfnis der Jugend, gehört zu werden, welches sich auch durch die außerordentlich hohe Beteiligung von über 5000 Einsendungen offenbarte. Eine weitere Perspektive gewannen die Zuschauer*innen durch den Vortrag der SPD-Bundestagsabgeordneten Ulrike Bahl, welche den rechtlichen Rahmen in der systemrelevanten Jugendhilfe und die geplanten Änderungen zur SGB VIII-Reform thematisierte. Einen eindrücklichen Schwerpunkt der Veranstaltung bildete der Vortrag zweier Care Leaverinnen aus Sachsen, indem sie ihre Erfahrungen mit dem Jugendhilfesystem teilten. In Zusammenarbeit mit dem Sozialpädagogen Björn Redmann berichteten sie über die Anlaufstelle "House of Dreams" für Betroffene in Sachsen, welche sie aufgebaut haben. Durch ihr motivierendes Erfolgsbeispiel dürften sie auch in Bayern den Grundstein für den Aufbau einer ähnlichen Vereinsstruktur gelegt haben. Nach einer kurzen Vorstellung des Vereins „Ombudsstelle für die Kinder- und Jugendhilfe in Bayern" und Einblicke in die dortige Arbeit durch Thomas Bärthlein beendete Prof. Dr. Mechthild Wolff den ersten Jugendhilfetag mit einer gemeinsamen Diskussionsrunde.

Zwischen den diversen politischen, sozialen, praktischen und theoretischen Blickwinkeln gelang ein fruchtbarer und authentischer Austausch. Schlussendlich waren sich alle Teilnehmenden in dem Punkt einig, dass junge Menschen - besonders in den erschwerten Zeiten von Corona auch auf digitale Weise - mehr beteiligt werden müssen, um ihre Anliegen zu Gehör zu bringen. Exemplarisch für gelungene Partizipation stehen die Synergien und neuen Ideen, welche der erste Jugendhilfetag in Landshut ermöglichte. 

Bericht: Liliane Vettori; sie studiert "Management Sozialer Innovationen" an der Hochschule München und absolviert derzeit ein online Praktikum am C·A·P.


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