Planspiel "Plenarsaal" bringt Politik in die Schule
Neutraublinger Gymnasiasten verabschiedeten Gesetz für kleinere Klassen und mehr Lehrer
02.12.2009 · Donau-Post
Bei den Schülern der Klassen 10c
und 10e des Gymnasiums Neutraubling
beginnen die Köpfe zu
rauchen. Welche Argumente sprechen
für eine längere gemeinsame
Grundschulzeit? In welchen Stufen
könnten Klassenstärken verringert
werden? Das Planspiel "Der Landtag
sind wir!", begleitet von Geschichtslehrer
Markus Lunzer und
drei pädagogisch erfahrenen Betreuern
der Forschungsgruppe Jugend
und Europa am Centrum für
angewandte Politikforschung (C·A·P)
der Ludwig-Maximilians-Universität
München nimmt seinen
Lauf. Dabei sind Bettina Seitz, Kristin
Richter und Marco Heuer positiv
überrascht vom Einsatz der Zehntklässler,
den diese über vier Stunden
lang in die praxisnahe Lehrstunde
in Sachen Politik mit einbringen.
"Wichtiger als die eigentlichen Inhalte
ist dabei, dass die Schüler ein
reales Gesetzgebungsverfahren
nachspielen, vom Entwurf über die
Debatte in den Fraktionen und Ausschüssen
bis zur Abstimmung im
Plenum", berichtete die Referentin
von C·A·P in einer ruhigen Minute.
Immer wieder geben sie und ihre
beiden Kollegen den Schülern Anleitung
und Hilfestellung, wie es genau
weitergeht von der schriftlichen
Stellungnahme im beratenden Ausschuss
zur Erarbeitung von Reden in
den Fraktionen für die abschließende
Plenardebatte.
Echte Politiker geben Tipps
Spätestens als die "echten" Landtagsabgeordneten
Thomas Dechant
(FDP), Maria Scharfenberg (Bündnis
90/Die Grünen), Tanja Schweiger
(Freie Wähler) und Margit Wild
(SPD) zu "ihren" Fraktionen stoßen,
haben die Schüler bereits grundlegende
Positionen diskutiert, größtenteils
sachorientiert und konstruktiv,
aber natürlich auch mit einer
guten Portion Humor. Denn die
Schüler, ausgestattet mit fiktiven
Politikerlebensläufen, haben sich
für ihre Abgeordnetenrollen teils
witzige Fantasienamen ausgewählt,
darunter Jogi Schön, Dr. Gerlinde
von Laber oder Rocky Balboa.
Die echten Abgeordneten haben
für ihre jungen Parteikollegen natürlich
in erster Linie ernsthafte und
interessante Tipps auf Lager: So formulieren
die Grünen auf Anregung
von Maria Scharfenberg einen Änderungsantrag
des Schulreformgesetzes
für die Plenardebatte und
Thomas Dechant berät seinen Fraktionsvorsitzenden
Guido Westerwelle
alias Hans Friedl zur Auswirkung
der Mehrheitsverhältnisse im
Landtag.
Dann folgt die abschließende Sitzung
im Plenum, das wie im echten
Landtag den Parteienproporz abbildet.
Die Fraktionsvorsitzenden jeder
Partei nehmen noch einmal Stellung.
Bei der eigentlichen Abstimmung
lehnen die Schüler schließlich
den Änderungsantrag der Grünen
ab, ebenso wie Teile des ursprünglichen
Gesetzentwurfs zur Abschaffung
des Sitzenbleibens und der
Verlängerung der gemeinsamen
Grundschulzeit. Beschlossen hingegen
wird vom Plenum mit großer
Mehrheit die Verringerung der Klassenstärken
auf maximal 25 Schüler
für alle Schularten und die Schaffung
von 8500 neuen Lehrerstellen.
Anschließend stehen die wirklichen
Parlamentarier den Schülern
natürlich Rede und Antwort. Was
halten die Landtagsabgeordneten
vom G8, will ein Schüler wissen und
erhält durchweg kritische Antworten.
Auf die Frage, wie der Alltag
eines Landtagsabgeordneten aussieht,
erfahren die Zehntklässler
hautnah von Sitzungstagen und Bürozeiten,
Verbandsarbeit und Terminüberschneidungen.
Erfreulich
authentisch berichten die Volksvertreter
dabei von ihrem Bemühen um
persönliche Authentizität und Nähe
zu den Wählern.
Die Zufriedenheit der Schüler ist am Ende dieses etwas anderen Schultags spürbar. Lehrkraft Markus Lunzer bedankte sich wie auch Schuldirektor Alfred Krinner für die erfolgreiche Initiative des Bayerischen Landtags, in Gestalt dieses Planspiels Schülern politische Entscheidungsprozesse näher zu bringen.
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