"Das Charisma wächst mit dem Amt"
Die CSU nach dem Stabwechsel von Edmund Stoiber zu Erwin Huber und Günther Beckstein
16.12.2007 · Kölnische Rundschau
Die neue CSU-Spitze hat in der veröffentlichten Meinung bisher keine guten Noten bekommen. Geschieht Günther Beckstein und Erwin Huber Unrecht?
Die Ära Stoiber hatte sicher historisches Format. Nach einer solchen Ära steht man vor der Alternative: Kontinuität oder Wandel. Beides muss die Nachfolgegeneration bieten. Beckstein hat besonders die Kontinuität betont. Automatisch kommt von Opposition und den Medien die Kritik, wo denn der Wandel bleibe. Hätte Beckstein den Wandel betont, wäre er kritisiert worden, weil er sich von der großen Erfolgsära Stoiber so schnöde absetzt. Die Kontinuität zu betonen ist zunächst einmal kein Fehler. Um den Wandel stärker zu akzentuieren bleibt Beckstein Zeit bis zur Landtagswahl. Ich würde ihm auch raten, einen Zukunftsakzent zu setzen, der die Menschen bewegt. Insgesamt halte ich dieses Timing Becksteins für richtig.
Ex-Kanzler Schröder spottete, Stoiber sei Bundesliga gewesen, jetzt komme "Kreisklasse" in der CSU. Hat er Recht?
Dabei wird übersehen, dass Beckstein und Huber auch schon "Championsleague-Erfahrungen" haben. Sowohl Beckstein wie Huber haben auf Bundesebene eine beachtliche Rolle gespielt. Beckstein als sicherlich profiliertester Landespolitiker im Bereich der inneren Sicherheit, Huber hat das Wahlkampfprogramm von Merkel sehr stark mitgestaltet. Huber wurde die Leitung des Kanzleramts angeboten. Beide sind beachtliche politische Gewichte auch auf Bundesebene. Jetzt kommt es darauf an, wie sie das zur Geltung bringen. Beide haben mindestens soviel bundespolitische Erfahrung und Gewicht wie Stoiber in seiner Anfangszeit.
In der Politik geht es auch um Charisma. Stoiber hatte es wohl, können es Beckstein und Huber noch entwickeln?
Zu den Wahlerfolgen Stoibers haben auch positive Ausstrahlungen von Beckstein und Huber beigetragen. Ihnen kann man nicht von vornherein Charisma absprechen. Das Charisma wächst mit dem Amt. Das können Sie an allen Spitzenpolitikern beobachten. Auch Kanzlerin Merkel ist kritischer beobachtet worden als sie noch nicht Kanzlerin war. Solange Helmut Kohl Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Oppositionsführer war, wurde er höchst kritisch beurteilt. Die CSU hat einen geschickten Schachzug vollzogen, indem sie die Nachfolge Stoibers auf zwei Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Talenten verteilt. Das ist eigentlich ganz clever.
Doppelspitzen haben so ihre Tücken ...
Eine Doppelspitze kann schief gehen, wenn sie zu einer Art tagespolitischer Konkurrenz verkümmert. Die Ausgangslage für Beckstein und Huber ist gut, weil es nicht um die Frage geht, wer Nachfolger von dem anderen wird. Beide haben Erfolg oder Misserfolg und erst danach stellt sich die Nachfolgefrage, aber nicht im Sinne der Konkurrenz zwischen den beiden. Das ist eine durchaus idealtypische Ausgangslage für ein Erfolgsmodell. Aber es hängt vom Verhalten der beiden ab.
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