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Deutsch-Spanisches Forum 2011

Deutsch-spanische Beziehungen im Stresstest der globalen Herausforderungen

Ökonomische und politische Tsunamis als Bewährungsprobe des alten Kontinents

02.05.2011 · C·A·P




C·A·P-Direktor Prof. Dr. Werner Weidenfeld beim festlichen Defilee mit Bundespräsident Christian Wulff und seiner Majestät, König Juan Carlos I. im Amtssitz des deutschen Bundespräsidenten, Schloss Bellevue in Berlin.

Wie alle Staaten der Welt haben die globalen politischen und weltwirtschaftlichen Herausforderungen der letzten zehn Jahre die EU in besonderer Weise herausgefordert. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts waren dies besonders:

  1. der Milleniumswechsel und die Befürchtungen eines IT-Overkills;
  2. der fürchterliche Terroranschlag vom 11. September 2001 auf die USA;
  3. die Immobilien-, Finanz- und Wirtschaftskrise 2007 bis 2010;
  4. die Revolutionswellen im Nahen Osten und Maghreb 2010/2011;
  5. der reale Tsunami und die aktuelle Reaktorkatastrophe in Fukushima in Japan.

Isabel Tocino Biscarolasaga von der Banco Santander leitete mit dieser verdichteten und dramatischen Listung das 6. Deutsch-Spanische-Forum, heuer wieder in der Repräsentanz der Würth-Gruppe in Berlin veranstaltet, ein. Das Forum fand am 7./8. April 2011 erneut unter der bewährten Leitung der beiden Präsidenten des Forums, Gerd Schulte-Hillen und Bernardo Cremades, in Berlin statt. Im Rahmen der malerischen Kulisse der Repräsentanz am Wannsee in Berlin versammelte es rund 150 Spitzenvertreter der deutschen und spanischen Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft. 2011 wurde das Forum vom Centrum für angewandte Politikforschung (C·A·P) an der Ludwigs-Maximilians-Universität München unter Leitung seines Direktors Prof. Werner Weidenfeld zusammen mit der Fundacion ICO (Madrid) und der gemeinnützigen Stiftung Würth organisiert. Engagiert unterstützt wurde die Veranstaltung von der Bosch Stiftung, der Deutschen Bank, Airbus S.A.S und Air Berlin.


Die Co-Präsidenten des Forums, Bernado Cremades und Gerd Schulte-Hillen (v. l. n. r.) vor der Repräsentanz der Würth-Gruppe in Berlin am Wannsee.


Gerd Schulte-Hillen, Co-Präsident des Forums, bei der Eröffnung der Veranstaltung.


Das Plenum des Forums am Eröffnungstag

Zum Auftakt referierten der deutsche Außenminister Dr. Guido Westerwelle sowie seine Amtskollegin Trinidad Jiménez Garcia-Herrera zusammen mit Isabele Tocino Biscarolasaga und dem ehemaligen Präsidenten des Europäischen Parlaments und heutigen Vorsitzenden der Konrad-Adenauer-Stiftung, Dr. Hans-Gert Pöttering über die aktuellen europäischen und internationalen Dispositionen in der EU. Im Rahmen einer als ausgezeichnet empfundenen bilateralen Beziehung zwischen Deutschland und Spanien wurden dabei bereits zu Beginn hohe Erwartungen an die Führungsqualitäten Deutschlands geäußert. Dies bezog sich in herausragender Weise auf die Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise, die sich als zentrales Thema des diesjährigen Forums erwies. Vor diesem Hintergrund verwiesen sowohl  Jiménez Garcia-Herrera als auch Westerwelle darauf hin, dass sich die internationalen Entwicklungen zwar in einem atemberaubenden Tempo vollzögen, dass es aber zur europäischen Integration im allgemeinen und in der währungspolitischen Zusammenarbeit mit Hilfe des Euro im speziellen keine Alternative gebe. Es müsse für alle Länder im Euro-Raum austarierte Lösungen geben, die die europäische Solidarität innerhalb der europäischen „Transferunion“ zwar herausfordern, die aber von allen Ländern geleistet werden könnten.


Die Teilnehmer des ersten Panels, Isabel Tocine Biscarolasaga, Banco Santander, Ministerin für Umwelt a. D., C·A·P-Direktor Prof. Dr. Werner Weidenfeld, Trinidad Jiménez Garcia-Herrera, Außenministerin Spaniens, Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen in Deutschland, und Dr. Hans-Gert Pöttering MdEP, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung, Berlin (v.l.n.r.).


Bundesaußenminister Dr. Guido Westerwelle reflektierte die strategische Partnerschaft Deutschlands und Spaniens mit Blick auf aktuelle Herausforderungen innerhalb der Europäischen Union.

In diesem Sinne forderten auch Peer Steinbrück, ehemaliger Bundesfinanzminister der Bundesrepublik Deutschland sowie Vertreter der deutschen Wirtschaft und der Europäischen Zentralbank einen strikten Konsolidierungskurs, der nachhaltige Impulse setzen muss. Insbesondere der SPD-Politiker Steinbrück fand mit Blick auf die politische Aufstellung Europas klare Worte. Er stellte fest:

  1. Die europäische Lissabon-Strategie für mehr Wettbewerb und Arbeit fasse nicht;
  2. Viele Mittel gingen nur in die Gemeinsame Agrarpolitik und eben nicht in die gemeinsame Forschungs-, Technologie- oder Telekommunikationspolitik, was Europas Wettbewerbsfähigkeit nicht stärke;
  3. Viele Fragen von Zuständigkeiten in der EU seien trotz des Vertrags von Lissabon immer noch ungeklärt, und
  4. Europa habe auch in Bezug auf die revolutionären Entwicklungen im Mittleren Osten und in Nordafrika einfach kein klares Konzept.

Vor diesem allgemeinen Hintergrund einer politisch schwachen Konzeption kritisierte Steinbrück zusätzlich die europäische Finanz- und Wirtschaftspolitik. Die Finanzkrise habe gezeigt, dass es keine Euro-Krise gebe, sondern eine Refinanzierungskrise in einigen Staaten der Union. Dabei sei diese Refinanzierungskrise in Staaten wie Griechenland, Irland, Spanien oder Portugal sehr unterschiedlich fundiert. Während in Spanien eine Immobilienblase geplatzt sei, wären in Griechenland fundamentale strukturpolitische Gründe für die bestehenden Schwierigkeiten verantwortlich, was man politisch sensibel zu differenzieren habe. Insgesamt forderte Steinbrück zu erwägen, ob nicht eine Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte von 0,05 Prozent sinnvoll sei, die etwa 11 Mrd. EUR bereitstellen könnte, um die Auswirkungen solcher Krisen zu lindern. Dies sei im Übrigen nicht nur ein finanzpolitisches Signal, sondern könnte gegenüber der politischen Öffentlichkeit in Europa zeigen, dass insbesondere der Passivität der Privatbanken sowie die Gefahren rechtspopulistischer Versuchungen zur Ausnutzung der Krise von staatlicher Seite begegnet würden. Er forderte zudem eine Umschuldung mit Blick auf besonders belastete Staaten wie Griechenland, um mit der Finanzkrise konstruktiver umzugehen.

Letzterer Punkt löste eine Kontroverse mit den anwesenden Bankern der Privatwirtschaft bzw. der Europäischen Zentralbank (EZB) aus. Steinbrück griff die EZB an: Sie argumentiere nur deshalb gegen eine Umschuldung für Griechenland - die er befürwortet - weil sie mittlerweile zu einer Art Bad Bank für Staatsanleihen geworden sei. Sie halte mehr als 70 Milliarden Euro an Staatsanleihen der notleidenden Euro-Länder, vor allem Griechenlands. Unter einem Schuldenschnitt würde sie deshalb selber leiden, ein Argument, dass die anwesenden Vertreter der Bank, Dr. Gertrude Tumpel-Gugerell und José Manuel González Páramo, nicht gelten lassen wollten. Insbesondere González wies darauf hin, dass die lauten Forderungen nach einer sofortigen Umschuldungen nur von den Strukturreformen ablenkten, zu denen sich Griechenland verpflichtet habe. Das mit EU und IWF vereinbarte Reformpaket habe Gesetzeskraft, das könne man nicht einfach mit der Hoffnung auf eine Umschuldung in den Hintergrund drängen: Die Regeln seien da, um befolgt zu werden, damit sollten alle einverstanden sein, vor allem in Berlin. Insbesondere González verwies erneut darauf, dass es keine Euro-Krise gebe sondern, in der Tat, eine Refinanzierungskrise sowie gravierende arbeitsmarkt-, struktur- und sozialpolitische Kompensationsdefizite, die die einzelnen Staaten nun selbst zu beseitigen hätten.


Panel zur europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik: Francisco González Rodríguez, Präsident Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, Peer Steinbrück, Prof. Dr. Jürgen Donges, Universität Köln, José Manuel González Páramo und Dr. Gertrude Tumpel-Gugerell, beide Mitglieder des Direktoriums Europäische Zentralbank und Jürgen Fitschen, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bank (v.l.n.r.).


Der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück legte in klaren Worten sein Konzept zur Überwindung der europäischen Finanzkrise und der deutschen Überschuldung dar.

Weitere Themen des Forums waren die europäische Unternehmenskultur sowie das Verhältnis der EU zu den Schwellenländern. Zwei bemerkenswert besetzte Panel thematisierten damit die Wettbewerbsfähigkeit Europas mit Blick auf die anwachsende Konkurrenz der Schwellenländer und hier insbesondere der so genannten BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China). Die Chefs von Siemens und Airbus, Peter Löscher und Dr. Thomas Enders, erläuterten die Zielsetzungen ihrer Häuser in dieser Hinsicht und wiesen detailliert auf Maßnahmen hin, die zu einer europäischen Kooperation im Industriebereich führen müssten, da die weltweite Konkurrenz immer mehr auch High-Tech Bereiche wie etwa die Medizintechnik oder den Flugzeugbau erfasse. Die Innovationsministerin Spaniens, Christina Garmendia Mendizábal, griff hier dezidiert den Aspekt des Erfindungsreichtums und einer intelligenten Vermarktung innovativer Produkte und Dienstleistungen für die Konkurrenzfähigkeit europäischer Unternehmen auf und betonte wie EU-Kommissar für Wettbewerb, Joaquín Almunia, die besondere regulatorische Verantwortung der europäischen Staaten und der EU.


Diskutierten die europäische Unternehmenskultur und Innovationskraft Europas: Peter Löscher, Vorstandsvorsitzender der Siemens AG, München, Joaquín Almunia, Vizepräsident und Kommissar für Wettbewerb der Europäischen Kommission, Brüssel, Moderator Enrique Barón Crespo, Präsident des Europäischen Parlaments a. D., Chistina Garmendia Mendizábal, Ministerin für Wissenschaft und Innovation Spaniens und Dr. Thomas Enders, CEO Airbus S.A.S., München/ Ottobrunn (v.l.n.r.).


Die spanische Ministerin Chistina Garmendia Mendizábal bei ihren Ausführungen zu der Wettbewerbsfähigkeit Spaniens und Bedeutung von Innovationen für das Land.

Diese Aspekte sind für Europa in Zukunft von vitaler Bedeutung. Prof. Dr. Thomas Straubhaar, Chef des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) hob hier mit Blick auf die Wachstumsdynamik der BRIC-Staaten insbesondere die gravierenden Probleme des demographischen Wandels hervor. Deutschland, Spanien und alle Länder der EU müssten sich mit ihren schrumpfenden und alternden Bevölkerungen als Thema auseinander setzen. Hierbei sei das Problem des gewollten Zuzugs hoch qualifizierten Personals und der Abweisung von gering oder gar nicht qualifizierten Menschen ein politisch hoch dramatisches Problem. Gleichzeitig werde die globale Energieversorgung und der Zugriff auf strategisch wichtige Rohstoffe ein brisantes Thema. Dr. Manfred Gentz, Präsident der International Chamber of Commerce (ICC), sowie Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle gingen auf diese Themen ein. Insbesondere Gentz verwies auf die geregelten Verhaltensweisen im Rahmen der World Trade Organization (WTO). Obwohl die Doha-Runde noch immer nicht verbindliche Regeln für den Handel mit Produkten oder Dienstleistungen erfolgreich zu Ende verhandelt hat, seien die dort thematisierten Probleme nach wie vor evident und müssten nun erledigt werden. Dies beziehe insbesondere Fragen des geistigen Eigentums, freier Handelswege sowie faire Verhaltensweisen im gegenseitigen Handel zwischen EU und Schwellenländern ein. Insgesamt verlange der sich verschiebende Wettbewerb faire und veränderte Regularien und Verhaltensweisen, was auch Bundeswirtschaftsminister Brüderle in seinem Plädoyer für eine künftige Wirtschaftspolitik forderte.


Dr. Manfred Gentz, Präsident International Chamber of Commerce (ICC), Rainer Brüderle, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Moderator Ínigio Méndez de Vigo y Montojo, MdEP, Darío Valcárcel Lezcano, CEO, Estudios de Política Exterior S.A., und Prof. Dr. Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) (v.l.n.r.).


Der deutsche Wirtschaftsminister Brüderle bei seinem Statement zur wirtschaftlichen Rolle Deutschlands in der weltweiten Arbeitsteilung.

Das deutsch-spanische Forum fand statt im Haus der Würth-Gruppe am Wannsee in Berlin. Es wurde gefördert von der Würth-Stiftung, der Bosch Stiftung, der Airbus S.A.S, Air Berlin und der Deutschen Bank. Die BMW-Vertretung in Berlin stellte zusätzlich den Fahrservice mit Limousinen des Konzerns und zusätzlichen Bussen des Unternehmens VIP-Travel bereit.


Die Tagungsstätte: das Haus der Würth-Gruppe in Berlin

Das festliche Dinner des Forums am 7. April 2011 fand im „schicksten Bistro“ der Stadt (Eigenwerbung), der Gendarmerie statt.

Co-Präsident Gerd Schulte Hillen sowie Joachim Hunold, Vorstandsvorsitzender Air Berlin (beide vor dem Gemälde v.l.n.r.) im Restaurant Gendarmerie am Gendarmenmarkt in Berlin. Im Hintergrund das Gemälde „Bacchanal“ des kanadischen Künstlers Jean-Ives Klein. Gastgeber des Abends war Air Berlin.


Irene Schulte-Hillen bei der Vorstellung des musikalischen Begleitprogramms.


Untermalten das Forum musikalisch hervorragend: ein Streicher-Ensemble der von Irene Schulte-Hillen geleiteten Deutsche Stiftung Musikleben ...


... und unterhielt das Publikum mit „Launigem“ zur unterschiedlichen Mentalität von Deutschen und Spaniern: Dr. Paul Ingendaay, Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) in Madrid.


Der deutsche Botschafter in Madrid, Reinhard Silberberg, folgte konzentriert den Ausführungen der Referenten zur Rolle der deutsch-spanischen Beziehungen in Europa.

Die BMW-Vertretung in Berlin stellte kostenlos Luxuslimousinen der 7er Reihe für die Teilnehmer des Forums als Teil des Sponsorings zur Verfügung.


Gut gelaunter Hausherr und Leiter der Würth-Repräsentanz in Berlin, Manfred Kurz, und Co-Präsident des Forums, Bernardo Cremades, im Gespräch vor der Ankunft von Bundesaußenminister Dr. Guido Westerwelle am Donnerstag, 7. April 2011.

Umrahmt wurde das Forum von einer Reihe von gesellschaftlichen Events, deren Höhepunkt am Donnerstag, den 7. April, der Lunch auf Einladung von Bundespräsident Christian Wulff und seiner Majestät König Juan Carlos I. von Spanien im Schloss Bellevue bildete.

 


Seine Exzellenz König Juan Carlos I. bei seiner Ansprache im Schloss Bellevue am 7.4.2011 anläßlich des deutsch-spanischen Lunches bei Bundespräsident Christian Wulff.


Organisierte zusammen mit Doerthe Winter, Josephin Tuljus und Ursula Pabst am Centrum für angewandte Politikforschung (C·A·P) der Universität München sowie Gerd Schulte-Hillen in Hamburg das deutsch-spanische Forum in Berlin: Jürgen Turek.


Die bezaubernden Hostessen von Air Berlin versorgten die Teilnehmer des 6. Deutsch-Spanischen Forums mit allen Tagungsunterlagen.

Bericht: TC Turek Consulting, München

Fotos: Andi Schmid, Fotografie und Werbung, München


PDF-Downloads

Programm (dt.) - Agenda (span.)

Teilnehmerliste

Impulspapier: Die Europäische Union: strukturelle Herausforderungen und strategische Perspektiven (Deutsch - Espanol)

Pressespiegel vom 12.04.2011

Pressespiegel vom 21.04.2011


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