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Innenansichten der USA: "Presidential Leadership"

Gastvortrag von Eberhard Piltz, ehemaliger Leiter des ZDF-Büros in Washington

31.01.2008 · C·A·P



Ein Schlagwort scheint im laufenden Präsidentschaftswahlkampf der USA zu dominieren: Leadership! So konzentriert sich die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Frage, welche Führungsqualitäten die Präsidentschaftskandidaten besitzen. Nicht nur politische Fähigkeiten, sondern auch und vor allem Persönlichkeitsmerkmale und charakterliche Eigenschaften werden diskutiert. Aus deutscher Perspektive mag dies ungewöhnlich erscheinen, in den Vereinigten Staaten jedoch verbinden sich mit der Führungsrolle des Präsidenten hohe Erwartungen an seine individuellen Leadership-Qualitäten.


Dr. Manuela Glaab und Eberhard Piltz

Am Centrum für angewandte Politikforschung (C·A·P) setzt sich Dr. Manuela Glaab, Leiterin der Forschungsgruppe Deutschland, intensiv mit Aspekten politischer Führung in westlichen Demokratien auseinander. Einen Schwerpunkt des Forschungsinteresses bildet das "Presidential Leadership" in den USA. Um die politikwissenschaftlichen Analysen um eine journalistische Perspektive zu erweitern, lud Frau Dr. Glaab Prof. Eberhard Piltz, Leiter des Bereichs Fernsehjournalismus an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film, am 28. Februar 2008 zu einer Gesprächsrunde an das C·A·P ein. Seine Tätigkeit als USA-Korrespondent und Leiter des Washingtoner ZDF-Büros von 1999 bis 2007 gewährten ihm tiefe Einblicke in den Politikbetrieb der USA einschließlich des Weißen Hauses.

Ohne "Leadership" keine politischen Gestaltungsmöglichkeiten – auf diesen Befund lassen sich Impulsreferat und Diskussion zuspitzen. Was "Presidential Leadership" in der Praxis bedeutet, auf welche Führungsqualitäten es ankommt, veranschaulichte Prof. Piltz anhand des Fallbeispiels von George W. Bush. Die Öffentlichkeit habe Bush zu Beginn seiner Amtszeit erhebliche "Leadership-Defizite" attestiert. Erst mit den tragischen Ereignissen von 9/11 änderte sich das Bild: Der amerikanische Präsident habe in einer Situation voller Angst und Unsicherheit rasch die Führungsrolle übernommen und dem amerikanischen Volk Halt gegeben. Im Zuge der Terrorbekämpfung sei er zum Kriegspräsidenten avanciert, dessen Führungsqualitäten aufgrund militärischer Verluste wie auch politischer Niederlagen jedoch zusehends in Frage gestellt wurden. Am Ende seiner Amtszeit erscheine Bush als "lame duck", sein "leadership capital" aufgebraucht.

Das Interesse der Diskussionsteilnehmer richtete sich nicht zuletzt auf die Rolle der Medien im politischen Prozess der USA. Piltz berichtete dazu über das professionelle Medienmanagement in der Ära Bush. Aus eigener Erfahrung schilderte er, dass jede Pressekonferenz und jedes Interview eine sorgfältig geplante Inszenierung darstellen. Dadurch sei George W. Bush allerdings auch in ein "Korsett" gezwängt worden und habe an publikumswirksamer Spontaneität verloren. Die Wahrnehmung einer starken politischen Führung, so die einhellige Auffassung der Runde, sei ohne mediale Resonanz kaum zu erreichen.


Dr. Manuela Glaab, Eberhard Piltz und Prof. Dr. Werner Weidenfeld.


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