Nahost-Gespräche diskutieren neue Konfliktlösungsansätze
Akteure aller Konfliktparteien diskutieren in Kronberg
18.07.2006 · Bertelsmann Forschungsgruppe Politik
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Prof. Dr. Werner Weidenfeld und EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner. Foto: Bertelsmann Stiftung
Im Mittelpunkt der Diskussionen standen denn auch nicht so sehr die demokratischen Fortschritte, die es etwa in Kuweit, Jordanien und Marokko zu beobachten gibt, sondern die noch vorfindlichen Defizite und wesentlichen Konfliktherde. Der ehemalige deutsche Außenminister Joschka Fischer wies darauf hin, dass es dringend erforderlich sei, im Blick auf die arabisch-islamische Welt nicht in erster Linie über Demokratisierung, sondern über eine grundsätzliche Modernisierung zu sprechen. Mit Verweis auf den Bericht der UNDP zum Entwicklungsstand der arabischen Welt, wurden deren Führer aufgefordert, sich Fragen der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Modernisierung zuzuwenden. Andernfalls drohe ein weiteres Zurückfallen im Vergleich zum Rest der Welt. Auch auf das destabilisierende und explosive Potential gesellschaftlicher Rückständigkeit für die arabischen Staaten selbst wurde hingewiesen.
An die iranische Führung erging der Apell, sich nicht auf einen hegemonialen Wettbewerb mit den USA in der Region einzulassen, denn Teheran werde die hegemoniale Konfrontation mit den USA verlieren. Den Beteuerungen Teherans, das iranische Nuklearprogramm sei rein zivil ausgerichtet, könne kein Glauben geschenkt werden. Das Nuklearprogramm sei eindeutig von militärischen Absichten geprägt. Joschka Fischer attestierte Iran indes auch ein großes gesellschaftliches und wirtschaftliches Potenzial, dass es nicht vergeuden solle. Der ehemalige britische Verteidigungs- und Außenminister, Sir Malcolm Rifkind, pflichtete Fischer bei und hob hervor, dass eine Annäherung möglich sein müsse auch in einem Konflikt, der seit nahezu drei Jahrzehnten schwele. Unter Hinweis auf das Strategiepapier der Bertelsmann Stiftung und des C·A·P beschrieb er die zu befürchtende Kettenreaktion eines nuklearen Wettrüstens, sollte Iran nicht von seinen nuklearen Ambitionen Abstand nehmen.
Bundestagspräsidentin a.D. Rita Süssmuth und Sir Malcolm Rifkind.
Foto: Bertelsmann Stiftung
Beim Blick auf den israelisch-palästinensischen Konflikt waren bei aller Skepsis doch weiterhin Gespächsbereitschaft der Akteure in Kronberg erkennbar und die Einsicht, dass es zumindest Strategien des Konfliktmanagements geben könne, wenn solche der Konfliktlösung nicht funktionierten. Trotzdem wies EU Kommissarin Dr. Benita Ferrero-Waldner bei allem Engagement für Konfliktmanagement auf die Grundlinien für eine Konfliktlösung hin, da die Israelis eine dauerhafte Lösung für ihre legintimen Sicherheitsängste benötigten. Ohne eine politische Perspektive werde sich die Lage für die Palästinenser nicht verbessern. Ähnliches gelte auch für das libanesische Volk: Dort bedürfe es eines Endes von Unsicherheit und Angst, das ihnen die Kraft nimmt, ihr ganzes Potential zu entfalten.
Prof. Werner Weidenfeld, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung, resümierte gedämpft zuversichtlich, dass es auch durch Formate wie die Kronberger Gespräche gelungen sei, ein Maß an Vertrauen aufzubauen, das sich tragfähig in Krisensituationen erweise. Bei der Betrachtung der Entwicklung der Kronberger Gespräche konstatierte er, dass der frühere konfrontative Stil einem wirklichen Zuhören gewichen sei.
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