Ein Jahr Regierungstätigkeit - Stimmungstief für die Große Koalition
C·A·P Kolloquium mit Prof. Manfred Güllner (forsa)
21.12.2006 · C·A·P
Professor Werner Weidenfeld un Professor Manfred Güllner
Güllner stellte eine Diskrepanz zwischen der aktuellen ökonomischen Entwicklung und deren Wahrnehmung durch den Bürger heraus. Trotz positiver wirtschaftlicher Prognosen, einer spürbaren Senkung der Arbeitslosenzahlen und höherer Steuereinnahmen ist ein Großteil der Bevölkerung unzufrieden mit der wirtschaftlichen Entwicklung und sieht sich persönlich zukünftig in einer schlechteren wirtschaftlichen Lage. Das Gründgefühl sei, so Güllner, dass die Menschen nichts von den genannten positiven Trends haben.
Der Geschäftsführer von forsa wies zudem auf den beunruhigenden Anstieg der Nichtwähler hin bei der Wahl 2005 waren es so viele, wie zuletzt 1949. Viele der Nichtwähler seien nicht einfach desinteressiert, sondern treffen die Entscheidung, nicht zu wählen, aus Unmut über die aktuelle Politik. Güllner konstatierte, dass das Wissen über Nichtwähler allgemein sehr gering sei. Dies liege erstaunlicherweise daran, dass die Bürger bei entsprechenden Befragungen oftmals nicht zugeben, dass sie nicht wählen gehen. Zudem sei aus datenschutztechnischen Gründen kein Zugriff auf die Wählerverzeichnisse möglich. Um neue Erkenntnisse über Nichtwähler zu erlangen, müsste man die Interdependenz mit anderen Ebenen untersuchen z.B. auf der Ebene der Kommunalpolitik, so Güllner. Jedoch habe eine derartige Untersuchung von Nichtwählern bisher keine Institution finanziert.
Vor allem stellte Güllner fest, dass viele Politiker nicht angemessen auf Umfragedaten reagieren. Einerseits reagieren viele politische Entscheidungsträger mit bewusstem Desinteresse auf Umfragen zur Beurteilung ihrer aktuellen Politik. Andererseits seien auch panikartige Reaktionen darauf der Politik nicht adäquat. Der Geschäftsführer von forsa forderte daher einen souveräneren Umgang mit den Umfrageergebnissen. Er stellte zudem fest, dass Missinterpretationen bei Vertretern aus Politik und Medien nicht selten seien. Begrüßenswert wäre daher das Anstoßen von Erziehungsprozessen für die Interpretation von Umfragewerten.
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