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EuropaTalk in Pfeffenhausen

Europa nach der Wahl: Junge Menschen melden sich zu Wort

01.08.2019 · C·A·P




Fotos: Lisa Schlittenbauer (1,2,3), Andreas Taubenböck (4,5)

Europa endet für die Bürger*innen nicht mit der Europawahl. Im Gegenteil, jetzt sind die Menschen erst richtig gefragt, sich an der politischen und gesellschaftlichen Gestaltung aktiv zu beteiligen. Hierzu hatte das Bayerische Bündnis für Toleranz am 23.07.19 nach Pfeffenhausen zum EuropaTalk eingeladen. Es diskutierten hunderte Bürger*innen jeden Alters mit mehr als 40 prominenten Vertreter*innen aller Parteien, der Religionsgemeinschaften und unterschiedlicher Vereine, unter ihnen Ministerpräsident Günther Beckstein a.D., Katharina Schulze (Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90 / Die Grünen im Bayerischen Landtag), Natascha Kohnen (Landesvorsitzende der SPD), Josef Schuster (Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland) oder der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der auch Sprecher des Bündnisses für Toleranz ist. Eine spannende Veranstaltung, die gezeigt hat, dass es möglich ist ein Format zu finden, um Politik und Gesellschaft in einen Dialog auf Augenhöhe zu bringen.

Idee war es auch, gezielt die junge Generation mit Workshops für Schüler*innen aus Pfeffenhausen und dem Umland zu involvieren. Einer der insgesamt acht Workshops wurde vom C·A·P zum Thema Europa nach der Wahl: Visionen und Ideen für die Zukunft angeboten. Unter Leitung von Eva Feldmann-Wojtachnia (Forschungsgruppe Jugend und Europa) und Christoph Rosa (C·A·P Teamer) beschäftigten sich 25 Schüler*innen der 10. Klassen des Gabelsberger Gymnasiums aus Mainburg mit der Frage, wie in ihren Augen Europa nach der Wahl gestaltet werden soll und welche Forderungen sie an politische Akteure der Europapolitik daraus ableiten. Folgende Fragen standen dabei im Mittelpunkt:

  • Wie sieht das Europa aus, das Du dir vorstellst?

  • Was braucht Europa für die Zukunft?

  • Was sollte auf jeden Fall vermieden werden?

Angeregt durch die vom C·A·P entwickelten interaktiven Methoden der europapolitischen Bildungsarbeit kamen die Schüler*innen nach einer spielerischen Aufwärmphase sehr ernsthaft darüber ins Gespräch, wie für sie ein gerechtes Europa der Zukunft aussieht. Sie stellten sich auch die Frage, welche Vorschläge und Forderungen sie an die Politik richten wollen. Damit nicht "nur" geredet wird, war vereinbart, dass die Ergebnisse des Workshops vom C·A·P an den Vorsitzenden des Europaausschusses im Bayerischen Landtag Tobias Gotthardt weitergeleitet werden, ebenso an das Europareferat der Bayerischen Staatskanzlei wie auch an die Vertretung des Europäischen Parlaments in München und die Vertretung des Freistaats Bayern bei der EU in Brüssel.

Auf folgenden Themen- und Forderungskatalog für ihr Europa nach der Wahl haben sich die Teilnehmenden des Workshops abschließend geeinigt:

Klimawandel / Umweltschutz
Die Politik muss bei diesen beiden Politikfeldern in erster Linie an die nächsten Generationen denken. Auch sind mehr Informationen für alle Bevölkerungsschichten zur Aufklärung über den Klimawandel bereitzustellen. Es sollte weniger Lobbyismus geben. Zudem ist ein schnelleres Handeln bezüglich möglicher Alternativen gefordert, z.B. Wasserstoffautos und eine Verbesserung der Infrastruktur (Ausbau des Bahnnetzes, schnellere Taktung, billigere Zugfahrten). Sehr wichtig ist auch die Forschung an einer Plastikalternative.

Strom und Energie
Die Politik soll mehr erneuerbare Energie, besonders durch eine stärkere Förderung von Geothermie, Solarenergie und Wasserkraft, vorantreiben. Die Politik soll eine Spezialisierung und Verbesserung der erneuerbaren Energie unterstützen und ein Verbot von Kohlekraftwerden bis 2030 (wird nur teilweise als sinnvoll erachtet) forcieren wie auch den Bezug aus fossilen Energiequellen einstellen. Die Einführung einer CO2 Steuer wird eher kritisch gesehen. Hingegen wird eine stärkere Regulierung des Elektrizitätsbinnenmarkts der EU mit Auflagen für die EU-Länder (Ökostrom billiger machen, Subventionen für Ausbau der erneuerbaren Energien) gefordert.

Integration
Die Politik soll eine bessere Integration von Flüchtlingen für ein friedliches Zusammenleben in Vereinen und bei Freizeitaktivitäten ermöglichen. Auch sind mehr Sozialarbeiter vonnöten, die speziell nur für Integration von Geflüchteten zuständig sind. Die Politik muss sich bessere Lösungen bei der Flüchtlingspolitik einfallen lassen und die Fluchtursachen bekämpfen. Hierzu gehört die Verstärkung einer nachhaltigen Hilfe für die Entwicklungsländer, aber auch einheitliche Gesetze in Europa bei der Flüchtlingspolitik, eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge auf die EU Mitgliedsstaaten in Relation zur Bevölkerungszahl sowie das Bemühen um mehr Zusammenhalt bei der Aufnahme. Prinzipiell ist es wünschenswert, dass die Politiker*innen mehr Expertenmeinung beim Thema Integration berücksichtigen und die Gesellschaft verstärkt in den Diskurs und die Suche nach Lösungen einbezogen wird.

Digitalisierung
Die Politik soll mehr Subventionen für die Digitalisierung bereitstellen und den Breitbandausbau des Internets in den Schulen schneller realisieren. Ihre Aufgabe ist es auch, die Wahrung der Privatsphäre im Internet durch entsprechende Gesetze zu unterstützen, weniger Rechte Dritter an privaten Daten zuzugestehen und sich in Europa weitgehend von amerikanischen Unternehmen unabhängig zu machen.

Sicherheit
Die Politik soll darauf hinwirken, dass es eine bessere Zusammenarbeit der europäischen Sicherheitsbehörden erreicht wird, z.B. allgemeine Register für Gefährder einrichten. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sollten viel stärker zusammenhalten, um auch in schlechten Zeiten Sicherheit und Frieden zu garantieren, wobei mehr auf nationale Wünsche geachtet werden muss, um die gegenwärtigen Krisen bewältigen zu können.

Politische Akteure
Es ist an der Zeit, dass mehr junge, informierte Politiker*innen das Sagen haben. Auch ist die politische Aufklärung von Jugendlichen entscheidend, hierfür wird deutlich mehr Sozialkunde in der Schule gefordert. Die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre wird eher als problematisch eingestuft, besonders wenn nicht mehr Sozialkunde an der Schule stattfindet. Zudem wird mehr Kompetenz der Politiker*innen gefordert, hierzu gehört auch die vermehrte Einbindung von mehr Expert*innen und Forscher*innen bei der Entscheidungsfindung. Wichtig ist mehr Rückgrat in der Politik: die Politiker*innen sollen klarer ihr Wahlprogramm verwirklichen und der Wählerschaft treu bleiben. Es wird auch mehr Transparenz bei politischen Entscheidungen gefordert, das Volk soll die Entscheidungen der Politik nachvollziehen können.


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