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Congratulations, President Obama!

Sein Sieg ist bei den Präsidentschaftswahlen fast sicher - Interview mit Thomas Bauer

Nach der dritten TV-Debatte scheint Obama der Sieg für die Präsidentschaftswahlen am 4. November kaum mehr zu nehmen. Sehen Sie hierzu auch ein Interview von Thomas Bauer bei Focus Online TV:

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16.10.2008 · Focus Video Nachrichten





Der "Maverick", wie John McCain selbst von seinen eigenen Anhängern gerne genannt wird, hat seine letzte Chance verpasst den Rückstand in den Umfragen auf Senator Barack Obama noch zu verkürzen. Bei der dritten und letzten TV-Debatte des US-Präsidentschaftswahlkampfes standen die Wirtschafts- und Gesundheitspolitik sowie das Haushaltdefizit der USA und der Klimawandel im Mittelpunkt. Mit diesen Sachthemen sollte McCain, der mittlerweile über 11 Punkte hinter Obama liegt, Boden gut machen und Angriffsfreude zeigen. Die Erwartungen waren hoch, doch der ehrgeizige und teilweise leicht aus der Fassung zu bringende Kandidat der Republikaner konnte sie nicht erfüllen.

Drei zentrale Aspekte, die bei dieser TV-Debatte erkennbar waren, zeigen die Verwundbarkeit des Wahlkampfes von John McCain.

Erstens: Die Notwendigkeit sich von George W. Bush zu distanzieren, um nicht mit dessen Politikstil und den damit verbundenen unpopulären Entscheidungen in Verbindung gebracht zu werden, haben McCain dazu gezwungen auf die Karte des Einzelgängers, des unabhängigen Kämpfers ("Maverick") zu setzen. Doch hinter dieser Unabhängigkeit steckt auch der Vorwurf der Unverlässlichkeit und des unkontrollierbaren Draufgängertums, Eigenschaften, die ihm vor allem im Mittleren Westen Stimmen kosten werden. Dort zählt gerade bei den Anhängern der Republikaner noch immer die Verlässlichkeit und Beständigkeit politischer Entscheidungen. Ein klares politisches Profil konnte McCain an diesem Abend jedoch genauso wenig vermitteln wie bei den beiden vorhergehenden Debatten.

Zweitens: Der Rückstand in den Umfragen hat ihn zum Underdog im Rennen um das Weiße Haus gemacht. Die Menschen fragen sich, ob er es schaffen kann gegen Obama am Ende doch noch zu bestehen. Seine Versuche das Ruder noch einmal herumzureißen und seine Wahlkampftaktik stehen unter viel größerer Beobachtung als das ruhige Spiel des demokratischen Senators. Doch für diese Situation, die ein gutes Gespür für den richtigen Augenblick zum Angriff verlangt, und gleichzeitig Besonnenheit und Geduld erfordert, ist ein John McCain nicht geschaffen. Seine persönlichen Angriffe gegen Obama offenbaren nicht die erhoffte Offensiv- und Durchsetzungskraft sondern erwecken eher den Anschein von Hilflosigkeit.

Drittens, die globale Finanzkrise und das hohe Haushaltsdefizit der USA mit all seinen Folgen für den amerikanischen Durchschnittsbürger spielen gegen die Republikaner und deren Präsidentschaftskandidaten. Die Verweigerungstaktik einiger republikanischer Kongressabgeordneten gegenüber dem 700 Milliarden US-Dollar Rettungspaket haben den Eindruck - ob richtig oder falsch sei dahin gestellt - verstärkt, dass die Republikaner die Hauptschuld an dem finanziellen wie wirtschaftlichen Debakel tragen, mit dem sich die USA konfrontiert sehen.

Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass Barack Obama der Sieg am 4. November nicht mehr zu nehmen sein dürfte. Er führt in den meisten umkämpften Bundesstaaten (u.a. Minnesota, Wisconsin, Michigan) mittlerweile mit einem komfortablen Vorsprung. Viele Bundesstaaten, die 2004 noch mehrheitlich für George W. Bush gestimmt haben, stehen mittlerweile sicher hinter dem demokratischen Kandidaten (u.a. Colorado, Virginia, Iowa). Der erhoffte "Sarah-Palin-Effekt" nach dem Parteitag der Republikaner ist verpufft. Mittlerweile stellt das offensive und teilweise aggressive Vorgehen der republikanischen Kandidatin für das Amt des Vize-Präsidenten eher eine Belastung als eine Bereicherung für McCain dar. Mit Profilierung haben ihre verbalen Aussetzer jedenfalls wenig zu tun.

Letzten Endes wird man zu dem Fazit kommen müssen, dass die Republikaner und John McCain diese Wahl mehr verloren haben, als dass die Demokraten mit Barack Obama sie gewinnen konnten. Die USA sind politisch und wirtschaftlich angeschlagen, zeigen sich verwundbar und verunsichert. Auf den Sieger der Wahlen vom 4. November warten schwierige Zeiten und große Aufgaben. In dieser Situation konnte ein John McCain nicht gegen den jungen Hoffnungsträger bestehen. Denn auch wenn er auf Grund seiner Biografie und seines unbequemen Auftretens gegenüber der Administration Bush unverändert hohe persönliche Zuspruchraten in den wöchentlichen Umfragen besitzt, trauen die Amerikaner ihm nicht zu ihr Land aus der jetzigen Negativentwicklung herauszuführen.


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