So schwer wird's für Seehofer
tz-Interview mit C·A·P-Experte Dr. Michael Weigl
10.10.2008 · tz München
17 Prozent der CSU-Landtagsfraktion haben Horst Seehofer die Stimme verweigert. Wie schwer wird er es als Parteichef und Ministerpräsident mit seinen Abgeordneten haben?
Dr. Michael Weigl: Er wird es auf jeden Fall nicht leicht haben. Es haben schließlich ganz viele für ihn nur deshalb gestimmt, weil er die einzige Möglichkeit war. Die Kritiker Seehofers in den eigenen Reihen sind nicht weg. Hier kommt es jetzt darauf an, ob sie wie in den letzten Tagen öffentlich oder im Hintergrund ihre Probleme ausfechten. Seehofer und die Fraktion sind aufeinander angewiesen: Mit Stoiberschen Von-obenherab-Entscheidungen würde er ganz schnell wieder in Bedrängnis geraten. Andererseits wissen die Abgeordneten auch: Ohne Seehofer wäre die Fraktion machtlos. Seehofer muss Führungsstärke beweisen, aber auch den Konsens suchen, Brücken bauen.
War es klug, Fraktionschef Georg Schmid als Durchpeitscher des Rauchverbots im Amt zu bestätigen?
Weigl: Zumindest wenig glücklich, weil er für große Teile der Bevölkerung eine Reizfigur ist. Problematisch ist es, wenn er zu sehr öffentlich in Erscheinung tritt. Je stärker aber Seehofer die Aufmerksamkeit auf sich lenken wird, desto mehr Ruhe wird Schmid als Fraktionschef haben. Dies könnte ihm helfen, sein Image jenseits der medialen Scheinwerfer zumindest in der Partei aufzubessern.
Wenn die CSU jetzt in Bayern als erstes das umstrittene Rauchverbot nachbessern will: Wird sie dann wieder lieb gewonnen?
Weigl: Das Nichtraucherschutzgesetz hat die CSU in ein Dilemma gebracht. Was sie auch macht: Sie wird entweder alte Feinde bestärken oder sich neue Feinde schaffen. Selbst die bislang Verärgerten werden bei einer Lockerung nicht sofort wieder mit der CSU versöhnt, sondern einen solchen Schritt eher dem Korrektiv Koalitionspartner zuschreiben. Kurzfristig kann die CSU hier also nichts retten.
Seehofer ging bereits bei der Erbschaftsteuer zur Attacke auf Berlin über, generell wird auch der sturen Kanzlerin eine Mitschuld am CSU-Wahlergebnis gegeben. Muss sich Angela Merkel jetzt nicht mal gegenüber der CSU als gnädig erweisen?
Weigl: Ich bin davon überzeugt, dass wir 2009 eine Verschärfung der Spannungen erleben werden. Doch das wird vielfach inszeniert sein, soll vor allem die Gefühle der Wähler bedienen nach dem Motto: Die CSU setzt sich ein! Denn an einem wirklich raueren Klima haben weder CDU noch CSU ein Interesse, weil beide voneinander profitieren. Deshalb werden beide Seiten Kompromisse eingehen müssen. Konkret sind Zugeständnisse der Bundeskanzlerin bei Steuerfragen zu erwarten.
Inwieweit könnte ein krawalliger Kurs Richtung Bundesregierung die CSU retten?
Weigl: Das wäre kein Rettungsanker. Zwar haben die Bürger am CSU-Führungstandem Beckstein/Huber kritisiert, zu wenig Gewicht in Berlin gehabt zu haben. Doch wenn Seehofer das übertreibt, wird der CSU Panik unterstellt. Politik hat allgemein ein Imageproblem. Da kommt zu viel Krawall nicht gut an.
Günther Beckstein war wegen seiner Dirndlverweigernden Ehefrau unter Beschuss. Wird es Horst Seehofer gelingen, seine Frau aus der Politik herauszuhalten?
Weigl: Das glaube ich schon. Wenn ein Politiker nicht selbst an die Öffentlichkeit geht, gilt in Deutschland das Privatleben eines Politikers noch immer weitgehend als Tabu. Seehofers Affäre damals wurde aus CSU Kreisen lanciert, die ein Interesse hatten. Wenn es also wieder soweit kommen sollte, wäre das ein Zeichen, dass in der CSU erneut einiges schiefläuft.
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