Leadership in Umbruchzeiten
Was Politik, Militär und Wirtschaft von der Kunst lernen können - Kolloquium mit Prof. Dr. Andrea Riemer
30.05.2011 · C·A·P
Strategie und Oper sind zwei Begriffe, die nun wahrlich nicht oft in einem Atemzug genannt werden. Dennoch tut Prof. Dr. Andrea Riemer von der Landesverteidigungsakademie in Wien genau das. Sie geht sogar noch einen Schritt weiter und überträgt wesentliche Merkmale der Dramaturgie auf die politische Strategiebildung. Ähnlich der Arbeitsteilung zwischen Dirigent und Regisseur bei einer Operninszenierung muss auch die Rollenverteilung beim Strategizing klar sein: Der Stratege ist kein Policy-Maker und umgekehrt. Gleichzeitig ist die Strategie das wichtigste Handwerkszeug für einen erfolgreichen Leader.
Prof. Dr. Werner Weidenfeld und Prof. Dr. Andrea Riemer
Aber auch die kompositorischen Elemente einer Oper können handlungsleitend für die Entwicklung von Strategien sein. Im Libretto werden dann zunächst die weltpolitischen Ereignisse identifiziert, die gegenwärtig die größte Herausforderung darstellen. Mit den Kriegen in Irak und Afghanistan, der Weltwirtschaftskrise, dem transnationalen Terrorismus und den Aufständen in der arabischen Welt existiert derzeit eine Fülle von Handlungen, die als Grundlage einer Strategie dienen können oder gar müssen. Sobald der Plot festgelegt ist, geht es darum eine gemeinsame Sprache zu finden. So, wie die Mitwirkenden bei einer Oper sich auf eine bestimmte Fassung einigen, muss auch bei der Strategiebildung ein Konsens über Begrifflichkeiten, Problemwahrnehmungen und die Ziele bestehen.
Nach der Ouvertüre folgen mehrere Akte, die über den Erfolg oder Misserfolg einer Strategie entscheiden. Besonders betonte Riemer dabei, dass Strategien als normative und präskriptive Anweisungen verfasst sind und daher immer einem politischen Zweck dienen. Diese Festlegung auf klare Ziele birgt allerdings die Gefahr, andere Aspekte zu vernachlässigen. Daher kann Strategizing auch nie als abgeschlossener Prozess verstanden werden, sondern unterliegt einem kontinuierlichen Anpassungsdruck an veränderte Umweltbedingungen.
Riemer, die an der Landesverteidigungsakademie das Institut für Strategie & Sicherheitspolitik leitet, konnte ihre theoretischen Überlegungen selbst bereits mehrfach in der Praxis anwenden. Neben der Virtuosität, als wohl offensichtlichste Parallele von Kunst und Strategie, hat Riemer aus ihrer Arbeit einen Katalog mit Handlungsempfehlungen für Leader entwickelt. Zentral ist dabei, eine klare Idee von Ziele, Mitteln und Wegen die eine Strategie verfolgt. Ausgangspunkt dafür sei ein fundiertes theoretisches Grundwissen, aber auch Flexibilität und Eigenständigkeit des Strategen. Der Leader, in seiner Rolle als Strategos21 müsse aber auch immer das richtige Maß von Freiheit und Ordnung finden: Strategie kann nicht in der Komfortzone entwickelt werden.
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