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Diplomaten und Experten empfehlen föderale Strukturen für Irak

"Kronberger Gespräche" zur Nachkriegsordnung

In Irak haben die Besatzungsmächte alle Hände voll zu tun haben, die Sicherheit zu gewährleisten. Politiker, hochrangige Diplomaten, Unternehmer und Wissenschaftler aus aller Welt diskutierten nun im hessischen Kronberg die Nachkriegsordnung für das Land am Persischen Golf. Sie verlangten ein stärkeres Engagement der Europäer und sahen in der Mehrheit eine föderale Ordnung als besten Weg für Irak.

Von Katharina Sperber

14.07.2003 · Frankfurter Rundschau



KRONBERG, 13. Juli. Zum 8. Mal hatte die Bertelsmann Stiftung zu den "Kronberger Gesprächen" geladen. Seit Jahren bemüht sich die Stiftung, den Dialog im Mittleren Osten voran zu bringen. Dazu versammelt sie in informeller Runde Diplomaten, Experten und politische Akteure - darunter in diesem Jahr den deutschen Außenminister Joschka Fischer und seine spanische Amtskollegin Ana Palacio. Zu Beginn hob Werner Weidenfeld, Direktor des Centrums für angewandte Politikforschung (C·A·P) in München, die Voraussetzungen für den Erfolg der Gespräche hervor: "Vertrauen, das über viele Jahre gewachsen ist, die ruhige Atmosphäre des Ortes - fernab der großen Politikbühnen, die Ernsthaftigkeit der Auseinandersetzungen, die sich nicht nur auf ein Thema beschränken, sondern die Entwicklung der gesamten Region im Blick behalten."

Eine lebhafte Debatte entspann sich an der Frage, wie die politische Ordnung in Irak nach der Besatzung durch die USA und deren Verbündete aussehen sollte. Bis auf wenige Skeptiker favorisierten die Teilnehmer eine föderale Ordnung. Nur sie garantiere eine funktionierende staatliche Verfassung für die multi-ethnische Gesellschaft - Kurden, die ein Fünftel der Bevölkerung ausmachen, und Araber, die sich wiederum in eine schiitische Mehrheit und eine sunnitische Minderheit teilen. Auf dieses Ziel konnten sich in Kronberg kurdische und arabische Iraker "im Prinzip" einigen. Allerdings liegt der Teufel im Detail: Soll eine Föderation ethnischen, geografischen oder religiösen Grenzen folgen? Wer garantiert die Balance zwischen den Gruppen? Welche Macht erhält eine Zentralregierung, soll sie über die Einnahmen aus der Ölförderung verfügen? Und nach welchem Schlüssel soll der erwartete Wohlstand verteilt werden?

Die Kritiker folgten in ihrer Argumentation Shlomo Avineri, Politik-Professor an der Hebräischen Universität in Jerusalem, der in jüngster Vergangenheit - auch in deutschsprachigen Publikationen - vor der Kraft der Unabhängigkeitsbestrebungen der Kurden in Irak gewarnt hatte. Ermutigt durch ihre autonomen Erfahrungen, die sie nach dem Golfkrieg von 1990 unter internationalem Schutz haben entfalten können, misstrauten sie einer, wie auch immer legitimierten Zentralregierung in Bagdad und seien nur wenig an einer Föderation interessiert.

Einig waren sich alle, dass über die künftige Ordnung in Irak allein die Iraker selbst bestimmen sollten; die USA nebst ihrer Verbündeten, die UN und Europa sollten Hilfe leisten, aber nicht über das Schicksal des Landes bestimmen. Politiker und Experten aus dem Nahen Osten ermutigten allerdings ihre europäischen Gesprächspartner, ihren Einfluss beim Auf- und Umbau Iraks zu verstärken. Verlauf und desaströse Wirkungen des Kriegs, wie den Zusammenbruch der sozialen und administrativen Infrastruktur, verlangten inzwischen geradezu nach multilateraler Zusammenarbeit - mehr noch als vor dem Krieg.

Europas Erfahrungen in der Gestaltung der EU würden in der Region dringend gebraucht, hieß es. Verschiedene Redner lobten die europäischen Visionen von gemeinsamen Initiativen. Nur so sei es eigentlich zur Gründung des so genannten Nahost-Quartetts - USA, UN, EU und Russland - gekommen, das mittels der "Roadmap" Israel und Palästina auf den Weg zur Zwei-Staaten-Lösung bringen will. Wert und Aussichten dieses Plans wurden in Kronberg allerdings sehr unterschiedlich eingeschätzt.


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