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Mit Rückenwind aus Bayern

Die Freien Wähler stimmen heute darüber ab, ob sie zur Bundestagswahl 2009 antreten / Parteigründung nötig

Von Matthias Thieme

11.10.2008 · Frankfurter Rundschau



Beschwingt vom überraschend guten Wahlergebnis in Bayern wollen die Freien Wähler eventuell erstmals bei bei einer Bundestagswahl antreten. "Ich will den Delegierten vorschlagen, bei der Bundestagswahl 2009 flächendeckend anzutreten", sagte Armin Grein, Vorsitzender der Freien Wähler, der FR. "Das Erfolgserlebnis in Bayern hat uns beflügelt", so Grein. "Wir könnten auch im Bund als Anwälte der Kommunen auftreten."

Sollte Grein auf der heutigen Bundesversammlung der Freien Wähler ein Votum für seinen Vorschlag bekommen, müsste die Gruppe zunächst eine Bundespartei gründen. "Bürgerpartei Freie Wähler" soll sie nach Greins Vorstellungen heißen. Im Bund will Grein sich für den Mittelstand einsetzten und Bürgernähe in die Politik bringen. "Wir habe zwar nicht die Großthemen wie die Grünen und die Linken", so Grein, "aber wir können aus dem bürgerlichen Lager auch zu grundlegenden Dingen etwas sagen." Jetzt ist Grein gespannt, was die parteienkritische Basis zu seinem Vorschlag sagt. "Vielleicht bin ich auch etwas zu beflügelt", so der Bundesvorsitzende.

Parteienforscher Werner Weidenfeld von der Ludwig-Maximilians-Universität München hält ein Auftreten der freien Wähler im Bund langfristig nicht für unrealistisch. "Das Vorhaben ist nachvollziehbar", meint Weidenfeld.

Die Freien Wähler profitierten vom Niedergang der großen Parteien und seien das Ventil für "bürgerlichen Protest". Die Distanzierung der Wähler von den dominanten Parteien könnten sie sich zunutze machen, meint der Professor. "Das könnte auch im Bund funktionieren."

Die Freien Wähler betrieben in den Kommunen bislang so etwas wie "politisierte Sozialarbeit", sagt Weidenfeld. Bundesweit kann er sich die Freuen Wähler als "Sorgen-Aufnahme-Stelle im bürgerlichen Lager" vorstellen. Die Abgehobenheit etablierter Parteien mit ihrer verklausulierten Sprache begünstige die Kleinparteien, die "Suchbewegungen wahrnehmen", meint Weidenfeld. "Das Gleiche hat auch zum Aufkommen der Grünen und der Linken beigetragen." Allerdings mangele es den Freien Wählern an Großthemen wie Ökologie oder Sozialer Gerechtigkeit.

Größtes Problem: Für eine Teilnahme an der Bundestagswahl müsste die Gruppierung der anti-institutionellen Freien Wähler nun selbst zu einer Institution, zu einer Partei werden. Schon auf kommunaler Ebene ist die Gruppierung ein hoch pluraler Zusammenschluss, der bei der Formulierung eines übergreifenden Parteiprogramms große Probleme bekommen dürfte.

"Um bundesweit erfolgreich zu werden, müssten sie diese Differenzen einebnen", so Weidenfeld. "damit würden sie etwas von ihrem Aufbruchs-Charme verlieren." Doch weil die Bindungskraft der großen Parteien schwinde, könnten kleine Parteien nur gewinnen. Im bürgerlichen Lager gebe es hier noch Spielraum. Eine Fragmentierung des Parteiensystems sei zudem gar nicht schlimm, meint Weidenfeld. "Die Republik wird dadurch nicht untergehen."

Parteienforscher Florian Albert von der Uni Kassel glaubt dagegen nicht an einen Erfolg der Freien Wähler. "Da wittern einige Morgenluft, aber es gibt keinen gemeinsamen Inhalt und keine Organisation", so Albert. "Ein Antritt in der Fläche ist gar nicht zu machen." Alle Versuche der Freien Wähler bei Landtagswahlen seien bis auf jüngst in Bayern "eine einzige Geschichte des Scheiterns".

In Bayern habe sich die Gruppierung im Windschatten der CSU zwar profilieren können, doch für ein bundesweites Auftreten fehle ihr ein Programm. Die Ortsgruppen seien viel zu unterschiedlich und der Vorbehalt der Basis gegen Parteistrukturen zu groß, sagt Albert.


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