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Weltmacht Energie

Herausforderung für Demokratie und Wohlstand. Ein Buch von Peter Hennicke und Michael Müller.

Peter Hennicke / Michael Müller: Weltmacht Energie. Herausforderung für Demokratie und Wohlstand. Mit einem Vorwort von Klaus Töpfer. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 2005, 279 S., ISBN 3-7776-1319-3, 29,- EUR.

Die Rezension ist in der Zeitschrift Das Parlament erschienen.

28.02.2006 · Rezension von Jürgen Turek



Alle Staaten hungern nach Öl und Gas

Mit dem Titel bringen es die Autoren auf den Punkt: Nicht nur, dass der zunehmende Energiehunger der Industrienationen sowie der rasant wachsende Energiebedarf Chinas und der Schwellenländer schlimme ökologische Folgen haben und weiter haben können; das Beharren auf einer herkömmlichen Energiepolitik werde immer mehr auch zum Problem für Frieden und Demokratie. Es zeige sich, wie sehr die Hoheit über die Förderung, Verteilung und Diversifikation von Energie globale Macht bedeuten kann.

Das Buch versteht sich als Manifest für die Dramatik der Entscheidungssituation in der Energiepolitik. Die Autoren zeigen, welch gewaltige politische, wirtschaftliche und militärische Macht hinter Energieinteressen steht und wie zerstörerisch sich diese entfalten kann. Als "besorgte Optimisten" wollen die Autoren freilich nicht in dramatische Schwarzmalerei verfallen. Vielmehr geht es ihnen darum, die Debatte über die Zukunft des Energiesystems nicht technokratisch oder ökonomistisch zu führen, sondern auch politisch anzulegen.

Das ist ihnen im Sinne einer Sensibilisierungs- und Frühwarnfunktion ziemlich gut gelungen. Zu Beginn markieren sie den Standort ihrer Reflektionen. Energie- und Energieversorgung seien die zentralen Fragen der Zivilisation, das Energiesystem gewissermaßen der Blutkreislauf der Verteilung. Dieses System, so das Ergebnis ihrer empirisch angelegten Analyse, befinde sich an einem Scheideweg, der zwei grundverschiedene, sich gegenseitig ausschließende Entwicklungsszenarien zulasse: einen "harten" und einen "sanften" Pfad.

Beide Pfade symbolisieren ein spezifisches Zukunftsszenario des Energiesystems. Der harte Pfad entspreche der konsequenten Fortschreibung der heute dominierenden Trends in der Energiewirtschaft. Seine technischen Grundlagen bildeten nukleare und fossile Großtechniken. Die Konsequenzen dieses Szenarios sind für Hennicke und Müller relativ klar:

Sollte es bei Strom, Wärme und Mobilität nicht zu mehr Effizienz, Umweltverträglichkeit und Verteilungsgerechtigkeit kommen, würden sich Risikofaktoren wie Klimakatastrophen, Kriege ums Öl, Verteilungsgerechtigkeit, Spaltung der Welt in Nord und Süd, in Arm und Reich und eine wachsende Ohnmacht der Politik um ein Vielfaches steigern. Demgegenüber setze der sanfte Pfad auf einen demokratischen Konsens hinsichtlich einer Neuordnung der Energieversorgung in Richtung von mehr Effizienz, Verteilungsgerechtigkeit und Solarwirtschaft.

Um diesen Weg zu gehen, sei es erforderlich, den Umgang mit Energie zu ändern und die Weichen in Richtung Effizienzrevolution und erneuerbare Energien zu stellen. Auch dieser Weg sei nicht konfliktfrei, aber die Techniken, die Politiken und die Verhaltensmuster in einem nachhaltigen Energiesystem seien prinzipiell bekannt. Nur so ließen sich Risiken des harten Pfades begrenzen und durch Kursänderungen langfristig verschwinden.

Der Chor jener Autoren, die das Lied von der Energiewende singen, schwillt mit Peter Hennicke und Michael Müller weiter an. Ihre Expertise bekommt aber zusätzliches Gewicht, legt man die Urteile anderer Autoren wie Franz Alt, Hermann Scheer oder Jeremy Rifkin als Elle an, die im Grunde alle zu gleichen oder ähnlichen Schlüssen gelangen. Was zusätzlich zählt: Der Zapfhahn an der Tankstelle, die Ölrechnung des Verbrauchers oder der Kerosinzuschlag am Airport sind Zeichen an der Wand, die nun wirklich jedermann versteht.


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