C·A·P Home > Aktuell > Events > 2013 > Pentagon Stratege Dr. Fritz Kraemer und die Welt 3.0

Pentagon Stratege Dr. Fritz Kraemer und die Welt 3.0

Dr. Hubertus Hoffmann zu Gast am C·A·P

Hubertus Hoffmann (* 1955 in Göttingen) ist ein deutscher Investor sowie Gründer und Präsident der internationalen World Security Network Foundation und der Initiative Codes of Tolerance. Davor war er als Journalist und Medienmanager tätig. Er arbeitete zudem als politischer Berater im Europäischen Parlament (Büro von Prof. Hand-Gert Pöttering, im Deutschen Bundestag (beim Staatssekretär für Verteidigung, Peter Kurt Würzbach MdB) sowie im U.S. Senat im Bereich der Verteidigungs- und Außenpolitik.

29.05.2013 · C·A·P




Dr. Hubertus Hoffmann und Prof. Dr. Werner Weidenfeld

World 3.0: Elemente für eine wirksamere Außen-und Sicherheitspolitik

In dem ausführlichen Schlusskapitel seines neuen Buches „True Keeper of the Holy Flame. The Legacy of Pentagon Strategist and Mentor Dr Fritz Kraemer“ hat Dr. Hoffmann die Anregungen des amerikanischen Geostrategen und seine eigenen Erfahrungen als Präsident der auf Anregung von Fritz Kraemer gegründeten World Security Network Foundation zu einem Aufruf für eine neue wirksamere Außen-und Sicherheitspolitik unter dem Namen World 3.0 zusammengefasst.

In seinem Vortrag am C·A·P skizzierte Dr. Hoffmann das Grundgerüst des Gedankenguts des Strategen und seines langjährigen Mentors Dr. Fritz Kraemer und hob dessen Bedeutung für die Weiterentwicklung einer wirksamen Außen- und Sicherheitspolitik hervor, die den Herausforderungen der aktuellen Weltordnung gewachsen ist. Die „World 3.0“ basiere weiter auf der klassischen Außenpolitik „World 1.0“ wie sie Machtpolitiker wie Henry Kissinger oder Hans J. Morgenthau definiert hätten. Die Politik der nationalen Interessen in der derzeitigen Ausprägung einer nur noch pragmatischen Außenpolitik „World 2.0“,  die auf Sicht fahrend lediglich kurzfristiges Krisenmanagement verfolge, müsse jedoch fortentwickelt werden. Die heute praktizierte Außen-und Sicherheitspolitik könne die vielen neuen Probleme in der globalisierten Welt nicht mehr grundlegend und effektiv auf klassischem Wege lösen.

Zuerst müsse der ineffektive und lähmende bürokratische Prozess neu strukturiert werden. Die Bürokratie sei heute der Hauptfeind, nicht die wenigen Radikalen oder al-Qaida. Die Reaktionen aus den Außenministerien kämen fast immer zu langsam, seinen zu zaghaft und meist ohne Wirkung. Ihr fehle die notwendige gründliche Planung, eine Prüfung ihrer Wirksamkeit und regelmäßige Erfolgskontrolle. Es dominiere eine endlose Diagnose ohne wirksame Therapie, von der internationale Konferenzen mit schönen TV-Bildern aber oft inhaltsleeren Verlautbarungen eher ablenkten. So sei die derzeitige Außenpolitik überwiegend passiv. Man passe sich scheibchenweise der neuen Realität an, statt diese aktiv mitzugestalten, und laufe den Entwicklungen hinterher. So verliere man enorm an Einfluss und lasse die Kräfte der Freiheit- zum Beispiel nach der „Arabellion“- mit Worten ohne wirksame Taten alleine.

Notwendig seien zudem brillante und talentierte Außenpolitiker, von denen es leider immer weniger gebe. Dr. Hoffmann kritisiert in diesem Zusammenhang, dass die meisten außenpolitischen Positionen nicht nach Erfahrung und Eignung, sondern aus parteipolitischem Proporz besetzt werden.

Passion und ein Heiliges Feuer seien in der Außenpolitik aber notwendig, so wie es Apple-Gründer Steve Jobs als Grundlage für seinen großen Erfolg beschrieben hatte. Der Westen verstehe ausgezeichnet, wie man iPhone, Porsche und Gucci vermarkte, nicht aber die eigenen Werte und seine Außenpolitik. Hoffmann zitiert Albert Einstein, der zu Recht betont habe „Vorstellungkraft ist  wichtiger als Wissen“ und „Man kann die Probleme nicht auf derselben Denkebene lösen, auf der man sie geschaffen hat.“ Außenpolitik brauche deutlich mehr Kreativität als bisher. Nur so könnten die Demokratien ihre Stärken nutzen.

Deshalb die Forderung: „Wir müssen mit einer frischen und durchdacht geplanten Doppelstrategie aus Macht und Diplomatie verschiedene Optionen herausarbeiten, eine tiefgründige Planung für diese beiden gleichberechtigten Säulen aufbauen und kosteneffektiv und mit einer offenen Diskussion eine wirksamere neue Außenpolitik aktiv formen und umsetzen.“ Eine glaubwürdige Verteidigungsfähigkeit sei für diese Doppelstrategie unverzichtbar, weil erfolgreiche Diplomatie ohne Machtmittel nicht durchsetzbar sei.

Entscheidend für eine bessere Außenpolitik sei der rasche Aufbau und die Förderung von einflussreichen und unseren Werten der Freiheit und der UN Charta nahestehenden jungen Verantwortungseliten gerade in den Ländern des Umbruchs wie zum Beispiel in der arabischen Welt, Afghanistan, Pakistan oder Mali. Hubertus Hoffmann fordert als Kern einer wirksameren Außenpolitik World 3.0 ein neues großes „Global Leadership and Mentoring Program“ mit dem jedes Jahr zusätzlich 100.000 talentierte junge Leute aus den Krisengebieten unterstützt werden. Die bisherigen Programme seien gut aber bei weitem nicht ausreichend. Wie bei Fritz Kraemer sollten diesen Talenten Mentoren aus den westlichen Ländern aus dem großen Pool von pensionierten Experten vermittelt werden, die sie über Jahre begleiten. So könnten Werte und Know-how vermittelt werden. Beides fehle zur guten Entwicklung in den Staaten im Umbruch. Das Investment in neue Verantwortungseliten und Mentoren in Politik, Wirtschaft, Bildung und Kultur sei das Fundament einer neuen wirksamen Außenpolitik der globalen Partnerschaft.

Stärker als bisher sollten auch die verschiedenen globalen Nichtregierungsorganisationen mit ihren globalen Netzwerken, Talenten und guten Ideen in die Diskussionen und Planungen der Außenministerien einbezogen werden. Die politischen Institute und Stiftungen müssten ihre schwerpunktmäßig passive Beschreibung der Lage durch zahlreiche kreative Vorschläge wirkungsvoller und aktiver ergänzen.

Die USA könnten bestimmten Verbündeten die Führungsfunktionen für einige außenpolitische Themen übergeben und somit die Lasten besser verteilen. Bisher warten alle auf Vorgaben und Ideen aus Washington, was nicht mehr den Realitäten einer multipolaren Welt entspräche.

Den Fokus auf das Geld in der Politik sieht Hoffmann kritisch. „Wir müssen vom exzentrischen Materialismus weg und zu einer glaubwürdigeren Außenpolitik der Werte der UN-Charta kommen. Das ist das globale Grundgesetz. Wir brauchen eine lebendige Seele und nicht nur Scheckbücher“.  Dazu zähle auch die Förderung der Codes of Tolerance wie sie beispielsweise Erzbischof Alfons Nossol aus Oppeln/Opole in Polen aus christlicher Sicht zur Versöhnung der Deutschen und der Polen erfolgreich entwickelt und realisiert habe (mehr in www.codesoftolerance.com).

Die schweigende Mehrheit von mehr als 90 Prozent in allen Ländern der Erde müsse ihre Verantwortung übernehmen und nicht lediglich den wenigen Radikalen das Feld überlassen. Eine aktive globale Strategie gegen Intoleranz sei notwendig und die aktive Förderung der Goldenen Regeln der Toleranz die sich in allen Religionen und Kulturen finden lassen. Hubertus Hoffmann fordert, dass nur diejenigen Rebellen und Staaten vom Westen Unterstützung erhalten sollten, die zuvor die globalen Grundregeln der Toleranz und des Respekts in Form der UN-Charta in ihre Beschlüsse undVerfassungsentwürfe aufnehmen. Das gelte jetzt für Syrien.

Er kritisiert scharf den auswuchernden Kapitalismus und die Schuldenpolitik der Politiker. „Ohne wirtschaftliche Stärke ist das Schwert der Freiheit stumpf. Die XXL-Gierigen und die XXL-Überschuldner sägen zusammen den Ast ab, auf dem unsere westlichen Demokratien gemeinsam sitzen. So wird zudem die Glaubwürdigkeit unseres Demokratiemodells im Wettbewerb zu autoritären Regierungsformen schwer beschädigt.“ Eine dauerhafte Lähmung der Demokratien könne man nur vermeiden, wenn man sowohl den überbordenden XXL-Kapitalismus durch sinnvolle Regeln bändige als auch die Regierungen in Europa und den USA ihre XXL-Schulden auf ein solides Maß von 60 Prozent des Bruttosozialprodukts reduziere.

Eine bessere Außenpolitik World 3.0 sei nicht nur die Aufgabe der Politiker sondern aller Bürger in einem globalen Puzzle mit sieben Milliarden Individuen. Jeder in der bisher passiven und schweigenden Mehrheit müsse dazu in dem persönlichen Umfeld seinen kleinen Beitrag leisten.

LINK: www.worldsecuritynetwork.com