Kanzler als Machtmenschen
Abschlussveranstaltung des C·A·P-Forschungskolloquiums im Sommersemester 2010 mit Prof. Dr. Gerd Langguth
21.07.2010 · C·A·P
Helmut Kohl, Gerhard Schröder und Angela Merkel sind grundverschiedene Menschen: Kohl der katholisch geprägte Kleinbürger aus der Pfalz erfuhr eine andere Sozialisation als die Pastorentochter aus der Uckermark; und Gerhard Schröder ist geprägt von seiner Kindheit als Halbwaise. Dennoch eint alle drei der Wille zur Macht ohne den sie wohl weder die Kanzlerschaft erlangt noch erfolgreich Regieren hätten können. Während aber für Schröder, den Lustkanzler, politische Macht immer ein Mittel des sozialen Aufstiegs war und Kohl bereits zu Schulzeiten Führungsqualitäten entwickelte, ist Merkel diejenige der das Machtsreben am wenigsten in die Wiege gelegt war.
Mit Prof. Dr. Gerd Langguth, einem intimen Kenner der deutschen Bundeskanzler und des bundesrepublikanischen Politikbetriebes insgesamt, fand das C·A·P-Forschungskolloquium in diesem Sommersemester einen gelungenen Abschluss. Langguth der, nachdem er selbst aktiv in der Politik tätig war, nunmehr als Politikwissenschaftler an der Universität Bonn tätig ist, präsentierte einen profunde Darstellung dreier sehr unterschiedlicher Kanzler und ihrer Art zu Regieren.
Prof. Dr. Gerd Langguth und Prof. Dr. Werner Weidenfeld
Gerade die amtierende Kanzlerin, der in den Medien derzeit ein Verlust ihrer Machtbasis attestiert wird, hat einen ganz eigenen Zugang zu Macht und Parteipolitik. Anders als Helmut Kohl und noch stärker als Gerhard Schröder pflegt sie ein eher instrumentelles Verhältnis zu ihrer Partei und versteht Politik als eine pragmatische und nur wenig ideologisch aufgeladene Angelegenheit. Obwohl insbesondere Schröder immer als Medienkanzler dargestellt wird, schreibt Langguth diese Rolle ebenfalls eher Angela Merkel zu. Merkels Vorgänger gelang es zwar immer wieder mediale Glanzpunkte zu setzen, wohingegen die Kanzlerin kontinuierlich einen guten Umgang mit den Medien pflegt und damit das auf Dauer erfolgreichere Konzept.
Als problematisch sieht Gerd Langguth an der gegenwärtigen Konstellation jedoch einerseits die unklare politische Botschaft der jetzigen Regierung, die im Vergleich zur großen Koalition gestärkte Rolle der CSU, sowie die Notwendigkeit eines klaren Erfolges für die FDP. Letzteres sei eine der zentralen Herausforderungen für die Stabilität von Schwarz-Gelb. Langguth wagte abschließend aber dennoch die Prognose, dass die Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode durchhalten werde. Ein Interesse an Neuwahlen hätte keine der drei derzeitigen Regierungsparteien.
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