Die aktuelle politische Lage Ungarns
Józef Kovács zu Gast am C·A·P
30.11.2009 · C·A·P
Generalkonsul Józef Kovács und Prof. Dr. Werner Weidenfeld
Auch wenn 20 Jahre nach dem Systemwechsel die ungarische Demokratie grundsätzlich stabil und eine funktionierende soziale Marktwirtschaft etabliert sei, stehe das politische System gegenwärtig dennoch vor enormen Problemen. Die Parteienlandschaft ist extrem polarisiert, so Kovács, was sich auch in wachsender Unzufriedenheit seitens der Bevölkerung äußere. Begleitet von massiven Protesten trat schließlich im vergangenen Frühjahr Regierungschef Ferenc Gyurcsány zurück. Ihm folgte der parteilose Gordon Bajnai, der sich auf eine sozial-liberale Koalition stützt. Die nächsten regulären Parlamentswahlen finden im Frühjahr 2010 statt. Kovács verwies auf Prognosen, die einen klaren Wahlsieg der oppositionellen Fidesz unter der Führung von Viktor Orbán vorhersagen.
Dass jedoch weder die regierenden Sozialisten noch die Fidesz über eine hohe Integrationskraft verfügen, zeigten die Europawahlen 2009: Kovács nannte in diesem Zusammenhang das unerwartet hohe Wahlergebnis der rechtsextremistischen Jobbik, die auf Anhieb knapp 15 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen konnte und damit das politische Kräfteverhältnis radikal umwälzte. Hier liege eine der größten Herausforderungen für das politische System Ungarns, so Kovács.
Auch mit Blick auf die wirtschaftliche Situation befinde sich das Land in einer schwierigen Lage, die nicht zuletzt Folge einer Überforderungen der Leistungsfähigkeit der ungarischen Volkswirtschaft in früheren Jahren sei. Vor dem Hintergrund der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise musste Ungarn finanzielle Hilfen aus dem Ausland beantragen und erhielt vom Internationalen Währungsfond, der Weltbank und der Europäischen Union insgesamt rund 20 Milliarden Euro Kredite. Zwar zeige die wirtschaftliche Lage inzwischen wieder deutliche Anzeichen der Besserung, dennoch bedeuteten die notwendigen Sparmaßnahmen auch empfindliche Einschnitte in zahlreichen Bereichen.
Kovács schloss seine Ausführungen mit einem Ausblick auf die ungarische EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2011, bei der unter anderem die Gestaltung gemeinsamer Räume in Osteuropa im Vordergrund stehen soll.
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