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Was können wir messen?

Tagung zur Evaluation von politischer Bildung in Berlin

Die Bertelsmann Stiftung und das C·A·P veranstalteten in Kooperation mit der Evangelischen Akademie zu Berlin 13. und 14. März 2003 eine Tagung zur Evaluation der Wirkung politischer Bildung. An der Veranstaltung nahmen über 100 Experten aus den Bereichen Praxis, Wissenschaft und Politik teil. Ausgangspunkt der Tagung waren die umfangreichen Evaluationen der Bildungsprogramme des C·A·P-Projektes "Erziehung zu Demokratie und Toleranz" in den Jahren 2000 - 2003. Die Ergebnisse dieser Evaluationen stehen als Download bereit.

03.04.2003 · Bertelsmann Forschungsgruppe Politik




Foto: C·A·P

Evaluation und politische Bildung

Folgende Fragen standen im Mittelpunkt der Tagung: Was meint Wirkung in der politischen Bildung und wie kann man sie messen? Was ist möglich zu messen und was sind Grenzen der Messbarkeit? Was sind die Konsequenzen aus den Erfahrungen der Wirkungsevaluation politischer Bildung?
Dabei wurden neben einer allgemeinen Erörterung dieser Fragen aktuelle Evaluationsprojekte vorgestellt sowie in Workshops an einzelnen Fragen gearbeitet und verschiedene Ansätze an Beispielen ausprobiert.

Die Tagung begann mit einem Vortrag von Prof. Dr. Jost Reischmann von der Universität Bamberg, der sich um die Fragen einer Definition von Evaluation, verschiedenen Evaluationstypen und Gütekrieterien für Bildungsevaluation drehte.

Im Bereich politischer Bildung meint Evaluation das methodische und dokumentierte Erfassen und das begründete Bewerten von Prozessen und Ergebnissen zum besseren Verstehen und Gestalten einer Maßnahme. Die Bewertung orientiert sich dabei an der Differenz zwischen einem vorformulierten Soll-Wert und einem festgestellten Ist-Wert. Dies hat zur Voraussetzung, dass die Ziele der Maßnahme seitens der Auftraggeber der Evaluation genau definiert werden. Daran schließt sich die Frage an, wem die jeweilige Evaluation nützen solle und ob eine summative (bilanzierende) Evaluation Ergebnisse überprüfen oder ob eine formative (gestaltende) Evaluation den Bildungsprozess einer Maßnahme begleiten und steuern helfen soll. Kriterien für die Güte einer Evaluation sollten sich an den Standards der Deutschen Gesellschaft für Evaluation orientieren und für den jeweiligen Fall dekliniert werden. An dem pointierten Vortrag entzündete sich eine Debatte über die Schwierigkeit, präventive Maßnahmen, welche zu den Hauptaufgaben der politischen Bildung zählen, zu messen. Im weiteren Verlauf wurden Evaluationen aus der Praxis vorgestellt, die dies auf unterschiedliche Art und Weise versuchen.

Erfahrungen aus der Praxis

Das BLK-Modellprogramm Demokratie leben und lernen wurde von Martina Dietrich vom deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung vorgestellt. Die Evaluation dieses Projektes richtet ihr Augenmerk auf den Dienstleistungsbereich, auf die Weiterentwicklung und Steuerung des Programms. Von Interesse sind dabei individuelle demokratische Handlungskompetenz und die Frage, ob Schulen als ganze eine Entwicklung in Richtung Demokratie gemacht haben.

Das Nidderau-Projekt des Büdinger Kreis e.V., dargestellt von Melanie Zeller und Karsten Rudolf, untersuchte in einer breit angelegten Langzeitstudie in der Stadt Nidderau die Frage, inwieweit politisches und gesellschaftliches Engagement durch politische Bildung und Kommunikation zu fördern ist. Die Vortragenden zogen die Schlußfolgerung, dass Evaluation zur gezielten Kommunikationsarbeit gehört. Die Befragten werden so als Bildungspartner stärker integriert und ihre individuellen Bedürfnisse erfahren eine Rückkopplung.

Das Ziel des Mediationsprojektes Kamenz erläuterte Dipl.-Psych. Frank Ehninger als den Aufbau eines Mediationsnetzwerkes an allen Schulen und Berufsschulen der Stadt Kamenz. In diesem Fall soll die formative, prozessbegleitende Evaluation helfen, das Projekt mit zu entwickeln und die auftretenden Konfliktpunkte an die Projektleitung zurückmelden.

Der C·A·P-Ansatz: "Partizipative Evaluation" - Ansatz und Anwendung

Susanne Ulrich und Florian M. Wenzel vom Centrum für angewandte Politikforschung (C·A·P) München erläuterten anschließend das Konzept der partizipativen Evaluation, nach dem die Bildungsprogramme des C·A·P-Projektes "Erziehung zu Demokratie und Toleranz" evaluiert wurden. Partizipative Evaluation achtet auf eine Einbeziehung der "stakeholder" (Beteiligte und Betroffene). Der Prozess der Evaluation ist gekennzeichnet von der Aushandlung der unterschiedlichen Perspektiven in Hinblick auf das Untersuchungsobjekt. Durch diesen rekursiven Prozess wird eine größere Akzeptanz, Nachhaltigkeit und damit Umsetzung der jeweiligen Evaluationsergebnisse garantiert. Das Konzept wird demnächst im Verlag der Bertelsmann Stiftung erscheinen. Modellhaft wurde das Evaluationskonzept innerhalb des C·A·P-Toleranzprojektes an den Programmen Betzavta/MITEINANDER aus Israel, Eine Welt der Vielfalt aus den USA und Achtung (+) Toleranz vom C·A·P. Die Ergebnisse dieser Evaluationen stehen in einer zusammenfassenden Kurzform und als ausführliche Berichte zum Download bereit.

Profilierung von Evaluation

In verschiedenen Workshops wurden essentielle Fragen zur praktischen Durchführung von Evaluationen und der Rolle von Evaluatoren in der politischen Bildung vertieft. Methodische Ansätze, Konflikte bei der Umsetzung und Nachhaltigkeit von Evaluation wurden thematisiert. In der abschließenden gemeinsamen Debatte wurden die Konsequenzen aus den Erfahrungen der Evaluation politischer Bildung diskutiert. Ein wichtiger Punkt war dabei die Rolle der Evaluation zwischen Wirkungsforschung und Beratung. Gerade bei einer zu starken Einbindung der Evaluation in ein Projekt stellt sich die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Bewertungen. Sie findet sich im schwierigen Geflecht aus Geschäftsbeziehungen von Auftraggebern und inhaltlich unabhängigem Anspruch. Klar wurde, dass die Rolle von Evaluatoren vor allem aufgrund einer fehlenden universitär zugeschnittenen Ausbildung in Deutschland noch sehr offen und weit ist. Die Tagung lieferte den Impuls, das Feld der Evaluation in Deutschland weiter zuzuspitzen und zu qualifizieren. Die Beiträge der Tagung werden in eine umfassende Publikation zur Wirkungsevaluation von politischer Bildung münden.

Downloads

Zusammenfassung der Evaluationsergebnisse der Bildungsprogramme des Projektes Demokratie und Toleranz am C·A·P.

PDF-Datei (29 KB): Download

Ausführliche Evaluationsberichte der Bildungsprogramme des Projektes Demokratie und Toleranz:

1. Betzavta/MITEINANDER

Evaluatiert von der Pädagigischen Hochschule Freiburg:

Endbericht - PDF-Datei (325 KB): Download

Anhang - PDF-Datei (180 KB): Download

2. Eine Welt der Vielfalt

Evaluiert von UNIVATION e.V. Köln:

Endbericht - Word-Datei (1 MB): Download

Endbericht Kurzversion - pdf-Datei (48 KB): Download

3. Achtung (+) Toleranz

Evaluiert vom Institut für Soziologie München:

Endbericht - PDF-Datei (744 KB): Download

Publikation

Susanne Ulrich, Florian M. Wenzel:
Partizipative Evaluation -
Ein Konzept für die politische Bildung
Verlag Bertelsmann Stiftung, Gütersloh 2003


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