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Ein Vertrag zur Reform des Vertrags von Nizza

Den Kernbestand der Verfassungsneuerungen retten - aktualisierter Vorschlag einer pragmatischen Option

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Europäische Kommission

14.06.2006 · C·A·P & Bertelsmann Stiftung



Die EU steckt in einer Verfassungskrise. Gefragt sind Alternativen für den Fall, dass die Europäische Verfassung nicht in Kraft treten kann. Eine pragmatische Option besteht darin, den Kernbestand an Verfassungsneuerungen in die bestehenden Verträge zu übertragen. Hierzu müssten die zentralen Reformen der Verfassung identifiziert und in Gestalt eines Änderungsvertrags zum Vertrag von Nizza gebündelt werden.

Den ersten Entwurf eines solchen Änderungsvertrags hat das Centrum für angewandte Politikforschung gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung ausgearbeitet und vorgelegt. Ergänzend dazu wurde das Positionspapier "Wege aus der Verfassungskrise - Ein Vertrag zum Vertrag von Nizza" verfasst.


Pressemeldung, Juni 2006

Verlängerung der Verfassungsdiskussion darf nicht zu einer Verschleppung der Inhalte führen

Bertelsmann Stiftung und C·A·P plädieren für einen pragmatischen Weg zur Reform der EU

Die Europäische Union kann sich eine Verschleppung der institutionellen Reformen nicht leisten. Im Hinblick auf den anstehenden Beitritt von Bulgarien und Rumänien muss sie so rasch wie möglich die Architektur ihrer Institutionen neu strukturieren um handlungsfähig zu bleiben. Über diese Konsequenz müssen sich die europäischen Staats- und Regierungschefs im Klaren sein, wenn sie am kommenden Wochenende in Brüssel über den Fortgang des weiteren Verfassungsprozesses beraten werden.

Die Debatte um die Zukunft der Europäischen Union wird in den Mitgliedstaaten immer noch unzureichend geführt - eine breite öffentliche Debatte fehlt. Die "Denkpause", die nach dem "Nein" zur Verfassung von Franzosen und Niederländern vor einem Jahr ausgerufen wurde, ist zu einer Pause vom Denken geworden. Ein neuer strategischer Wurf der Politik zur Zukunft Europas ist nicht in Sicht. Die europäischen Regierungen sind in der Zwickmühle: Auf der einen Seite will die überwältigende Mehrheit der Mitgliedstaaten die Handlungsfähigkeit der EU steigern. Doch gerade diejenigen, denen der Verfassungsvertrag besonders am Herzen liegt, können nicht heute schon über Alternativen zu ihm reden. Das würde in der Öffentlichkeit als Einknicken gewertet und die Verhandlungsposition gegenüber den Ländern schwächen, die kritisch gegenüber der Verfassung eingestellt sind. Der Verfassungsvertrag ist immer noch die Beste aller derzeit diskutierten Lösungen. Auf der anderen Seite drängt die Reform der EU. Die Gefahr besteht, dass bei Verlängerung der Verfassungsdiskussion bis 2008 oder gar 2009 nach und nach auch die Bedeutung der Verfassungsinhalte klein geredet würde - zentrale Punkte des Verfassungsentwurfs könnten auf der Strecke bleiben, die Reform der EU würde verschleppt. Wichtig ist daher, dass im Kreis der integrationswilligen Länder bereits heute überlegt wird, was passieren muss, falls der Verfassungsvertrag nicht ratifiziert werden kann und wie die politische Substanz des Vertrags in einer für alle Mitgliedstaaten akzeptable Form gesichert werden kann.

Die Bertelsmann Stiftung und das Centrum für angewandte Politikforschung zeigen in einem gemeinsamen Vorschlag einen pragmatischen Weg auf, wie die EU an diesem Tag X aus ihrer konstitutionellen Sackgasse kommen und ihre Handlungsfähigkeit bewahren kann. Dazu müssten die wesentlichen Neuerungen, wie sie die Europäische Verfassung im Vergleich zum derzeitigen Rechtsbestand vorsieht, in die bestehenden Verträge übertragen werden. Vorstandsmitglied Prof. Werner Weidenfeld: "In den EU-Mitgliedstaaten haben sich die Kontroversen nicht am institutionellen und prozeduralen Kern der Verfassung entzündet. Die Bürger in Frankreich und den Niederlanden haben nicht das geplante Mehr an Handlungsfähigkeit, an Demokratie und Transparenz abgelehnt. Diese zentralen Neuerungen müssen in jedem Falle umgesetzt werden - und das ist möglich."

Die Vorschläge  konzentrieren sich darauf, die Entscheidungsprozesse in der EU zu beschleunigen, um Blockaden einzelner Mitgliedstaaten zu verhindern und eine vertiefte Zusammenarbeit integrationswilliger Länder zu unterstützen. Der Europäische Rat sollte einen Präsidenten und die Union einen Außenminister mit einem eigenen europäischen diplomatischen Dienst bekommen, die EU-Kommission sollte verkleinert und ihr Präsident gestärkt werden. Werner Weidenfeld: "Wir müssen Europa ein Gesicht und eine Stimme geben. Gerade deshalb sind die Inhalte der Verfassung so zentral."

Da in der EU die Interessen der Mitgliedstaaten immer heterogener würden, müsse es einzelnen Mitgliedstaaten möglich sein, in bestimmten Politikbereichen gesonderte Formen der Zusammenarbeit zu praktizieren. Auch hierfür wäre eine Veränderung der geltenden Verträge nötig, wie sie auch der Verfassungsvertrag vorsieht. Dazu gehöre die Einführung neuer Instrumente vor allem im Bereich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. (Ständige Strukturierte Zusammenarbeit, EU-Missionen, Kooperation in der Europäischen Verteidigungsagentur).

Darüber hinaus müssten die Entscheidungs- und Abstimmungsverfahren in der EU reformiert werden. In diesen Fragen herrsche unter den EU-Mitgliedern weitgehend Einigkeit. Die im Verfassungsvertrag vorgesehene Einführung der "doppelten Mehrheit" sowie die Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen im Ministerrat steigerten die Problemlösungskompetenz der EU. Erst sie mache die EU institutionell für die Beitritte weiterer Länder "aufnahmefähig".


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