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Das UNO Freiwilligen-Programm

Lothar Mikulla, Communication Specialist beim Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), zu Besuch am C·A·P

01.05.2012 · C·A·P



Weltweit gibt es mehr als 150 Millionen Menschen, die sich freiwillig engagieren. In ökonomischen Kennzahlen wird damit ein Mehrwert von circa 400 Mrd. US$, das entspricht etwa 1,1 Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes, erwirtschaftet. In Industriestaaten sind es sogar durchschnittlich 3 Prozent der Wirtschaftsleistung. Zehn Jahre nach dem Jahr der internationalen Freiwilligenarbeit hat sich daher das „UN Volunteers“-Programm in einem Bericht mit der Lage der Freiwilligenarbeit in der Welt auseinander gesetzt.


Prof. Dr. Werner Weidenfeld und Lothar Mikulla

Lothar Mikulla, Communication Specialist beim Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), stellte diesen Bericht nun im C·A·P-Forschungskolloquium vor. Nachdem in den 1960er Jahren auf nationaler Ebene vermehrt Programme für ehrenamtliche Tätigkeiten aufgelegt wurden, befassen sich auch die Vereinten Nationen seit 1970 mit der Freiwilligenarbeit. Mikulla – der als Experte für Öffentlichkeitsarbeit auch schon bei der Europäischen Kommission, anderen UN-Einrichtungen und dem Europäischen Patentamt tätig war – zog dabei ein zentrales Fazit: Freiwilligenarbeit ist universal. Sie reicht vom Ehrenamt in Sportvereinen oder der Freiwilligen Feuerwehr bis hin zur Entwicklungszusammenarbeit. Gerade im Bereich der Entwicklungsarbeit könnten aber die Schwellenländer noch stärker von einer Mobilisierung eigener Freiwilliger profitieren. Ein Aspekt, der lange Zeit vernachlässigt wurde. Mikulla erkennt heute aber einen Trend der Süd-Süd-Kooperation, der über die frühere, freiwillige Entwicklungsarbeit aus dem Norden hinausgeht.

Ein Klischee, mit dem er aufräumen möchte, sind verbreitete Stereotypen der Freiwilligenarbeit. Gemeinhin werde angenommen, der typische Freiwillige sei weiß, finanziell abgesichert und weiblich, gehe nach Afrika und tue dort Gutes. Die bereits angesprochene Universalität zeigt aber, dass die Freiwilligenarbeit deutlich vielfältiger ist, als derartige Schemata dies zum Ausdruck bringen können. Gerade in vielen Entwicklungsländern ist die Freiwilligenarbeit, häufig in Form von „Nachbarschaftshilfe“ in einem anderen Entwicklungsland, ein weit verbreitetes Phänomen. Diese Menschen leisten einen Großteil der freiwilligen Arbeit.

Obwohl Mikulla viele Erfolge der Freiwilligenarbeit benennt, verweist er auch auf die Defizite. Einer der Hauptkritikpunkte ist, dass das Potenzial an zusätzlichen Freiwilligen noch sehr groß ist, aber nur unzureichend ausgeschöpft werde, obwohl sich alle UN-Mitglieder zur Schaffung der notwendigen, rechtlichen Strukturen verpflichtet hätten. Spezifische Probleme erkennt er auch in den Staaten des Arabischen Frühlings, wo die Arbeit von zivilgesellschaftlichen Gruppierungen derzeit sehr schwierig sei. Probleme sind auch in etlichen post-sowjetischen Staaten zu erkennen. Dort habe die Freiwilligenarbeit zum einen den Anruch einer verpflichtenden Arbeitsleistung. Zum anderen sind die staatlichen Stellen dieser Länder oftmals nicht bereit für die Sozialbeiträge der Freiwilligen aufzukommen.

Eine neue Dynamik bekommt die Freiwilligenarbeit zunehmend durch die digitale Revolution, die neue Formen des freiwilligen Engagements ermöglicht. Etwa mittels Bildungsangeboten über das Internet. Verstärkt sind heute zudem Firmen im Rahmen ihrer „Corporate Social Responsibility“ in diesem Bereich aktiv. Des weiteren zeigt sich, dass auch an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik einiges in Bewegung kommt. Bereits 1979 hat Bhutan das Bruttonationalglück („Gross National Happiness Index“) als Indikator neben dem Bruttonationaleinkommen eingeführt. Mittlerweile nutzen auch vermehrt Industriestaaten Indizes für das Wohlergehen ihrer Bürger, die über das reine Bruttoinlandsprodukt hinausgehen. Freiwilligenarbeit kann dazu einen signifikanten Beitrag leisten, und das nicht nur, weil Freiwillige eine höhere Lebenserwartung haben als Menschen, die sich nicht engagieren.

Weitere Informationen zum Freiwilligen-Programm der Vereinten Nationen: UN Volunteers