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Angela Merkel. Zwischen Führung und Moderation

C·A·P-Forschungskolloquium mit Professor Gerd Langguth

22.01.2007 · C·A·P



Was ist Angela Merkels Erfolgsgeheimnis? Wie ist der Führungsstil der Bundeskanzlerin zu charakterisieren? Professor Gerd Langguth von der Universität Bonn, Autor einer Biographie über Angela Merkel, stellte die Beantwortung dieser Fragen in den Mittelpunkt seines Vortrags, welcher im Rahmen des Forschungskolloquium des Centrums für angewandte Politikforschung (C·A·P) stattfand.


Prof. Werner Weidenfeld und Prof. Gerd Langguth.

Die Pfarrerstochter Angela Merkel wuchs seit ihrer frühesten Kindheit mit dem Anspruch auf, besser zu sein als alle anderen. Dieses "Musterschülerinnensyndrom" bestimmte auch später in der Politik ihr Verhalten. Auch das Studium der Physik ist ein wichtiges Charakteristikum von Angela Merkel. Physiker haben ein anderes Weltbild, so der Merkel-Biograph Langguth, und gehen auch anders an politische Fragen heran. Schließlich wurde Merkel durch ihr Leben in der DDR geprägt. In einer der Diktatur konnte man nie die Wahrheit sagen, was zu einem "inhaliertem Täuschen und Tricksen" der Bevölkerung führte.

Merkels Aufstieg in der Politik verlief rasant. Ein Faktor ihres Erfolgsgeheimnisses waren politische Ereignisse außerhalb ihres unmittelbaren Einflussbereichs. In schwierigen Situationen der Partei, z.B. während der Krise um Helmut Kohl ab 1998, bewies Merkel aber auch Mut, erklärte Langguth. Dadurch wurde sie im Jahr 2000 zur Vorsitzenden der CDU gewählt. Auch die Tatsache, dass Merkel von vielen unterschätzt wurde, trug zu ihrem Aufstieg bei. Angela Merkel hat sich durchgebissen, "Skalpe" von früheren Förderern wie Lothar de Maizière oder Helmut Kohl genommen und diese anschließend beerbt. Professor Langguth stellte zwei zentrale Thesen zur Politikerin Angela Merkel auf: Erstens hat sie den unbedingten Willen zur Macht. Zweitens ist sie ideologiefrei und eine Generalistin ohne langjährige Erfahrungen in der Politik. Im Vergleich mit anderen Kanzlern wie Helmut Kohl, dem "Staatsmann", und Gerhard Schröder, dem "Lustkanzler", sei Angela Merkel die "Problemlöserin", so der Merkel-Biograph.

Den Führungsstil der Bundeskanzlerin charakterisiert einerseits Misstrauen, andererseits der Genuss von Macht. Angela Merkel arbeite sieben Tage die Woche jeweils 24 Stunden für die Politik, erklärte Langguth. Ihr wichtigstes Kommunikationsinstrument ist das Handy – ein Grund, weshalb die SMS in internen Kreisen bald "Short Merkel Service" genannt wurde. In ihrer Rationalität unterschätze die Kanzlerin jedoch oft Emotionen und Ängste der Bürger, so Langguth, denn wer verändern will, verursache Angst. Die Reformen im Gesundheitswesen untersteichen diese These. Schließlich besitzt Angela Merkel die Liebe zum Detail, was ihr Vor- und Nachteile einbringt. Einerseits kenne sie sich gut aus und lässt sich daher "nicht über den Tisch ziehen", andererseits sieht sie vor lauter Details oftmals die großen Linien der Politik nicht mehr, betonte Langguth. Die Bundeskanzlerin ist mit ihrer Sphinxhaftigkeit wie viele Menschen ihrer Generation letztlich auch Ausdruck der heutigen Zeit, schloss der Merkel-Biograph Langguth.


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