Ohne Angst verschieden sein
Die Begegnung mit "dem Fremden" ist für die meisten Menschen mit Ängsten, Spannungen und Konflikten verbunden. Gleichzeitig ist sie eine gesellschaftliche Realität, mit der auf konstruktive Weise umgegangen werden muss.
"Ohne Angst verschieden sein - In der Fremde sich selbst begegnen" ist ein Seminarkonzept, das 2003 am Centrum für angewandte Politikforschung (C·A·P) der Universität München entstanden ist, um dieser Herausforderung zu begegnen.
Unter der Leitfrage "Welche Voraussetzungen muss der Einzelne mitbringen, um Fremdheit offen und akzeptierend begegnen zu können?" ist ein Seminarkonzept entstanden, dessen Besonderheit vor allem darin besteht, dass es in der Fremde stattfindet. Die Teilnehmenden verlassen für einige Zeit ihr gewohntes Lebensumfeld, um eigene Fremdheitserfahrungen zu machen und zu reflektieren.
Zudem wird im Austausch mit den anderen Seminarteilnehmerinnen deutlich, dass auch Menschen desselben Kulturkreises durchaus unterschiedliche Fremdheitserfahrungen machen. Somit wird eine zusätzliche Kategorie von Verschiedenheit ins Spiel gebracht.
Methode & Setting
Diese Erfahrungen sollen gemacht werden in einem Land, dessen Landschaft, Kultur, Religion, Menschen, Essen, Alltag usw., dessen soziale und politische Realität möglichst verschieden ist vom eigenen kulturellen Hintergrund.
Um diese Unterschiedlichkeit nicht nur als "staunende Touristen" zu erfahren, bekommen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Rahmen der Übung "Arbeit" für einen Tag einen Einblick in die Arbeitswelt des Ortes.
Der Tag beim Friseur, bei der Hausfrau, dem Bäcker, Drechsler oder Fischer wird später in der Seminargruppe ausgewertet und in Relation zum Arbeitsalltag in der Heimat gestellt.
Die Gruppe erfährt im Verlauf dieser Erfahrung viel über die gesellschaftliche Position von Berufsgruppen, Geschlechterrollen und die wirtschaftlichen Maßstäbe.
Die dabei entstehenden Spannungsverhältnisse, die auf unterschiedlichen politischen, ökonomischen, kulturellen und religiösen Werten und Sichtweisen beruhen, werden ernstgenommen und bearbeitet.
In der Übung "Clash of Cultures" werden die Berührungen mit der Kultur des Gastlandes aufgearbeitet, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer befremdlich fanden, die sie als problematisch wahrgenommen haben.
Die direkte Auseinandersetzung mit solchen Spannungen vor Ort ermöglicht die Reflexion und das Ausprobieren neuer Handlungsoptionen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können eine ähnliche Situation aufsuchen und in der Gruppe erprobte Reaktionen in der Praxis anwenden.
Die in der Fremde gemachten Erfahrungen sollen es den Teilnehmenden ermöglichen, in ihrer Heimat den Menschen fremder Kulturen empathisch zu begegnen und mit deren Sichtweisen, Ängsten und Problemen verständnisvoller und offener umzugehen.
Das Programm ist in den letzten Jahren mit Jugend- und Erwachsenengruppen in Deutschland, der Türkei und dem Senegal erprobt worden.