19.04.2024
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The Rise of the Creative Class

... and how it’s transforming work, leisure, community, & everyday life

Richard Florida:
The Rise of the Creative Class
... and how it’s transforming work, leisure, community, & everyday life
Basis Books, New York 2002, 434 Seiten ISBN 0-465-02477-7

Rezensiert von Anna-Lena Hettler


01.06.2005 · Reviewed by Anna-Lena Hettler


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Es stellt sich heute immer häufiger die Frage, inwieweit gegenwärtige Wirtschaftsmodelle noch zeitgemäß sind. Die ökonomischen Rahmenbedingungen haben sich im Zuge der Globalisierung verändert und Symptome wie Arbeitslosigkeit, Abwanderung von Arbeitsplätzen in Niedriglohnländer sowie sinkende Wachstumsraten stellen in vielen Ländern ein schwerwiegendes Problem dar. Um diesem Problem näher zu kommen, müssen neue Determinanten für wirtschaftliches Wachstum und internationale Wettbewerbsfähigkeit analysiert werden. Von großer Bedeutung ist dabei das Zusammentreffen von technologisch innovativen Regionen und kreativen Menschen. Dieser wachsende Einfluss von Kreativität in allen Bereichen der heutigen Gesellschaft hat in den USA bereits eine rege Debatte über eine neue wirtschaftliche Ordnung ausgelöst, die in Deutschland bisher weitaus geringere Beachtung fand.

In seinem Buch "The Rise of the Creative Class" analysiert Richard Florida die Beziehung von Kultur, Kreativität und wirtschaftlichem Wachstum und weist nach, dass Kreativität als Standortfaktor entscheidend zu ökonomischem Erfolg beiträgt. Damit schließt er sich dem weit verbreiteten Standpunkt an, dass wirtschaftliches Wachstum in Industrieländern vor allem durch kreatives Handeln generiert würde. Am Beispiel der USA stellt er die These auf, dass Kultur mit ihrer positiven Wirkung auf Kreativität eine wichtige Determinante für wirtschaftlichen Erfolg ist. Denn durch die richtige Umsetzung von Kreativität können Rendite und Arbeitsplätze geschaffen werden. Für die Entfaltung kreativer Fähigkeiten sind nach Florida kulturelle Umfeldbedingungen entscheidend. Darüber hinaus geht er davon aus, dass Firmen ihren Standort nicht mehr nach traditionellen Standortfaktoren, wie etwa niedrige Steuersätze oder günstige Immobilienpreise aussuchen, sondern sich vielmehr nach der Ortswahl kreativer Köpfe richten. Standorte mit kulturellen Möglichkeiten gewinnen durch ihre große Anziehungskraft auf kreative Menschen an Bedeutung. Darauf aufbauend sind Milieu und Kultur also für wirtschaftliches Wachstum entscheidend.

Die von Florida entwickelte "kreative Klasse" spielt für die Wachstumsdynamik einer Region eine nachweisbare Rolle: "I define it [the Creative Class] as an economic class and argue that its economic function both underpins and informs its members’ social, cultural and lifestyle choices. The Creative Class consists of people who add economic value through their creativity." (S. 68) Bereits heute arbeiten etwa 30 Prozent der Berufstätigen in den USA und anderen vergleichbaren Industrienationen im Kreativsektor. Darunter werden unter anderem Berufsgruppen aus den Bereichen IT, Medien, Kunst, Bildung, Wissenschaft und Management gezählt, d.h. Menschen, die eine kreative und eigenständige Leistung erbringen.

Damit sich Kreativität und Kultur zugunsten der Wirtschaft frei entfalten können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden: "The key to understanding the new economic geography of creativity and its effects on economic outcomes lies in what I call the 3T’s of economic development: Technology, Talent and Tolerance." (S. 249) Regionen, in denen die 3Ts zusammenfallen, können durch relativ starkes Wachstum punkten. Um seine These zu belegen, untersucht der Autor verschiedene Regionen der USA nach dem von ihm entwickelten "Creativity Index". Dieser setzt sich zusammen aus dem "Innovation Index" (Patentanmeldungen pro Kopf), dem "High-Tech Index" (regionaler Anteil an Beschäftigten in der High-Tech-Industrie), dem "Talent Index" (Prozentsatz der Bevölkerung mit Hochschulabschluss) und dem "Tolerance Index", bzw. dem "Gay Index" (misst die Verschiedenheit der Bevölkerung). Das Ergebnis seiner Untersuchung zeigt Florida in einem "Ranking" auf, dabei zeichnen sich stark wachsende Regionen durch einen hohen "Creativity Index" aus. Zu diesen Regionen gehören Metropolen wie San Francisco, Austin, Boston und Seattle.

In seinem Buch erarbeitet Florida eine allgemeine Wachstums-Strategie, in der es darauf ankommt, kreative und qualifizierte Menschen anzuziehen und am Ort zu halten. Grundvoraussetzungen für die Entfaltung von Kreativität sind Offenheit gegenüber ethnischen Minderheiten, Vielschichtigkeiten der Interessen und aktive Toleranz. Erst durch attraktive Lebensbedingungen kann das Lifestyle-Gefühl der kreativen Klasse gefördert und in Produktivität umgesetzt werden. Um die nötigen Rahmenbedingungen zu gestalten dringt Florida, jenseits der rein ökonomischen Sichtweise, mit seiner Wachstums-Strategie auch in andere Politikbereiche ein.

Diskussionswürdig in Floridas 3T-These scheint die Tatsache, dass er die Entwicklungen der von ihm beschriebenen Klasse weniger den technologischen Innovationen zuschreibt, sondern vielmehr den sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen der heutigen Gesellschaft. Die Frage ist, ob ein von ihm beschriebenes Aufeinandertreffen der 3Ts wirklich ausreicht um die Kriterien und Faktoren des wirtschaftlichen Wachstums in Zeiten der Globalisierung zu erklären.

Insgesamt leistet das Buch einen hochinteressanten Beitrag über die ökonomischen Fragestellungen, Werte und Entwicklungen der amerikanischen Gesellschaft. Florida analysiert dabei nicht nur wirtschaftliche sondern auch soziale und kulturelle Veränderungen in den Bereichen Arbeit, Freizeit, Gemeinwesen und Alltag. Auch wenn Floridas These auf Amerika zugeschnitten ist, beinhaltet sie doch einige Ansätze, die auch für Deutschland interessant sein könnten. Auch hierzulande gilt es, kulturelle Schwerpunkte zu setzten, Kreativität durch Investitionen zu fördern und bessere Bedingungen für unternehmerische Initiativen zu schaffen. Denn nur dadurch kann die Standortattraktivität Deutschlands gesteigert werden.

Das Buch empfiehlt sich als wichtiger Beitrag über eine neue wirtschaftliche Ordnung und eignet sich gleichzeitig als Aufforderung, Wirtschaft heute neu zu denken. Richard Florida wählt einen leicht zu lesenden Schreibstil, der sich dem Jargon der von ihm beschriebenen kreativen Klasse anzupassen scheint. Mit seinen theoretischen, analytischen und empirischen Ausführungen bietet das Buch aber auch für Experten, Politiker und Unternehmer aufschlussreiche und diskussionswürdige Ergebnisse.


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