Warum soll ich zur Europawahl gehen?
Bürger legitimieren die EU
04.06.2009 · Position von Werner Weidenfeld
Seit der ersten Direktwahl zum Europäischen Parlament im Jahr 1979 sinkt die Wahlbeteiligung von 63 auf zuletzt 46 Prozent. Viele Bürger haben das Gefühl, ihre Stimme zähle auf europäischer Ebene nicht. Zudem ist Europapolitik für viele undurchschaubar die europäischen Eliten vermochten es bislang nicht, die Komplexität der Entscheidungsfindung zu vereinfachen.
Das größte Manko ist der Mangel an einer europäischen Streitkultur, dem Grundelement politischen Wettbewerbs. Die Parteien bieten weder harte Profil- und Sachalternativen noch weisen sie mit Blick auf ihre Europapolitik echte Personaloptionen auf. Der Europapolitik fehlen die Gesichter. Der Entzug von Vertrauen ist die Folge.
Das politische System der Europäischen Union (EU) und dessen öffentliche Wahrnehmung befinden sich dadurch in einer dramatischen Schieflage. Die Europaabgeordneten entscheiden in zahlreichen Bereichen mit, die den Bürger direkt betreffen. Der Vertrag von Maastricht führte 1992 das "Mitentscheidungsverfahren" ein, welches das Parlament den nationalen Regierungen im Gesetzgebungsprozess gleichstellt. Tritt der Vertrag von Lissabon in Kraft, würde das Mitentscheidungsverfahren zum "ordentlichen Gesetzgebungsverfahren", das in zahlreichen Politikfeldern Anwendung fände und die Bedeutung der Parlamentarier aufwertet.
In den Köpfen der Menschen ist der Mythos des schwachen Parlaments nach wie vor fest verhaftet. Dass sich die EU und damit auch das Europäische Parlament zum Rückgrat der politischen Systeme der Mitgliedstaaten entwickelt haben, muss dringend vermittelt werden. Denn durch die Beteiligung an der Europawahl verleihen die Bürger der EU die dringend benötigte Legitimität.
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