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Die CSU-Mehrheit ist nicht gottgegeben

Die CSU-Erfolgsstory verstellt den Blick für die Ursachen der hohen Mobilisierung von Stammwählern.

21.09.2003 · Karl-Rudolf Korte



Der Überraschungseffekt fällt am Sonntagabend vermutlich gering aus: Die CSU gewinnt die Wahlen in Bayern mit deutlichem Vorsprung. Wir haben uns daran gewöhnt, dass bayerische Ministerpräsidenten mit absoluter Mehrheit regieren. Auch eine Zwei-Drittel-Mehrheit ist nicht mehr auszuschließen. Die Gewöhnung an diese CSU-Erfolgsstory verstellt den Blick für die Ursachen der hohen Mobilisierung von CSU-Stammwählern.

Der simple Verweis auf den Gegentrend zur rot-grünen Bundesregierung reicht nicht aus. Wie hätte sich sonst bei den Wahlen in Bremen vor ein paar Monaten Henning Scherf (SPD) halten können? Die hegemoniale Stellung der CSU in Bayern ist keineswegs auf Dauer festgeschrieben. Die Startvorteile eines ländlichen Siedlungsraumes und eines hohen Katholikenanteils sind bald aufgebraucht. Auch bayerische Wähler wählen zunehmend situationsorientierter. Um die Wähler zu mobilisieren, bedarf es mehr als einer Verneigung vor dem konservativen Milieu.

So ist die CSU darauf aus, am Sonntag wieder stärkste Partei in allen Bevölkerungsgruppen zu werden. Das ist nur möglich, wenn man als Graswurzelpartei auftritt. Wie eine Selbsthilfeorganisation agiert die Partei mit fast 3000 Ortsverbänden. Die Dichte der Organisation, flächendeckende Präsenz und ein modernes Management erschließen neue Netzwerke und traditionelle Bindungen. Bis auf den Umweltschutz gilt die CSU bei den Wählern in allen wichtigen Politikfeldern weitaus kompetenter als die anderen Parteien. Das gelingt ihr durch einen Politikmix: unternehmerfreundliche Wirtschaftspolitik und zeitgleich sozialdemokratische Arbeits- und Sozialpolitik. High-Tech und Heiligenverehrung kombinieren die Christ-Sozialen. Hinzu kommt eine ökonomische Leistungsbilanz, die ein positives Grundgefühl der Bayern weckt: Uns geht es besser als den anderen, wenngleich die Zeiten auch in Bayern schwieriger werden. Wenn Stoiber im Vergleich zur letzten Landtagswahl zulegt, dann hat er - anders als Strauß - in Serie bei jeder Wahl Prozente hinzugewonnen. Das ist der Stoiber-Effekt. Der Ministerpräsident stilisiert sich gerne als Top-Manager und Power-Entscheider, was in einer Alleinregierung ohne Koalitionspartner leicht möglich ist.

Die Stellung der CSU ist nicht gottgegeben, sondern weitgehend erarbeitet. Das könnte ermutigend für die Opposition sein, die sich mit Themen profilieren muss, charismatischer Führungsfiguren bedarf und auf ein modernes Parteimanagement angewiesen ist. Wenn die CSU die Fähigkeit verliert, sich immer selbst zu erneuern, schlägt die Stunde der Opposition. Viele Stoiber-Kontrahenten warten zudem auf den Weggang des Landesvaters. Die CSU-Unruhen in der Nachfolge von Strauß sind noch in Erinnerung. Falls sich die CDU bei der Kanzlerkandidatenfrage intern blockiert, könnte es auf Stoiber nochmals zulaufen. Wahrscheinlicher ist allerdings die noch vage Chance für Stoiber Bundespräsident zu werden. Die FDP hätte auch Stoiber als Kanzler mit gewählt. Angela Merkel würde sich die Loyalität der CSU für ihre eigene Kandidatur als Kanzlerin sichern. Was spricht aus Stoibers Sicht dagegen, als Bundespräsident Vorbote einer neuen machtpolitischen Konstellation zu sein und damit seinen Ziehvater Strauß endgültig zu übertrumpfen?


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