UN-Generalsekretär Kofi Annan fordert G8-Gipfel zu überzeugenden Initiativen auf
Weltpolitische Führungsrolle Deutschlands erwünscht
Prof. Dr. Werner Weidenfeld, Mitglied des Vorstands der Bertelsmann Stiftung und Direktor des C·A·P, begrüßt Kofi Annan, Generalsekretär der Vereinten Nationen, in Berlin.
11.07.2006 · C·A·P
Angesichts von 1,5 Milliarden Menschen ohne jegliche Stromversorgung auf der Welt, müsse auf dem G8-Gipfel das Thema Energieversorgung der Entwicklungsländer bewusster gemacht und gleichzeitig den schädlichen Folgen der Nutzung fossiler Energieträger stärker entgegen gewirkt werden, erklärte Annan auf der gemeinsamen Veranstaltung der Bertelsmann Stiftung und der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen: "Diese Brennstoffe beeinträchtigen die Nachhaltigkeit des Lebens, und unsere Abhängigkeit von ihnen gefährdet die Zukunft der Menschheit selbst." Gemeinsam verfüge die Weltgemeinschaft durchaus über das Wissen und die Ressourcen, um sowohl die Armut zu besiegen, die das Leben so vieler Menschen überschatte, als auch den Planeten und sein Klima zu schützen. "Was uns bislang fehlt, ist der Wille, dieses Wissen und diese Ressourcen richtig einzusetzen. Auf dem Gipfeltreffen in der kommenden Woche können und müssen wir damit beginnen, dies zu ändern." Er zähle darauf, dass Deutschland seine Führungsrolle in der EU und in der G8-Gruppe nutze, um diese Schritte sicherzustellen.
An Deutschland und seine europäischen Nachbarn richtete der UN-Generalsekretär zudem die Erwartung zu einem langfristigen Engagement bei der Friedenssicherung im Kongo über die Sicherung der Wahlen hinaus. Er hoffe, dass es mit dieser Initiative "nicht getan sein wird". Nach der Schließung der Wahllokale sei Hilfe bei der Reform des Sicherheitswesens, der Polizeiausbildung und der Verbesserung der Regierungsführung notwendig.
"Wir dürfen in der Demokratischen Republik Kongo nicht dieselben Fehler begehen wie allzu häufig bei früheren internationalen Reaktionen auf Postkonfliktsituationen", betonte Annan. "Fehler, die auf knappe Mittel, mangelnde Koordinierung und einen überstürzten Abzug zurückzuführen waren." Allzu oft sei das Ergebnis der Zusammenbruch eines mühsamen errungenen Friedens gewesen. Wenige Jahre später habe die internationale Gemeinschaft dann erneut eingreifen müssen. "Dies ist eine Tragödie für alle Betroffenen, vor allem aber natürlich für die Bevölkerung der Länder, denen wir zu helfen versuchen." Der Einsatz der Bundeswehr im Kongo hat nach den Worten Annans historische Bedeutung. "Die Ankunft deutscher Soldaten auf kongolesischem Boden eröffnet ein neues Kapitel des deutschen Engagements in der Welt auf dem Gebiet des Friedens und der Sicherheit." Deutschland und seine europäischen Verbündeten setzten ein machtvolles Zeichen der Unterstützung für das zweitgrößte Land Afrikas.
Gleichzeitig würdigte Kofi Annan die Rolle Deutschlands bei der weltweiten Förderung der Entwicklungsagenda. Zusammen mit anderen führenden Mächten habe es in bisher nicht dagewesener Weise dabei die Führung übernommen. Nach dem G8-Gipfel im vergangenen Jahr zeige sich jetzt ein weltweites Engagement, das die Vereinten Nationen viele Jahre angestrebt hätten. "Dabei handelt es sich keineswegs nur um leere Versprechungen. Bereits im vergangenen Jahr betrug die weltweite öffentliche Entwicklungshilfe erstmals mehr als 100 Milliarden Dollar, der höchste Anteil am Bruttonationaleinkommen seit 1992."
Annan mahnte alle Europäer aber auch, ihrer Selbstverpflichtung nachzukommen, in diesem Jahr ihre öffentliche Entwicklungshilfe auf 0,33 Prozent des Nationaleinkommens anzuheben. "Ich bin zuversichtlich, dass Deutschland selbst sich nicht nur dieser Herausforderung stellen wird, sondern auch einen klaren Zeitplan für die Einhaltung seiner neuerlichen Zusage vorlegen wird, 0,7 Prozent des Nationaleinkommens für die öffentliche Entwicklungshilfe bereitzustellen."
Denn nach wie vor gebe es gewaltige Hindernisse zu überwinden, um die Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen bis 2015 zu erreichen. Aus jüngsten Studien gehe hervor, dass in Subsahara-Afrika heute etwa 140 Millionen mehr Menschen unter extremer Armut litten als vor 15 Jahren. Annan: "Ob es Afrika nun gelingt, diesen Trend umzukehren und dem Ziel der Halbierung der extremen Armut näher zu kommen, wird in hohem Maße von der Führungsrolle Deutschlands im nächsten Jahr abhängen. In Anbetracht Ihres immer größeren Engagements in der Welt habe ich keine Zweifel, dass Sie dieser Aufgabe gewachsen sein werden."
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