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Europäische Jugendforschung

Dr. Barbara Tham beim 4. Forum zu Perspektiven Europäischer Jugendpolitik in Bonn

12.10.2005 · Forschungsgruppe Jugend und Europa



Bessere Kenntnis über und ein gutes Verständnis der Jugendlichen sind die Voraussetzungen dafür, dass die Jugendpolitik den Erwartungen und Bedürfnissen der jungen Menschen in Europa gerecht werden kann. Dieser Herausforderung hat sich die Europäische Union in ihrem Weißbuch "Neuer Schwung für die Jugend in Europa" 2001 gestellt und 2004 im Rahmen der jugendpolitischen Zusammenarbeit in Europa näher ins Visier genommen. Mit Hilfe der "Offenen Methode der Koordinierung (OMK)" sollen die hierfür erforderlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die OMK wurde für die Politikbereiche eingeführt, in denen die EU enger zusammenarbeiten möchte, die Zuständigkeit jedoch bei den Mitgliedstaaten liegt. Zentrale Bestandteile des Verfahrens sind die Festlegung gemeinsamer Zielsetzungen und Leitlinien, deren Umsetzung in nationale und regionale Politik sowie die regelmäßige Überwachung und Bewertung des Prozesses mit dem Ziel des gegenseitigen Lernens.

Im Hinblick auf das anvisierte Ziel "Mehr Wissen über die Jugend" besteht jedoch noch erheblicher Handlungsbedarf auf nationaler Ebene. Zu diesem Ergebnis kam ein Workshop zur Jugendforschung, an dem Dr. Barbara Tham im Rahmen des 4. Forum zu Perspektiven Europäischer Jugendpolitik in Bonn teilgenommen hat. Die Veranstaltung, die von der Deutschen Agentur JUGEND FÜR EUROPA und der Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe organisiert wurde, stand unter dem Thema "Ein Weißbuch und ein Pakt für die Jugend: neuer Schwung in Deutschland?" und analysierte die OMK und deren Umsetzung in Deutschland.

Im Rahmen des Workshops zur Jugendforschung wurden einige grundlegenden Gedanken und Anregungen formuliert, dessen wesentlichen Ergebnisse im Folgenden zusammengefasst werden. Eine umfassende Tagungsdokumentation wird derzeit von den Veranstaltern erstellt.

Zunächst hat die Arbeitsgruppe eine genauere Differenzierung der Jugendforschung vorgenommen. Es handelt sich im einzelnen um die Bereiche: Soziologische Jugendforschung, Jugendhilfeforschung, Jugendarbeitsforschung, europabezogene politische Einstellungsforschung sowie Jugendpolitikforschung.

Außerdem ist zu beachten, dass sich das von der EU angesprochen Wissen über die Jugend nicht ausschließlich auf den Forschungsbereich bezieht, sondern neben dem wissenschaftlichen Wissen auch das Wissen der Jugendlichen selbst sowie das Erfahrungswissen aus der Praxis der Jugendarbeit umfasst.

Im Hinblick auf die Ausgangssituation wurde von der Arbeitsgruppe festgestellt, dass ein gesichertes Wissen über die Lebenssituation und Einstellung Jugendlicher in der EU prinzipiell vorhanden ist. Dieses beruht insbesondere auf der soziologischen Forschung und der Grundlagenforschung. Allerdings wird das vorhandene Wissen bisher in Deutschland nicht genügend wahrgenommen. Die konkreten Ziele der OMK sind zudem im nationalen Rahmen noch nicht systematisch realisiert worden. Insbesondere im Bereich der praxisbezogenen und qualitativen Forschung bestehen hier erhebliche Defizite.

In bestimmten Bereichen gibt es kaum Verbindungen zwischen der nationalen und der europäischen Jugendforschung. Es stellt sich die Frage, wie eine vergleichende, transnationale und europabezogene Forschung organisiert und strukturiert werden kann. Hierzu wäre eine Verstärkung der Netzwerkbildung auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene nötig. Ebenso ist auch eine interdisziplinäre Verzahnung der Jugendforschung.

Im Hinblick auf die Umsetzung der OMK in Deutschland bedeutet dies, im Bereich der Forschung den lokalen und regionalen Bezug herzustellen und die vorhandenen Ressourcen zu nutzen. Die lokale Ebene ist wesentlicher Ausgangspunkt für die Wissensgenerierung. Hierfür sind entsprechende finanzielle, personelle und infrastrukturelle Ressourcen unumgänglich. Als besondere Herausforderung wurde von der Arbeitsgruppe dabei die Herstellung von Transparenz zwischen Politik, Forschung und Jugendpraxis angesehen.

Bei den inhaltliche Prioritäten der europabezogenen Jugendforschung wurden insbesondere die Europäische Bürgergesellschaft, die Positionierung der EU zwischen Wirtschaftsgemeinschaft und Wertegemeinschaft sowie die Beeinflussung von Lebensbedingungen durch Prozesse der Transnationalisierung (z.B. neue Mobilitätsformen) als vordringlich eingestuft.

Abschließend hob die AG nochmals die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Begleitforschung der europäischen Jugendpolitik und deren Umsetzungen (z.B. Programm- und Maßnahmenevaluierung) hervor. Hierbei muss Transparenz und Rückkopplung der Forschungsergebnisse an die Praxis, die Jugendpolitik und in die gesamte Fachöffentlichkeit gewährleistet sein. Der Querschnittsansatz im Bereich der Jugendpolitik ist dabei auch auf die Jugendforschung anzuwenden, d.h. jugendpolitische Fragestellungen sind ebenso in anderen Forschungsbereichen zu verfolgen.


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