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7. Einbindung in die internationale Gemeinschaft und Außenpolitik

7.4. Die Beziehungen Türkei – Russland

Das türkisch-russische Verhältnis ist ambivalent und hat sich seit der Gründung der Republik in unterschiedliche Richtungen entwickelt. Da sich die anatolische Unabhängigkeitsbewegung sowohl gegen europäische Mächte wie Frankreich, Italien und Großbritannien als auch Griechenland und Armenien richtete, konnte die Jungtürken unter Mustafa Kemal nur von der Sowjetunion Unterstützung erwarten. Schon im Sommer 1920, also noch vor der Ausrufung der türkischen Republik, erkannten sich beide Staaten gegenseitig an und nahmen diplomatische Beziehungen auf. Mit diesem Bündnis machte sich die Unabhängigkeitsbewegung in den Augen der USA zur bolschewistischen Bewegung. Für Mustafa Kemal bedeutete das Bündnis jedoch keinesfalls einen ideologischen Schulterschluss. Vielmehr war sich dieser der Notwendigkeit der Unterstützung Lenins bewusst, nachdem sämtliche europäische Staaten als Besatzer vertrieben waren und damit als Partner ausschieden.

In den darauf folgenden Jahren entwickelte sich das Verhältnis zwischen beiden Staaten weiterhin positiv. Im Jahr 1921 wurde ein türkisch-sowjetischer Vertrag über „Freundschaft und Brüderlichkeit“ unterzeichnet. Im gleichen Jahr legten beide Staaten ihre gemeinsamen Grenzen im Vertrag von Kars fest. Im Jahr 1925 einigten sich beide Staaten auf einen „Nichtangriffs- und Neutralitätspakt“, in dem sich die Türkei und die Sowjetunion dazu verpflichteten, keinem Bündnissystem beizutreten, das ihre Beziehungen gefährden könnte. Dieser Vertrag wurde noch zweimal, 1929 und 1935, verlängert. Auch die Aufnahme der Türkei in den Völkerbund (1932) kam mit Hilfe der Sowjetunion zustande.

Nach dem Zweiten Weltkrieg veränderte sich das zuvor betont freundschaftliche Verhältnis jedoch abrupt. Im Jahr 1946 verkündete Stalin, den „Nichtangriffs- und Neutralitätspakt“ nicht verlängern zu wollen. Zudem stellte er territoriale Forderungen, die zwei nordöstliche Städte in der Türkei betrafen. Ferner forderte er das Recht auf Mitverwaltung der Meerenge des Marmara-Meers und kündigte damit den Vertrag von Montreux (1936) auf, der eine Internationalisierung der Region um Marmara-Meer, Dardanellen und Bosporus vorsah. Die Reaktion der Türkei lief auf ein Bündnis mit den USA hinaus, die die Türkei gegen den Expansionsdrang der UdSSR schützte und in den folgenden Jahren militärisch und finanziell unterstützte. Mit ihrem Beitritt zur NATO im Jahr 1952 bezog die Türkei eine eindeutig anti-sowjetische Stellung im Ost-West-Konflikt und wurde damit zu einem Einflussgebiet der Westmächte an den Grenzen der Sowjetunion.

In jüngster Zeit zeichnet sich das russisch-türkische Verhältnis vor allem durch die wachsende Konkurrenz um den Status als Energielieferanten für Europa und die USA und durch die Rivalität um die Stellung als regionale Vormacht aus. Die russische Monopolstellung vor allem für den europäischen Erdgas- und Erdölmarkt wird zusehends von Pipelines, die aus dem zentralasiatischen Raum unter Umgehung des russischen Territoriums durch die Türkei nach Europa führen, beeinträchtigt. Die europäischen Staaten unterstützten den Bau neuer Zulieferstrecken, um ihre Energie- und Lieferquellen zu diversifizieren und damit unabhängiger von Russland zu werden.

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