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EU verweigert Peking Aufwertung

Franco Algieri: "Die Europäer treten heute härter und selbstbewusster gegenüber China auf."

China erfüllt nach Auffassung der Europäischen Kommission noch nicht die Bedingungen einer Marktwirtschaft. Dies sagte Kommissionspräsident José Manuel Barroso nach dem Treffen mit Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao beim EU-China-Gipfel in Helsinki.

Ein Artikel von Sabine Mucat, www.ftd.de

10.09.2006 · Financial Times Deutschland



Die Ablehnung des chinesischen Wunschs habe keine politischen Gründe. "Es geht darum, ob die Kostenkalkulation chinesischer Unternehmen eine verlässliche Grundlage für Anti-Dumping-Verfahren ist." Der Marktwirtschaftsstatus würde Chinas Verhandlungsposition in Anti-Dumping-Verfahren verbessern. Dies war einer von mehreren Punkten, bei denen die EU China drängt, seiner Verantwortung als wirtschaftliche und politische Macht stärker gerecht zu werden. Dazu gehören sowohl Handelsfragen als auch die Kooperation bei weltpolitischen Krisen.

China und die EU wollen mit Verhandlungen über ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen beginnen. Barroso machte aber klar, dass China dabei helfen müsse, Sorgen über seinen Aufstieg in Europa zu entkräften. "Man muss in der öffentlichen Meinung verankern, dass Chinas Wachstum eine Chance nicht nur für China, sondern auch für Europa ist."

Um als Marktwirtschaft anerkannt zu werden, müsse China Unternehmensbuchhaltung und Konkursrecht in Einklang mit internationalen Anforderungen bringen, sagte Barroso. Auch müsse der Staat den staatlichen Einfluss auf die Wirtschaft begrenzen. Man habe auch den Marktzugang angesprochen, so Barroso. Europäische Unternehmen sind bei Übernahmeversuchen in China zwischen die Fronten einer innenpolitischen Debatte über ausländischen Einfluss in strategisch wichtigen Industrien geraten.

Druck auf China nimmt zu

Auch politisch erhöhen die Europäer den Druck auf China. Sie erwarten, dass China seine Kriterien für die Vergabe von Entwicklungshilfe transparenter macht. Die Europäer werfen China vor, afrikanische Diktaturen zu stützen, um sich den Zugang zu Rohstoffen zu sichern. So ist eine Resolution im Uno-Sicherheitsrat gegen Sudan an Chinas Widerstand gescheitert. In der Abschlusserklärung befürwortet China nun offenbar ein Uno-Friedenssicherungsmandat.

Europa sei in einer besseren Verhandlungsposition als vor zwei Jahren, meint Franco Algieri, EU-China-Experte am Centrum für angewandte Politikforschung (C·A·P) in München. "Die Europäer treten heute härter und selbstbewusster gegenüber China auf." So steht der auf dem EU-China-Gipfel 2004 gefasste Plan, das 1989 verhängte Waffenembargo gegen China aufzuheben, vorerst nicht mehr auf der Agenda. Die Aufhebung der Sanktion war vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder vorangetrieben worden. Die neue Bundesregierung macht bisher keine Anstalten, das Thema neu zu beleben. Wen Jiabao reist am Donnerstag nach Berlin.

Das geplante Partnerschaftsabkommen mit China soll ein Handels- und Wirtschaftsabkommen aus dem Jahr 1985 teilweise ersetzen. Beobachter rechnen mit einem schwierigen Prozess. "Der Knackpunkt wird sein, ob es die Europäer schaffen, die Anerkennung von Menschenrechten und demokratischen Werten zu verankern", sagte Algieri. Wen lehnte eine solche Verknüpfung in Helsinki ab.


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