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Neuinterpretation, Anpassung, Revision und Reform – Positionen zum Stabilitäts- und Wachstumspakt

Von Matthias Belafi, Roman Maruhn und Christine Schmid

14.01.2005 · Bertelsmann Forschungsgruppe Politik



Die Europäische Union (EU) hat im Lauf des vergangenen Jahrzehnts als Akteur in der Weltwirtschaft erhebliches Gewicht gewonnen. Die wirtschaftlichen Projekte der neunziger Jahre haben einen Qualitätssprung ermöglicht, so dass die EU ihr Mandat in den verschiedensten Politikfeldern konsequent erweitern konnte.

Der Euro gilt als größter und sichtbarster Erfolg der europäischen Integration. Zwölf von 25 EU-Staaten haben ihn als offizielle Währung eingeführt und damit ihre nationale Geldpolitik, eines der essentiellen Merkmale staatlicher Souveränität, der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt übertragen. Die ersten drei neuen Mitgliedsländer, Litauen, Slowenien und Estland, sind am 27. Juni 2004 dem Europäischen Wechselkursmechanismus II (EWM II) beigetreten und ebneten damit den Weg für einen Beitritt zur Eurozone ab dem Jahr 2007.

Die schlechte Wirtschaftslage in den letzten Jahren, daraus resultierende staatliche oder parastaatliche (Sozialversicherungen) Mindereinnahmen und nur zögernd an-gegangene Strukturreformen brachten besonders die großen EU-Staaten zunehmend in Konflikt mit den selbst auferlegten Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP). Im Herbst 2003 versagte der Rat der Wirtschafts- und Finanzminister (ECOFIN) im Defizitverfahren gegen Deutschland seine Gefolgschaft gegenüber den Empfehlungen der Europäischen Kommission. Selten trat ein Institutionenkonflikt als Systemkrise der in dieser Hinsicht unvollendeten Europäischen Union an der Nahtstelle zwischen Wirtschaft und Politik deutlicher zu Tage als in diesem Fall. Das vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) am 13. Juli 2004 erlassene Urteil im Eilverfahren zur Klärung einer möglichen Vertragsverletzung durch den Ministerrat legt die institutionellen Spannungen offen, denen die Überwachung und Sanktionierung der die Geldpolitik durch den SWP flankierenden Haushaltspolitik ausgesetzt ist.

Ein zentraler Tagesordnungspunkt der inhaltlich ambitionierten EU-Ratspräsidentschaft Luxemburgs im ersten Halbjahr 2005 stellt die Wiederherstellung des Stabilitäts- und Wachstumspakts als operationelles Instrument zur nachhaltigen Flankierung der gemeinsamen Währung dar. Hier geht es – jenseits der Frage, ob es sich um eine Revision, eine Reform oder eine Neuinterpretation der vorhandenen Regeln handelt – um die politisch essentielle Aufgabe, den Stabilitätspakt in welcher Handhabung auch immer wieder zur von allen Mitgliedstaaten allgemein akzeptierten und respektierten Richtlinie für die nationalen Haushalte zu machen. Der SWP soll entsprechend rehabilitiert werden und von den Verhandlungen der Mitgliedstaaten soll das Signal ausgehen, dass die Mitgliedstaaten sich wieder einer verbindlichen Abmachung der Kontrolle und Überwachung der nationalen Haushalte unterwerfen.

Am 18. Januar 2005 beginnen mit dem ersten Treffen der Finanz- und Wirtschaftsminister der Europäischen Union die offiziellen Verhandlungen um die Zukunft des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Die luxemburgische Ratspräsidentschaft will bis zum Frühlingsgipfel am 22. / 23. März 2005 die zum Teil sehr unterschiedlichen Positionen der Mitgliedstaaten auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Für diese aktuelle Debatte hat das Centrum für angewandte Politikforschung (C·A·P) diesen Überblick über das Meinungsbild zum Stabilitätspakt erstellt.


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