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Bilanz des Europäischen Rates am 25/26.03.2004

EU-Gipfel in Brüssel

03.04.2004 · Claus Giering und Kristina Weissenbach




Gruppenfoto der Staats- und Regierungschefs in Brüssel
Foto: www.eu2004.ie


Am 25. und 26. März 2004 kam der Europäische Rat zu seiner jährlichen Tagung über die Lissabon-Agenda zusammen. Überschattet von den Attentaten in Madrid wurden die wirtschafts- und sozialpolitischen Themen, die sonst im Mittelpunkt des Frühjahrsgipfels stehen, weniger intensiv behandelt. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union einigten sich aber auf eine Intensivierung des gemeinsamen Kampfes gegen den Terror. Der Ausgang der Wahlen in Spanien hat zudem wieder Bewegung in die Verfassungsdebatte gebracht.

Auf der Tagesordnung standen vier Schwerpunkte:

  1. die Regierungskonferenz;
  2. der Kampf gegen den Terrorismus;
  3. der Lissabon-Prozess;
  4. die internationale Lage.

1. Die Regierungskonferenz

In der Diskussion um den EU-Verfassungsentwurf und das dort verankerte Abstimmungsverfahren im Rat nach dem Prinzip der doppelten Mehrheit zeigten sich sowohl Spanien als auch Polen, im Gegensatz zum letzten EU-Gipfel im Dezember 2003, kompromissbereit. "So früh wie möglich" - eventuell schon vor der nächsten Tagung des Europäischen Rates am 17. und 18. Juni 2004 - wollen sich die EU-Mitgliedstaaten auf einen Verfassungsvertrag einigen und diesen noch unter irischer Präsidentschaft verabschieden.

Kernelemente der Verfassung, allen voran die doppelte Mehrheit bei Abstimmungen im Ministerrat, dürfen jedoch im Endspurt der Regierungskonferenz nicht verwässert werden. Denn jedes weitere Prozent Abstrich am Konventsentwurf bedeutet einen schmerzlichen Verlust an Handlungsfähigkeit.

2. Terrorismus

Im Zeichen der Terroranschläge von Madrid vor zwei Wochen billigten die Staats- und Regierungschefs neue Schritte zur Bekämpfung der terroristischen Bedrohung in Europa und nahmen eine Erklärung zum Kampf gegen den Terrorismus an.

Da gerade auf diesem Gebiet die schnellstmögliche Verfügbarkeit und Koordination von Informationen notwendig ist, wurde der Niederländer Gijs de Vries zum Anti-Terror-Koordinator der EU ernannt. Der einstige EU-Parlamentarier und Staatssekretär im niederländischen Innenministerium ist derzeit Abgeordneter im Parlament in Den Haag. In seiner neuen Rolle soll er bereits ab Anfang April die mangelnde und ineffiziente Zusammenarbeit zwischen Nachrichten- und Polizeidiensten innerhalb der EU verbessern.

Darüber hinaus wird die in Artikel 42 des EU-Verfassungsentwurfs verankerte "Solidaritätsklausel" vorzeitig in Kraft gesetzt. Diese besagt, dass die EU-Mitgliedstaaten im Falle von terroristischer Bedrohung zum gegenseitigen Beistand verpflichtet sind - wenn nötig auch mit militärischen Mitteln. Zusätzlich soll im Juni über die Einfügung einer Informationsaustauschzelle innerhalb des Rates entschieden werden.

3. Lissabonner Strategie

Beim Lissabonner Frühjahrsgipfel der Europäischen Union am 23./24. März 2000 haben sich die Staats- und Regierungschefs zum Ziel gesetzt, die EU bis zum Jahr 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Dazu haben die Mitgliedstaaten gemeinsame Zielvorgaben festgelegt, die im Rahmen der Gemeinschaftspolitiken und durch die neue offene Methode der Koordinierung erreicht werden sollen.

Da die Umsetzung dieser Vorgaben aber in weite Ferne gerückt ist, entschieden sich die Staats- und Regierungschefs dazu, eine hochrangige Sachverständigen-Gruppe unter dem Vorsitz des früheren niederländischen Ministerpräsidenten Wim Kok einzusetzen. Diese ist dazu angehalten bis November eine Zwischenbilanz der Lissabon-Strategie vorzubereiten, die auf dem nächsten Frühjahrsgipfel 2005 vorgelegt werden soll. Hierin sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie das Tempo der Wirtschafts- und Sozialreformen zu beschleunigen ist.

Neben der Diskussion um mehr und bessere Arbeitsplätze lag ein weiterer Fokus auf einem nachhaltigen Wachstum für die EU. Dies soll durch eine solide makroökonomische Politik, eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der Innovationskraft der EU sowie eine sozial- und umweltpolitische Einbettung erreicht werden. Dabei hob der Europäische Rat vier Prioritäten für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Europas hervor:

Die Vollendung des Binnenmarkts;

  • eine bessere Rechtsetzung auf europäischer und nationaler Ebene;

  • eine effizientere Gestaltung des Bereiches Forschung und Entwicklung;

  • und institutionelle Anpassungen.

Der Europäische Rat verlangt dazu zum einen vom Ministerrat für Wettbewerbsfähigkeit, dass er Schwächen in diesem Bereich erkennen und beheben soll, und zum anderen von der Kommission, dass sie "konkrete Schritte" initiieren soll, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu verbessern. Wir brauchen jemanden an der Spitze der Europäischen Kommission, der als Vizepräsident diese Politik koordiniert, haben Frankreich, Deutschland und Großbritannien im Vorfeld des Gipfels gemeinsam gefordert. Letztendlich heißt es in den Schlussfolgerungen des Vorsitzes jedoch nur, dass der künftige Präsident bei der Bildung der neuen Kommission "darüber nachdenken" müsse, wie sich das Lissabon-Ziel besser unterstützen lasse.

4. Internationale Lage

Zypern: Der Europäische Rat unterstützt den UN-Generalsekretär in seinen Bemühungen, dass "die beteiligten Parteien die sich jetzt bietende historische Gelegenheit einer umfassenden Regelung der Zypern-Frage im Einklang mit den einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates nutzen" sollen, damit ein wiedervereintes Zypern beitreten kann.

Nahost-Friedensprozess: Der Europäische Rat bekräftigte erneut, dass der durch die Resolution 1515 des UN-Sicherheitsrates gebilligte Fahrplan des Nahost-Quartetts die Grundlage für eine friedliche Lösung des Konflikts sein sollte. Die EU ist bereit, die palästinensische Regirungsbehörde bei der Übernahme der Verantwortung für die öffentliche Ordnung und insbesondere bei der Verbesserung der Kapazität ihrer Zivilpolizei und ihrer Strafverfolgungsbehörden zu unterstützen. Der Europäische Rat begrüßt zudem den gemeinsam vom Ratsvorsitz, dem Generalsekretär des Rates und der Kommission ausgearbeiteten Zwischenbericht über eine "Strategische Partnerschaft der EU mit dem Mittelmeerraum sowie dem Nahen Osten". Auf der Tagung im Juni 2004 soll ein endgültiger Bericht unterbreitet werden.

Weitere internationale Themen des Gipfels waren:


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