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Europa: Auf der Suche nach einer Zukunftsstrategie

Veranstaltung mit Prof. Dr. Werner Weidenfeld in Zagreb

Am 19. Mai 2014 lud die Hanns-Seidel-Stiftung und die Diplomatenakademie des kroatischen Außen- und Europaministeriums zur Vortragsveranstaltung „Europa: Auf der Suche nach einer Zukunftsstrategie“ von Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Werner Weidenfeld im großen Saal des Journalistenverbands in Zagreb ein.

05.06.2014 · C·A·P



Im Fokus des Vortrages stand dabei das aktuelle Krisen-Europa. Die Entmündigung der Bürger durch die EU und dessen fehlschlagendes Krisenmanagement werden zum primären Erscheinungsbild der europäischen Politik gemacht. Die Distanz und das Misstrauen gegenüber dem bürokratischen Europa nehmen stetig zu. Andererseits gibt die Mehrheit der Bürger an, dass der einzelne Staat allein überfordert sei. Und dann steht noch Unklarheit über die Arbeit der EU im Raum -  mehr als zwei Drittel meint: „Man könne das alles, die komplizierte Lage, sowieso nicht verstehen“. Das Europa-Problem kann, nach Weidenfeld heute nicht mehr mit den Lösungsansätzen von vor 20, 30 Jahren gelöst werden. Die Europäisierung hat stetig zugenommen. Es gibt nur noch wenige Abschnitte der Politik, die nicht in europäischer Hand sind: die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme und Teile der Kulturpolitik. Der Begriff des allfressenden EU-Monsters gewinnt immer mehr an Aufschwung im Gesellschaftsbild.

Dieser Machttransfer beinhalte laut Weidenfeld drei grundlegende Problem:

  • Problem Nummer 1: Die Führungsfrage ist ungeklärt. Wer übernimmt dafür die Verantwortung?
  • Problem Nummer 2: Mit ungeklärter Führungsverantwortung ist die Notwendigkeit entstanden, Transparenz  zu schaffen, mit diesen Prozess tut sich die EU aber weiterhin sehr  schwer.
  • Problem Nummer 3: Die Frage nach der Legitimation.

Europa erlebt dadurch das Ende einer Selbstverständlichkeit. Es befindet sich einer Art zweiten „Eurosklerose“. Aus der Ersten kamen Kohl und Mitterrand mit der identitätsstiftenden Aufgabe des Euros raus. Was die EU jetzt benötigt ist eine neue Bestimmung, die zu einer neuen Identität führt.  Was Herr Prof. Weidenfeld besonders kritisiert ist, dass die Verschuldungs- und Währungskrise hätte vermieden werden können. Man wusste eine gemeinsame Währung kann auf Dauer nicht stabil bleiben, wenn es keinen starken, handlungsfähigen politischen Rahmen gibt. Die EU nahm sich vor diesen Rahmen zu schaffen, doch Angesichts der Schönwetterlage wurden die notwendigen politischen Reformen nie durchgeführt. Der Druck der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise bewirkte Lernprozesse und Reformen, aber gemäß Weidenfeld sind weitere Schritte notwendig, um vor allem das Legitimationsproblem zu lösen. Ansatzpunkte wäre u am:

Eine Kommission einzusetzen, die sich mit dem Thema „Dezentralisierung, Entbürokratisierung und Rückabwicklung von Kompetenzen“ auseinandersetzt. Den die Eigendynamik des Machttransfers auf europäischer Ebene hat zu einer Undurchschaubarkeit geführt. Die angemessene Zuordnung von Kompetenzen sollte wiederhergestellt werden.

Zusätzlich ist es wichtig ein Europa nah am Bürger zu schaffen. Das Konzept Europa muss verständlich gemacht werden, Europa soll als Ort der Partizipation kreiert werden. Die EU muss laut Weidenfeld eine neue strategische Führungskultur entwickeln.

Anschließend an den Vortrag wurde das Buch aus der Schriftenreihe „Münchener Beiträge zur europäischen Einigung“ von Dr. Ivan Simek „Die vergessene Wahrheit - der deutsche Einfluss auf die Staatsgründung Kroatiens“ vorgestellt. Dieses Buch befasst sich mit den zeithistorischen und gesellschaftlichen Umfeld sowie die Geschehnisse, an deren Ende die Schaffung des unabhängigen Kroatiens stand. Der Band befasst sich mit dem Beginn Kroatiens als unabhängiger Staat sowie der Anfangszeit der kroatischen Diplomatie. Der Šimek veröffentlicht in seinem Buch zahlreiche bisher unbekannte Dokumente und bietet Einblicke in die Praxis der kroatischen Außenpolitik sowie Deutschlands Rolle als Friedensbotschafter in der Region. Das Buch „Die vergessene Wahrheit – der deutsche Einfluss auf die Staatsgründung Kroatiens“ ist im Verlag Nomos und C·A·P München erschienen.


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