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Lissabon-Ziele und Maastricht-Kriterien

Zwischenbilanz zur Zukunftsstrategie vor dem EU-Gipfel: Gute Noten bekommen nur wenige Länder

Lissabon-Ziele und die Maastricht-Kriterien müssen gemeinsam beachtet werden - Gute Wachstumsprognosen für Deutschland, aber weiterhin schlechte Finanzdaten

07.03.2007 · Bertelsmann Forschungsgruppe Politik



Eine nachhaltige Fiskalpolitik und wirtschaftliches Wachstum schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern harmonieren miteinander. Insgesamt hat die EU reale Chancen, die Ziele des Lissabon-Prozesses und ihre Maastricht-Vorgaben zu erreichen. Allerdings haben die meisten EU-Staaten noch einen weiten Weg vor sich, um auch langfristig haushaltspolitische Stabilität und dynamisches Wirtschaftswachstum wie etwa die USA oder Kanada zu erreichen.

Dies ist das Ergebnis einer Studie, die die Erfolgsaussichten von 30 OECD- und EU-Staaten untersucht. Erstmals wurden für dieses so genannte LiMa-Benchmark sowohl die Ziele der Lissabon-Agenda als auch die Maastricht-Kriterien in ihrer Wechselwirkung untersucht. Neben dem Status quo wurden die langfristigen Zukunftsperspektiven der einzelnen Länder bewertet.

Danach sind vor allem die nordeuropäischen Sozialstaaten und die angelsächsisch geprägten Wirtschaften am besten in der Lage, die europäischen Normen zu erfüllen. Die kontinentaleuropäischen und mediterranen Wirtschaftssysteme weisen dagegen noch erhebliche Defizite bei vielen der vereinbarten Kriterien auf. Auch die Mitglieder der Eurogruppe schneiden insgesamt unter dem EU-Durchschnitt ab.
So können im Vergleich zu anderen Industriestaaten nach heutigem Stand neben Luxemburg nur Schweden, Finnland und Dänemark eine Performance aufweisen, wie sie die USA, Norwegen, die Schweiz oder Kanada zeigen. Die übrigen EU-Staaten weisen anhand zahlreicher Indikatoren zum Teil erhebliche Abweichungen und Defizite auf. Dabei können etwa Großbritannien, Irland, die Niederlande sowie die baltischen und iberischen Staaten vor allem durch eine nachhaltige Finanzpolitik überzeugen. Die meisten der kontinentaleuropäischen Länder haben hier zum Teil massive Probleme: Zu ihnen zählen auch Deutschland und Frankreich sowie die meisten der osteuropäischen Beitrittsstaaten. Zugleich aber unterscheiden sie sich untereinander noch durch ihre Wachstumspotenziale. So liegen etwa Deutschland oder Belgien über dem EU-Durchschnitt und haben eine vergleichbar positive Perspektive wie etwa die Volkswirtschaft von Japan. Dagegen liegen die meisten Kontinentaleuropäer auch bei den Lissabon-Zielen deutlich zurück. Die Schlusslichter in der finanz- und wachstumspolitischen Zukunftsperspektive bilden Griechenland und Italien.


Der Li-Ma-Index

Trotz der aktuell verbesserten Haushaltslage erfüllt Deutschland nach dieser Studie noch immer nicht die Voraussetzungen für eine nachhaltige Fiskalpolitik. Obwohl das Haushaltsdefizit für 2006 mit nur noch 1,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) ermittelt wurde, fällt die mittel- und langfristige Betrachtung für Deutschland eher negativ aus. Bei der Bewertung der fiskalischen Nachhaltigkeit erreicht Deutschland unter allen bewerteten 30 Industriestaaten nur den vorletzten Platz vor Italien. Dagegen kann Deutschland auch langfristig mit hohen Wachstumschancen rechnen und braucht den internationalen Vergleich nicht zu scheuen. In Bezug auf die Lissabon-Ziele findet es sich auf einem guten mittleren Platz hinter Ländern wie Dänemark und Großbritannien.

Eine der wichtigsten Erkenntnisse dieser Vergleichsstudie ist der Nachweis, dass sich die beiden Zielgrößen "Lissabon" und "Maastricht" gegenseitig nicht ausschließen, sondern synergetisch ergänzen. Staaten, die beide Ziele mit gleicher Priorität anstreben, können mittelfristig erfolgreicher sein als diejenigen, die hier einseitige Gewichtungen vornehmen.

Die LiMa-Benchmarkstudie, die in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann Stiftung und dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erarbeit wurde, untersucht, in welchem Umfang die EU-Mitgliedstaaten auch im Vergleich zu anderen OECD-Staaten der doppelten Zielsetzung gerecht werden. Die Fokussierung richtet sich auf die Wachstumsdimension des Lissabon-Ziels sowie auf die Nachhaltigkeit der Fiskalpolitik. Basierend auf Erkenntnissen über Determinanten des Potenzialwachstums und einer nachhaltigen Fiskalpolitik wurden quantitative Indikatoren entwickelt, die den jeweiligen Grad der Zielerreichung erfassen.

Mehr Informationen finden Sie in angefügten PDF-Dateien:


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