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„Netzwerke sind ein fundamentales Politikziel. Denn nur Zugang ermöglicht politischen Einfluss“

C·A·P-Kolloquium mit Frank Priess (KAS)

23.01.2013 · C·A·P



Am vergangenen Dienstag war Frank Priess, der stellv. Leiter der Hauptabteilung Europäische und Internationale Zusammenarbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) zu Gast beim C·A·P-Forschungskolloquium. Der studierte Politologe und ausgebildete Journalist ist seit 1986 in verschiedenen Bereichen der KAS tätig. Unter anderem war er nach mehreren Auslandsstationen in Mittel- und Südamerika Pressesprecher und Leiter des Stiftungsbüros in Mexiko-City. Seit 2012 nimmt er die derzeitige Funktion in der Zentrale der KAS ein.


Frank Priess und Prof. Werner Weidenfeld

In seinem umfassenden Vortrag ging Priess auf die Herausforderungen auf seinem Schwerpunktkontinent Lateinamerika ein, umriss die Grundprinzipien der KAS und gab seine persönliche Einschätzung, inwieweit politische Stiftungen von Bedeutung sind, Einfluss nehmen und beratend tätig werden können.

Zentral für deutsche Stiftungsarbeit ist nach Priess, dass eine Wertebasis, etwa die hohe Bedeutung von Menschenrechten, grundlegend für die internationale Arbeit ist. So ist es insbesondere für Deutschland eine große Herausforderung, dass in den vergangenen Dekaden immer neue Erfolgsmodelle für Staaten auftraten und auftreten, die etwa den Zusammenhang von Marktwirtschaft und Demokratie hinterfragen.

Mit 80 Büros weltweit konzentriert sich die KAS auf Demokratiebildung, Konfliktprävention, Wissensaustausch und Kooperation mit Partnern. Hier ist laut dem Referenten eine zunehmende Spezialisierung erkennbar. Noch vor einigen Jahren war die Stiftung etwa an der Kreditvergabe für Kleinbauern beteiligt. Im 21. Jahrhundert jedoch sei es üblich, dies den Experten etwa bei Unternehmerverbänden oder Banken zu überlassen.

Während der nunmehr 50 jährigen internationalen Tätigkeit der KAS, die sich aus dem „Institut für internationale Solidarität“ herausbildete, haben sich vor allem auch Bildungsarbeit und Beratung bei politischer Kommunikation und politischem Marketing als Tätigkeitsfelder der Stiftung herausgebildet. Insbesondere mit „natürlichen Partnern der christdemokratischen Parteienfamilie“ pflegt die Stiftung eine enge und kontinuierliche Zusammenarbeit. Als ein zentrales Problemfeld für Südamerika beschreibt Priess, dass es immer weniger und zusätzlich geschwächte Parteien der eigenen Parteienfamilie auf dem Kontinent gibt. So waren etwa in den wichtigen Nationen Venezuela und Chile die Partnerparteien vor einigen Jahren und Jahrzehnten noch deutlich einflussreicher. Auch heute gibt es zwar noch, zum Beispiel in Mexiko, starke Vertreter in Mittel- Und Südamerika, jedoch unterscheiden sich die Partner oftmals deutlich in der ideologischen Ausrichtung im Vergleich zur CDU Deutschland.

Konkret beschäftigte sich Priess viele Jahre mit der Demokratieentwicklung in Mexiko und dem politischen Umgang mit Kuba. Der „lateinamerikanische Sonderfall“ Kuba nimmt im lateinamerikanischen Demokratieindex der KAS, dem IDD Lat, den letzten Platz ein. Stabil auf den vorderen Positionen rangieren etwa Chile, Costa Rica und Uruguay.

Vor der abschließenden Diskussion problematisierte Herr Priess die Komplexität der Wirkungs- und Erfolgskontrolle politischer Stiftungen. Er betonte jedoch, dass insbesondere „Netzwerke und Zugang zu nationalen politischen Systemen“ elementar sind, um auf globale Entwicklungen zu reagieren. Beispielhaft führte er an, dass nahezu alle Stiftungen, Verbände und Organisationen erst wieder aufgrund der Eurokrise in Griechenland tätig sind. Dies erschwert die Arbeit ungemein, da die Kontakte zu Politkern und zu griechischen Partnerorganisationen vielfach fehlen. In Bezug auf Lateinamerika kritisiert Priess, dass der Fokus derzeit zu stark auf Asien, Europa und dem Nahen und Mittleren Osten liegt. Viele Staaten insbesondere in Osteuropa haben nur sehr schwach ausgeprägte Beziehungen zu einem Kontinent, der immerhin Platz für drei aufstrebenden G20 Nationen bietet. Die Dynamik und Chancen in Süd- und Mittelamerika werden in Europa deutlich zu wenig wahrgenommen (eine Ausnahme bilden hier verständlicherweise Portugal und Spanien).

In der angeregten Diskussion wurden zahlreiche weitere regionalspezifische und stiftungsspezifische Fragen diskutiert. So bestätigte Priess etwa, dass es im Ausland grundsätzlich einen sehr großen Zusammenhalt zwischen den politischen Stiftungen gibt. Vielfach etablieren sich Kommunikationsräume und bei den zahlreichen Überschneidungen im Bereich Demokratiebildung werden gemeinsame Kooperationen forciert. Dies gelte, laut Priess, im Ausland trotz einiger Differenzen auch für den Umgang mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Das „Wir“ der gemeinsamen Ziele stehe vielfach im Vordergrund. Des Weiteren wurde die Auswahl der politischen Partner vor Ort problematisiert. So sei es beispielsweise in Ländern mit geringem Christenanteil, wie etwa in Nordafrika, nicht sinnvoll, nur mit kleinen christdemokratischen Parteien zusammenzuarbeiten. Dennoch gestalten sich Kooperationen etwa zwischen der KAS und der AKP Erdogans oder auch der Jungen Union mit einer „Geeintes Russland“ nahe stehenden Jugendorganisation schwer. Oftmals orientiere man sich an den internationalen Parteiengruppen, allerdings betonte Priess auch hier, dass es eine Bindewirkung zwischen den Teilen einer Parteifamilie in dieser Form nur in Europa aufgrund des Europäischen Parlaments gäbe.

Vielfach wurde von Diskutanten ein Vorzug der Stiftungen betont. Anders als die Botschaften und Auslandsvertretungen, gäbe es in einem geringeren Maß offizielle Zwänge und diplomatische Erfordernisse. Der Zugang zu Information sei oftmals über Stiftungen erheblich leichter und näher an den Lebensrealitäten vor Ort.

Weiterhin wurden etwa die Fragen des Umgangs von Stiftungen mit Populismus, die Haltung der KAS zu einem Türkeibeitritt in die EU und die Auswirkungen der Krise der Volkspartei CDU in Deutschland auf die Stiftungsarbeit der KAS erörtert.

Abschließend stimmten Herr Priess und Prof. Weidenfeld in einer zentralen Herausforderung für Europa und alle damit verbundenen politischen Akteure überein. Nach der Ausrufung des „pazifischen Jahrhunderts“ durch die Vereinigten Staaten müssten Lösungen gefunden werden, um Deutschland und Europa weiterhin als zentrale Spieler im internationalen System zu etablieren. „Stiftungen leisten hierbei eine herausragende Rolle und erweitern den Horizont des nationalen politischen Systems um ein relevantes Maß.“