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Deutsch-israelische Partnerschaft

Generalkonsul Tibor Shalev Schlosser zu Gast im C·A·P-Forschungskolloquium

26.10.2012 · C·A·P



"Deutschland ist unser zweitwichtigster Freund in dieser Welt."

Mit diesen Worten betonte Generalkonsul Tibor Shalev Schlosser bei seinem Besuch am C·A·P die außerordentliche Bedeutung der deutsch-israelischen Partnerschaft für beide Länder.


Generalkonsul Tibor Shalev Schlosser und Prof. Dr. Werner Weidenfeld

Auch in seiner persönlichen Vita zeigt sich eine besondere Verbundenheit zu Deutschland. Schon 1988/89, vor und während dem Mauerfall, studierte er durch ein Austauschstipendium für einige Monate an der Universität Heidelberg. 1991 kehrte er als Vize-Konsul und später als Konsul des ersten israelischen Generalkonsulats in Berlin nach Deutschland zurück. Nach einigen Karrierestationen in Botschaften und im israelischen Außenministerium leitet er das Generalkonsulat in München seit der Gründung im Jahr 2011.

In seinem Vortrag umriss er die Eckpfeiler der deutsch-israelischen Partnerschaft, die Aufgaben und Herausforderungen des Generalkonsulats sowie einige Zukunftsperspektiven für die Entwicklung im Nahen Osten.

"Unsere Beziehung kann in den nächsten 500 Jahren nicht normal werden." Dieses Credo, resultierend aus der NS-Vergangenheit Deutschlands und folglich der Erfahrung des Holocaust, weist zum einen, laut Schlosser, auf die Sensibilität der beiderseitigen Beziehungen hin, zum anderen begreift er es aber auch als große Möglichkeit zur Vertiefung der "exzellenten Beziehungen, die einem Wunder gleichkommen". Ziel der diplomatischen Vertretungen müsse es sein, die engen Beziehungen in allen Bereichen, etwa Wirtschaft und Kultur, zu forcieren und im Falle des Generalkonsulats für Süddeutschland (Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg) die Kommunikation auf Landesebene zu intensivieren. Besonders liegt ihm das "Entstehen von menschlichen Beziehungen und Partnerschaften" am Herzen. Diese seien primär der Schlüssel für das Wiederaufleben von Kooperationen. Eindrucksvoll verdeutlicht wurde diese These durch die Feststellung, dass nahezu die Hälfte der 47 deutschen Nobelpreisträger (bei einem Bevölkerungsanteil von 0,6 %) vor 1933 jüdischen Glaubens waren. In diesem Zusammenhang zitierte er den deutschen Chemiker Otto Hahn, der die Folgen des Verbots von jüdischen Wissenschaftlern an deutschen Universitäten während des Naziregimes kommentierte, folgendermaßen: "Wissenschaft in Deutschland ist nicht beschädigt, Wissenschaft existiert praktisch nicht mehr."

Anknüpfend betonte er das große Verantwortungsbewusstsein der deutschen Parteien und appellierte an das Bewusstsein gemeinsamer Werte wie Demokratie und Freiheit.

In der angeregten und ausführlichen Diskussion erläuterte er die Einschätzung Israels zu einigen Problemfeldern. Demgemäß verteidigte Schlosser die skeptische Haltung der israelischen Regierung gegenüber den Umwälzungen in vielen arabischen Staaten. "Die Stabilität im Nahen Osten ist teilweise verloren." Insbesondere sieht er die Gefahr von Extremismus, einer Ideologisierung der politischen Debatte und der Verknüpfung von Staat und Religion in einigen Staaten der Region. Anders als etwa zu Zeiten der deutschen Wiedervereinigung gibt es keine Staaten, die ein derartiges Investitionsvolumen aufbringen können und wollen, um eine nachhaltige Demokratisierung, gleiche Bildungschancen und eine flächendeckende Grundversorgung in den postrevolutionären Gebieten gewährleisten zu können.

In diesem Zusammenhang wies Generalkonsul Schlosser mehrfach darauf hin, dass Israel eine "kleine Stecknadel auf der Landkarte, umgeben von vielen Feinden" ist. Dieser unmittelbare Existenzdruck erklärt gemäß seinen Ausführungen beispielsweise, warum sich Israel eine Erstschlagsoption gegen Länder wie den Iran offen halten muss und will. Die "kritisch-existenzielle" Lage des Landes bezieht er hier explizit auf den Iran und nicht auf die palästinensischen Gebiete. Diese seien für Israel eine "moralische und keine existenzielle Frage" der Staatsräson.

In der Zusammenarbeit mit Deutschland wünscht er sich vor allem ein wieder zunehmendes Interesse der Jugendlichen beider Seiten. Eine Generation, die sich mit der gemeinsamen Geschichte auseinandersetzt, sei ausdrücklich die Grundlage für die Vertiefung der Beziehungen und gegenseitiges Verständnis. "Die israelisch-deutsche Partnerschaft braucht neben den ausgezeichneten politischen und ökonomischen Beziehungen auch wieder mehr Herzlichkeit im Miteinander. Wir brauchen ein Gefühl von Empathie aus Europa".


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