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Die kommunale Ebene in der Europäischen Union

Dr. Raymond Saller zu Gast im C·A·P-Kolloquium

26.10.2009 · C·A·P



Hintergründe und Praxiserfahrung über die Auswirkungen der Politik der EU auf die Städte und Gemeinden vermittelte Dr. Raymond Saller, Referent für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München, im Rahmen des C·A·P-Forschungskolloquiums.


Prof. Dr. Werner Weidenfeld und Dr. Raymond Saller

Dr. Saller stellte seinen Impulsvortrag dabei unter die Leitfrage "Brauchen wir eine kommunale Europapolitik?" und ging hierzu zunächst auf die Integration der Kommunen in das Rechtssystem der Europäischen Union ein. Sofern die Solange-Bestimmungen des Bundesverfassungsgerichts eingehalten würden, genieße das EU-Recht einen Vorranganspruch auch gegenüber nationalem Verfassungsrecht. Die kommunale Selbstverwaltung sei jedoch formal nur im Grundgesetz über Art. 28 garantiert und Adressat der EU-Kommission zudem nur die 27 Mitgliedstaaten mit ihren heterogenen intrastaatlichen Strukturen. Die juristisch schwierige Position der Kommunen im europäischen Mehrebenensystem werde zusätzlich dadurch verstärkt, dass sich auf nationaler Ebene die deutschen Länder als Sachwalter der Kommunen betrachten.

Mit dem Vertrag von Lissabon werde die "Kommunalblindheit der Verträge" jedoch beendet und das kommunale Selbstverwaltungsrecht in Art. 4 Abs. 2 EUV erstmals primärrechtlich verankert sowie dem Ausschuss der Regionen ein Klagerecht bei Verstößen gegen das Subsidiaritätsprinzip eingeräumt. Diese verbesserte rechtliche Stellung der Kommunen war laut Dr. Saller auch überfällig, seien die Kommunen doch stark vom Handeln der EU in Form von Rechtsetzung und Förderprogrammen betroffen. Gerade vor dem Hintergrund einer stetigen Zunahme von Regulierungsdichte und Eingriffstiefe der EU-Rechtsakte brauche die EU-Kommission die Akteure vor Ort und deren Wissen zur Umsetzung ihrer Initiativen und müsse diese verstärkt einbinden. Als Beispiel für die europäische Dimension der Kommunalpolitik nannte der Referent das Monti-Paket und die Luftreinhaltstrategie der EU.

In Bezug auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Kommunen hob Dr. Saller vor allem den direkten Kontakt zu den Institutionen und Akteuren auf EU-Ebene sowie Städtenetzwerke wie EUROCITIES hervor. Außerdem suche die Stadt München bei der Wahrnehmung ihrer Interessen je nach Themen- und Politikfeld stets auch nach verbündeten Kommunen in Deutschland und Europa. Allgemein sei es aufgrund der heterogenen Interessenslagen und Strukturen innerhalb der Union jedoch sehr schwierig, eigene Positionen wirksam zu vertreten. Die Kommunen seien nur ein Akteur unter vielen und ihre formalen Mitwirkungsrechte äußerst beschränkt. Auch deshalb liege der methodische Schwerpunkt der Interessenvertretung Münchens auf den Bereichen Information, Lobbying und Marketing.

Herr Saller schloss seinen Vortrag mit dem Hinweis auf zwei zentrale Aufgaben für die Zukunft: Zum einen gelte es, die Kooperation mit Akteuren anderer Ebenen, wie beispielsweise dem Freistaat Bayern, weiter auszubauen und zu stärken. Zum anderen müsse eine Gesamtstrategie für die Europaarbeit der Kommunen erarbeitet werden.


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