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Die Rolle der Türkei im Mittelmeerraum und im Nahen Osten

C·A·P-Forschungskolloquium mit Professor Hüseyin Bagci

30.10.2008 · C·A·P



Die Rolle der Türkei im Mittelmeerraum und im Nahen Osten rückt nicht zuletzt aufgrund der am 13. Juli 2008 ins Leben gerufenen Union für das Mittelmeer sowie der türkischen Vermittlungsbemühungen zwischen Syrien und Israel verstärkt in den Blickpunkt. In seinen Ausführungen im Rahmen des Forschungskolloquiums des Centrums für angewandte Politikforschung (C·A·P) untersuchte Professor Hüseyin Bagci von der Middle East Technical University Ankara die geostrategische Rolle der Türkei vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen in der Region.


Professor Hüseyin Bagci und Professor Werner Weidenfeld

Die Türkei nehme zunehmend die Rolle eines globalen Spielers ein, was eine neue Einstellung der europäischen und globalen strategischen Denker erfordere. Sowohl aufgrund ihrer ungebremsten wirtschaftlichen Dynamik als auch aufgrund ihrer wachsenden politischen Bedeutung agiere die Türkei als "soft power" nach dem Konzept von Joseph Nye. Es gebe ein positives Bild der Türkei im Mittelmeerraum, und die türkische "soft power" werde auch in den arabischen Ländern positiv gesehen. Daher sei es der Türkei möglich, ihre "Brückenrolle" zwischen den verschiedenen Ländern und Kulturen zu erfüllen; noch nie in ihrer Geschichte sei die Türkei so einflussreich gewesen. Ursache dafür ist laut Bagci die Glaubwürdigkeit der Türkei als "honest broker" und als neutrale Vermittlerin zwischen den verschiedenen Parteien.

Vor dem Hintergrund der jüngsten Kaukasuskrise beleuchtete Bagci in seinem Vortrag auch die Beziehungen der Türkei zu Georgien und zu Russland. Durch das Abkommen von Montreux (1936) besitze die Türkei eine Schlüsselfunktion für den Zugang zum Schwarzen Meer. Das Land habe Georgien Hilfe geleistet und versuche gleichzeitig, einen Konflikt mit Russland zu vermeiden. Auch hier könne die Türkei aufgrund ihrer strategischen Rolle in der Schwarzmeerregion für die Europäische Union von großem Nutzen sein.

Die von Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy initiierte Union für das Mittelmeer betrachte die Türkei mit gemischten Gefühlen. Es gebe Befürchtungen, dass damit dem Ergebnis der laufenden Beitrittsverhandlungen des Landes mit der EU vorgegriffen und eine Vollmitgliedschaft verhindert werden solle. Nach anfänglichen Unstimmigkeiten insbesondere zwischen der Türkei und Frankreich habe sich aber die Erkenntnis durchgesetzt, dass beide Seiten von einer Zusammenarbeit im Rahmen der Union für das Mittelmeer profitieren können. Professor Bagci schloss seine Ausführungen mit dem Hinweis darauf, dass das vorrangige Ziel der Türkei nach wie vor die volle EU-Mitgliedschaft bleibe.


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